Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)
dich niemals angelogen, und das weißt du.«
Nicky gab ihn einen provozierenden Stoß gegen die Schulter. »Ach komm, du kleiner Scheißer, tu doch nicht so! Ich weiß Bescheid. Ich weiß von deinen Lügen!«
Der Schubser schien Conny verunsichert zu haben, doch er gab sich angestrengt die Mühe, es sich nicht anmerken zu lassen.
»Ich habe dich niemals belogen!«
Wieder schubste Nicky ihn. »Ich weiß es, Conny.« Er schub ste ihn erneut. »Ich habe mit Leon Troplowitz gesprochen.« Noch einmal versetzte er ihm einen Schlag. »Vor über einem Jahr. Nichts von dem, was du gesagt hast, ist wahr gewesen.« Ein weiterer Schubser. »Und ich glaube ihm! Und weißt du, warum? Weil er keinen Grund hatte zu lügen. Im Gegensatz zu dir! Du hast mich manipuliert! Du wolltest, was passiert ist, und deshalb hast du alles gesagt, was nötig war!« Der letzte Schubser war der heftigste, und hätte Conny nicht mittlerweile mit dem Rücken an der Hauswand gestanden, wäre er zu Boden gegangen.
Conny hielt seine Arme schützend vor seinen Körper. Auch er musste die Wut und die Gefahr spüren, die von Nicky au sging.
»Es tut mir leid, dass du das von mir glaubst, aber es stimmt nicht, Nicky! Ich weiß nicht, warum Leon lügt. Ich verstehe einfach nicht, warum du ihm mehr glaubst als mir. Ich bin dein bester Freund!«
»Scheiße, Conny! Du bist nicht mehr mein beschissener bester Freund!«
Connys Kinn begann zu zittern als würde er jede Sekunde in Tränen ausbrechen. Doch seine Augen blieben trocken.
»Nicky, bitte! Tu uns das nicht an! Ich weiß nicht … Ich verstehe nicht, warum du so über mich denkst. Wir beide haben in dieser Nacht im Wald etwas getan, wofür wir uns schämen! Warum darfst du es offen zur Schau tragen, während du es mir absprichst? Was habe ich getan, dass du mich für ein gefühlskaltes Monster hältst?«
»Du weißt, wovon ich spreche, Conny! Ich habe es damals gesagt, ich werde es nicht noch einmal aussprechen.«
»Verdammt, Nicky! Ich weiß nicht, was mit der …«, jetzt flüsterte er, »… was damit passiert ist. Ich … ich weiß es einfach nicht. Warum fällt es dir so schwer, mir zu glauben?«
»Erfahrung.«
»Nicht in diesem Punkt. Hör zu, Nicky: Ich bereue, was damals im Wald passiert ist. Ich war schuld am Ausmaß der Ereignisse. Es belastet mich … beschäftigt mich Tag und Nacht. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr! Aber, und das gebe ich zu, bin ich auch froh darüber, was danach passiert ist, was uns gerettet hat. Das ist das einzig Gute …« Conny brach ab. Etwas hatte sich in seinem Gesicht verändert, und voller Entsetzen erkannte Nicky, dass sich Tränen in Connys Augen gesammelt hatten.
Nickys Beine begannen zu schwanken. Hatte er sich womö glich doch getäuscht? Tat er ihm Unrecht? Doch dann schüttelte er energisch den Kopf.
»Nein, Conny. Diese Sache hat nichts Gutes an sich. Ein Z ufall, aber Glück für uns, das wir nicht verdient haben.«
Dann drehte sich Nicky um und ging davon. Er konnte Conny nicht mehr ans ehen, nicht nur die Augen, er konnte ihm nicht mehr ins Gesicht sehen.
»Warte, Nicky, hör mir zu«, rief Conny ihm hinterher, und Nicky ballte seine Hände zu Fäusten. Er blieb wie angewu rzelt stehen und spürte erneut Zweifel in sich aufkeimen.
»Nicky, ich …«, hörte er Conny hinter sich stammeln.
Energisch drehte sich Nicky um. »Hör auf, mich so zu nennen! Ich will diesen Namen nie wieder hören! Nicky ist gestorben, ich will mit diesem Teil von mir nichts mehr zu tun haben. Und mit dir auch nicht.«
Conny blieb noch einige Momente stehen, dann nickte er.
»Ich werde dich nicht aufgeben. Du bist in mir drin. Egal, wohin ich gehe, du bist auch dort.« Dann ging er davon.
Der junge Mann, der nicht mehr Nicky sein wollte, blickte Conny nachdenklich hinterher. War das eine Drohung gew esen? Oder ein Versprechen? Und wo genau lag da der Unterschied?
Heute
Montag, 28. Juli
TAG 1
0:30 Uhr
Er würde sie töten, daran gab es keinen Zweifel. Es war nur eine Frage der Zeit. Der Zeit, der Geduld und der Selbstbeherrschung.
Langsam und mit zuckenden Lidern öffnete sie ihre Augen. Ein unbewusstes Stöhnen drang aus ihrer Kehle. Er hatte sich schon gefragt, wann sie endlich aufwachen würde. Das Ber uhigungsmittel, das er in ihr Bier gemischt hatte, war zwar stark, aber nicht so stark, um sie für immer ins Land der Träume zu schicken. Es war kurz nach Mitternacht, als sie zu ihm zurückkehrte.
Sie wachte auf, ganz langsam nur,
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