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scherbenpark

scherbenpark

Titel: scherbenpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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sagt er. »Kennst du?«
    »Ja«, sage ich.
    »Ist klasse, oder?«
    »Geht so«, sage ich. »Ich mag sie nicht allzu sehr.«
    Volker drückt auf den Knöpfen des CD-Wechslers herum. »Mary J. Blige«, sagt er. »Magst du?«
    »Ganz okay«, sage ich. »Es gibt Schlimmeres.«
    »Mensch«, sagt Volker genervt. »Gibt es denn überhaupt jemanden, den du magst?«
    »Ja«, sage ich im Halbschlaf. »Dich. Nur dich.«
    Danach höre ich nichts mehr.
    Mich weckt der Wind, der durch die geöffnete Tür in mein Gesicht weht. Volker streckt mir die Hand entgegen.
    »Wir sind zu Hause«, sagt er. »Oder willst du im Auto weiterschlafen?«
    Ich nehme seine Hand und lasse mich herausziehen. Danach lässt er mich schnell wieder los.
    Dann halt nicht, denke ich fast gleichgültig.
    Wir laufen über die Steintreppe zur Eingangstür. Der Schlüsselbund klimpert. Im Flur halte ich mich mit einer Hand an der Wand fest und zerre mit der anderen an den Schnürsenkeln.
    Irgendwann fällt mir auf, dass Volker neben mir steht. Und dass er kein Licht eingeschaltet hat.
    Ich schwanke und lande mit der Stirn auf seiner Schulter. Sein Hemd riecht gut, obwohl es ganz verschwitzt ist. Mir gefällt das, wie sich der Schweißgeruch mit dem des Rasierwassers und der Benzindämpfe mischt. Krankenhausgerüche kommen auch dazu, Zigarettenrauch aus der Kneipe von heute Abend und ein Hauch Alkohol.
    Ich reibe meine Stirn an seiner Schulter.
    Volker rauft mir kurz die Haare, schiebt mich zurück, dass ich gerade stehe, und schaltet das Licht ein.
    Dann halt nicht, denke ich wieder, drehe ihm den Rücken zu und laufe langsam die Treppe hoch.
    Er überholt mich und biegt ab in die Küche.
    Mich zieht es plötzlich auch dahin.
    Ich lehne mich gegen die Wand und sehe zu, wie er eine Flasche Rotwein entkorkt und sich ein Glas einschenkt. Es langsam leert und nachgießt. Und noch mal. Und noch mal.
    Dann entdeckt er mich.
    »Magst du auch?« fragt er. »Oder hast du genug gehabt für heute Abend?«
    »Mehr als genug«, sage ich. »Ich trinke eigentlich keinen Alkohol.«
    »So ein Jammer«, sagt er. »Warum nicht?«
    »Keine Ahnung«, sage ich. »Vielleicht liegt es daran, dass ich aus einem Land komme, in dem sich so viele zu Tode saufen.«
    Das Glas gibt einen hohen Ton von sich, als Volker es auf dem Tisch abstellt.
    »Du bist noch so jung«, sagt er und geht an mir vorbei hinaus. »Du wirst deine Meinung noch dreimal ändern.«
    Das glaube ich nicht, aber das sage ich ihm nicht.
    Ich laufe wie angebunden hinter ihm her. Endlich sehe ich die Tür, hinter der sein Schlafzimmer sein muss. Er verschwindet dahinter, er merkt nicht, dass ich ihm folge. Ohne Schuhe bin ich ganz leise.
    Er setzt sich auf sein Bett und drückt den Kopf mit den Händen zusammen.
    »Das ist ja ein Doppelbett«, sage ich überrascht. Keine Ahnung, was ich erwartet habe.
    Er sieht auf, erschrocken. Es ist dunkel, wahrscheinlich kann er mich nicht genau erkennen.
    »Du?« fragt er matt. »Du schon wieder?«
    Ich setze mich neben ihn, spüre seine warme Hüfte neben meiner, und er rückt nicht weg.
    Ich weiß nicht, wie es dann passiert. Plötzlich hält er mit beiden Händen meinen Kopf fest. Er küsst mich auf den Mund, fester, als ich es mir vorgestellt habe, und drückt mich in die Kissen. Seine Finger verwickeln sich in meinem Haar, ewig lange und quälend. Ich unterdrücke das Zittern, komme ihm entschieden entgegen und fahre mit den Händen über seinen Rücken, wo das Hemd hochgerutscht ist.
    Und dann hört es auf, mir zu gefallen.
    Seine Küsse sind zu schnell und zu gierig. Ich mag es nicht, dass seine Armbanduhr unter meinem Pullover an meiner Haut kratzt und dass die andere Hand an meinem Haar zerrt. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass er mich mit jemandem verwechselt.
    In so einer blöden Situation war ich schon lange nicht mehr.
    Er schnauft laut in mein Ohr. Seine Fahne verschlägt mir den Atem. Ich weiche zurück, aber er folgt mir zielstrebig und unnachgiebig. Ich rolle immer weiter weg, und er kommt sofort hinterher und fängt mich in seine Umarmung.
    Wahrscheinlich denkt er, dass das so ein Spiel ist, bei dem er der Jäger ist.
    Ich weiß nicht, wie ich ihm sagen soll, dass ich nicht mehr mag.
    Es ist nicht so, dass er mir nicht mehr gefällt. Ich will bloß, dass er mich wieder loslässt.
    Ich bringe es aber nicht übers Herz, ihn wegzustoßenoder ihm gar das Knie zwischen die Beine zu rammen. Dafür mag ich ihn noch zu sehr, auch wenn sein Zauber gerade in großen

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