Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)
Ding. Sie wollte, dass etwas in Bewegung gerät. Aber sie wollte kein Familienmitglied verpfeifen. Eine fatale Zwickmühle.«
»Hast du heute ein Gutmensch-Sandwich gefrühstückt? Dieses ›arme Ding‹ hat fast halb Ugau abgefackelt, du bist ja lustig!«
Lustig war Irmi nicht zumute, ganz und gar nicht. Da waren’s nur noch vier? Franz, Rita, Renate oder Vroni. Oder waren Thomas und Markus nun doch wieder im Spiel?
»Wir geben ihr etwas Zeit zum Nachdenken, damit sie sich darüber klar werden kann, dass das hier kein Spiel mehr ist. Sie wird reden. Anna Maria hat jemanden aus der Familie bei der Tat beobachtet, da bin ich mir sicher.«
»Ich tippe auf Rita«, meinte Kathi. »Die haben Geldprobleme, und sie ist eine böse Hexe. Die würde auch Katzen meucheln. Erinnerst du dich, wie sie die Katzen bei unserem Besuch rausgeworfen hat? Voller Hass.«
»Ja, aber bevor Anna Maria nicht redet, hat das Spekulieren eh keinen Sinn. Ich werde noch mal probieren, Runa zu erreichen.«
Doch deren Handy war immer noch aus. Irmi wählte die Nummer des Altenheims und erfuhr, dass die beiden am Vormittag bei Xaver Schmid gewesen waren, dass er dann aber einen Arzt benötigt hatte und die beiden gegangen waren. Wohin, wusste keiner.
»Xaver Schmid ist zusammengeklappt«, erzählte Irmi, als sie aufgelegt hatte. »Eine Tochter und eine Urenkelin auf einmal waren wohl zu viel für den Mann. Wo stecken die beiden wohl jetzt? Ich habe Runa gesagt, dass sie in jedem Fall Kontakt zu mir halten muss.« Irmis Stimme bebte.
»Kein Netz? Wir leben bekanntlich in einer Region, in der der Empfang so löchrig ist wie ein Emmentaler, oder! Jetzt entspann dich mal, Irmi. Die werden ja nicht entführt worden sein, und meiner Meinung nach sitzt die Mörderin sowieso schon hinter Gittern!«
»Genau das glaube ich nicht! Ich sprech jetzt mit der Staatsanwaltschaft das Vorgehen ab, und dann reden wir noch mal mit Anna Maria. Viele Menschen wachen bei der erkennungsdienstlichen Behandlung auf. Sie merken plötzlich, dass sie wie ein Verbrecher behandelt werden.«
»Ist sie ja auch, diese Schnecke!«, maulte Kathi.
Nachdem Irmi einige Telefonate geführt hatte, rief sie wieder im Hotel an. Doch da gab es nichts Neues. Dann wählte sie die Nummer des Heims, die sie mittlerweile auswendig kannte. Diesmal war eine andere Mitarbeiterin dran. Runa und Åse seien noch nicht wieder im Heim aufgetaucht, sagte sie, aber Herrn Schmid gehe es schon wieder besser, und die beiden Damen aus Norwegen seien bei Vroni ja in besten Händen.
»Bei Vroni?«, fragte Irmi.
»Na, Vroni Schmid hat die Damen doch abgeholt.«
»Wo sind sie hin?« Irmis Stimme überschlug sich.
»Das weiß ich doch nicht«, sagte die Dame am anderen Ende pampig.
Irmi versuchte sich zu beruhigen. »Bitte denken Sie genau nach. Haben Sie irgendwas mitbekommen?«
»Ich lausche doch nicht!«
»Meine Liebe, Sie telefonieren mit der Polizei, genauer gesagt mit der Mordkommission!«, rief Irmi. »Ich will das nicht aus Jux und Tollerei wissen, und ob Sie lauschen oder nicht, ist mir völlig egal. Verstanden?«
»Ja«, sagte die Frau am anderen Ende eingeschüchtert.
»Was ja?«, donnerte Irmi.
»Ich hab das verstanden. Von dem Gespräch hab ich nur mitbekommen, dass sie sich irgendeinen Wald ansehen wollten. Wieso schaut man sich im Winter einen Wald an? Haben die in Norwegen keinen Wald?«
»Doch, jede Menge«, sagte Irmi und legte auf.
Runa und Åse sahen sich einen Wald an? Wollte Vroni ihnen das Erbe zeigen? Den gewaltigen Forst, den Åse geerbt hatte? Auf den ersten Blick klang das nach Schulterschluss, als hätten die Schmids sich mit der Idee angefreundet, nun eben Verwandtschaft in Norwegen zu haben. Das war ja eigentlich eine charmante Wendung. Aber Irmi glaubte nicht, dass die Schmids diese Art von Charme liebten. Sie glaubte nur selten ans Gute im Menschen. Und sie wusste, dass die Zeit lief.
Über den Gang rief sie nach Kathi und ließ Anna Maria bringen. Die beharrte sofort darauf, ohne den Anwalt gar nichts zu sagen.
»Åse und Runa sind von Vroni abgeholt worden. Sie wollen angeblich einen Wald besichtigen! Was heißt das? Geht es um die Erbschaft? Wo liegt der Wald? Was ist wirklich passiert?«
Anna Maria schwieg. Sie war blass mit einem Stich ins Grünliche.
»Wo ist dieser verdammte Wald?«, schrie Irmi schließlich.
Jetzt bekamen sie endlich eine Wegbeschreibung. Dann übergab sich Anna Maria. Einfach so auf den Tisch.
»Sailer, unternimm mal was!«, rief
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