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Scherbenparadies

Scherbenparadies

Titel: Scherbenparadies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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geholt hatte, nach Anzeigen für Putzstellen suchte, aß sie den Riegel.
    Wenn sie mit nach Berlin wollte, musste sie sich das Geld selbst verdienen. Und am besten ging das vermutlich mit Putzen. Denn in München konnten Putzfrauen zwölf Euro verlangen. Jedenfalls hat Sandra das mal gehört. Sie rechnete nach. Konnte klappen, das Geld rechtzeitig zusammenzukriegen. Sie kringelte eine Anzeige ein. Fam. in Altperlach s. Zugehfrau, 1x w. Da stand auch eine Telefonnummer. Nach Altperlach konnte Sandra notfalls mit Lauras altem Rad fahren, das im Kellerverschlag vor sich hin rostete.
    Etwas unsicher wählte sie die angegebene Nummer. Was, wenn sie zu jung war? Eine Frau meldete sich, die etwas gestresst klang. »Sabine Ihrig.« Aus dem Hintergrund schallte das Gezanke von zwei Kindern durchs Telefon.
    »Sandra Plank. Ich rufe wegen Ihrer Anzeige an… wegen der Putzstelle… ist die noch frei?«
    Irgendetwas schepperte in Sabine Ihrigs Haushalt. Ein Kind schrie wie am Spieß. »Einen Moment.« Die Geräusche wurden dumpf, anscheinend hatte die Frau die Hand auf die Sprechmuschel gelegt. Sandra wartete, bis sie sich wieder meldete und sie ihre Frage wiederholen konnte.
    »Eigentlich schon. Sind Sie Deutsche?«
    »Ja. Klar. Sandra Plank.«
    »Wunderbar. Eine deutsche Putzfrau. Das findet man ja nicht so häufig. Also nicht, dass Sie denken, ich hätte etwas gegen Ausländer…«
    Nee, ganz bestimmt nicht, dachte Sandra. Wie käme ich denn auf die Idee?
    »Können Sie morgen kommen, damit wir uns kennenlernen und das Finanzielle regeln? Ich nehme an, Sie machen das schwarz. Abgaben möchte ich nicht bezahlen. Wenn Sie also einen 400-Euro-Job suchen, dann wird das nichts.«
    Sandra hatte keine Ahnung, wie das mit den Abgaben war. Sie wollte einfach nur Geld für Berlin verdienen. »Das ist schon in Ordnung.«
    Sie vereinbarten einen Termin für den nächsten Tag um drei Uhr. Sabine Ihrig nannte noch ihre Adresse, dann legte Sandra auf. Die Stelle war ihr so gut wie sicher. Sie fühlte sich erleichtert und froh wie schon seit Tagen nicht mehr. Sie würde das Geld für Berlin zusammenkriegen. Yeah!
    Und nun musste sie einkaufen und ihr Versprechen wahr machen. Schokolade. Wieder einmal wählte sie Lauras Nummer. Sofort war die gute Laune flöten, denn es ging nur die Mailbox ran und eines war klar: Laura würde nicht zurückrufen. Laura würde nicht kommen und Geld oder Essen bringen. Jedenfalls nicht heute.
    Verzweifelt überlegte sie, wie sie es schaffen sollte, etwas Essbares für den Abend und den nächsten Tag zu besorgen. Und Schokolade.

9
    Weshalb kreisten ihre Gedanken in letzter Zeit hauptsächlich um Essen und Geld? Was hatte sie falsch gemacht, dass ihre eigene Mutter nichts von ihr wissen wollte? Mit einem Ruck hob Sandra den Kopf. Selbstmitleid brachte sie nicht weiter. Nichts hatte sie falsch gemacht. Ihre Mutter war einfach ein egoistisches Arschloch. Anscheinend glaubte sie, ihren Problemen zu entkommen, wenn sie den Kopf in den Sand steckte, sie mit Alkohol schönte oder ihnen einfach aus dem Weg ging. Falsch gedacht. Die Probleme kleben an dir. Du entkommst ihnen nicht . Sandra stand auf, fest entschlossen, eine Grenze zu überschreiten. »Weißt du was«, sagte sie laut in die Stille der Wohnung. »Es ist mir scheißegal, ob das dein Zimmer ist und deine Sachen sind. Du bist verantwortlich für uns und deshalb werde ich jetzt deine Klamotten durchsuchen. Vielleicht habe ich Glück und in irgendeiner Tasche steckt Geld.«
    Sie betrat das Zimmer ihrer Mutter, das mit Möbelstücken aus besseren Zeiten eingerichtet war. Ein Bett aus Buchenholz, ein hübscher Schrank mit Spiegel, eine Kommode und daneben der kleine Schreibtisch, auf dem der altersschwache PC stand, den Sandra regelmäßig benutzte. Einige Kleidungsstücke, Schuhe und Schminksachen lagen auf dem nicht gemachten Bett und auf dem Boden. Ordentlich war Laura noch nie gewesen und allzu viele ihrer Sachen waren auch nicht mehr da. Nach und nach hatte sie das meiste zu Ulf geschleppt. Sandra hatte Glück. In der Tasche einer Jeans fand sie einen Fünfeuroschein und zwei Euro in Münzen. Das reichte. Auch für Schokolade, allerdings wieder nicht für Putzmittel.
    Inzwischen war die Wohnung ziemlich verdreckt. Das Geschirr spülte Sandra mittlerweile mit Shampoo. Der Boden in der Küche war klebrig. An Duschwanne, Waschbecken und WC hafteten schmutzige Kalkränder, die dreckige Wäsche türmte sich noch immer im Korb. Seit einigen Tagen wusch Sandra sie

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