Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)
in einem Stadel verschwanden und wenig später ganz anders aussahen.
Ionella hatte das wohl erst nicht glauben wollen, hatte mit ihrem Bruder hin- und hergemailt und dann auf eigene Faust den Stadel erkundet. Radu hatte ihr geraten, sich aus der ganzen Sache rauszuhalten, um ihre Zukunftspläne nicht zu gefährden. Schließlich war es ihm selbst unheimlich geworden, und er hatte sich dem Vater offenbart. Aber da war es schon zu spät gewesen. Ionella war bereits tot.
Während Razvan Adami unter äußerster Beherrschung erzählte, brach sein Sohn völlig zusammen. »Ich schuld, dass sie tot«, wimmerte er. »Wenn ich nicht gesagt, dass Schluss sein muss, würde Ionella noch leben.«
Was sagte man darauf?
Kathi sagte das, was man eigentlich nicht sagt als Polizistin: »Wenn das alles stimmt, dann kriegen wir diese Arschlöcher!«
»Herr Adami, wissen Sie, ob Ihre Tochter sonst noch jemanden eingeweiht hat?«, fuhr Irmi fort. »Tereza Benesch zum Beispiel?«
Er schüttelte den Kopf.
»Oder eine Freundin aus Norwegen, die Runa heißt? Ist Ihnen darüber irgendetwas bekannt?«
»Mich hat Ionella gesagt, sie kennt Runa und wundert sie sehr, sehr, sehr … nein …« Radu zögerte.
»Sie meinen, sie hat Runa bewundert?«
»Ja, weil Runa ist so mutig und stark, hat Ionella gesagt.«
Es klopfte an der Tür, und Andrea streckte den Kopf herein. »Ich müsst mal … ähm … mit euch reden. Könnt ihr mal kurz …?«
Irmi nickte. »Schick Sailer rein, der soll den Herren noch Wasser bringen. Oder wollen Sie noch einen Kaffee?«
»Wasser wäre gut«, sagte Adami.
Sailer war angesichts des neuen Auftrags noch säuerlicher als vorher. »Herren!«, grummelte er. »Zigeiner san des.«
Andrea hatte inzwischen Terezas Netbook durchforstet. Dabei hatte sie E-Mails von Ionella an ihren Bruder entdeckt und diese übersetzen lassen. Der Inhalt entsprach genau dem, was die beiden Männer erzählt hatten.
Die wichtigste Mail lautete: »Ich war in dem Stadel, wo sie die Maschinen umlackieren. Ich glaube, es läuft so: Thomas weiß, auf welcher Baustelle geeignete Maschinen stehen, die nachts nicht bewacht sind und wo wenig Licht ist. Sie fahren mit dem Tieflader hin, laden die Maschinen auf, verstecken sie, lackieren sie um, entfernen die Seriennummern. Dann nehmen sie Kontakt mit ihren rumänischen Abnehmern auf, und dann geht das Zeug über irgendwelche ungarischen Zwischenhändler weiter.«
In einer weiteren E-Mail hieß es: »Meine Freundin Runa aus Norwegen ist sehr besorgt. Sie sagt, die sind sehr kriminell und dass ich mich da nicht reinziehen lassen soll. Ich würde ja früher abreisen, aber ich brauche das Geld doch so dringend.«
Irmi sah von Andrea zu Kathi, die mit der Faust auf den Tisch hieb. »Wow! Der feine Herr Biobauer! Du hattest zwar recht, dass er seine Frau nicht betrügt, aber dafür verschiebt er Baumaschinen, oder! Starkes Stück! Das erklärt auch die akute Zunahme von solchen Diebstählen. Wir hatten doch erst kürzlich was auf dem Tisch, wo eine Baufirma eine Brücke im Staatsforst saniert hat. Über Nacht waren plötzlich zwei Bagger, ein Lkw und zwei Rüttelplatten verschwunden. Einfach so. Das musst du dir mal vorstellen. Da kommen die Arbeiter am nächsten Morgen auf die Baustelle, und nichts mehr ist da außer Steinen und Sand! Und dahinter stecken also die Schmid-Burschen!«
Ja, die Schmid-Burschen … Eine schrecklich kriminelle Familie schien das zu sein. Irmi überlegte, was jetzt zu tun war. Sollte sie die beiden Rumänen gehen lassen? Allerdings hatten sie sich der Körperverletzung schuldig gemacht, indem sie Markus Schmid die Nase gebrochen hatten – da konnte der in noch so kriminelle Machenschaften verwickelt sein.
Sie ging zurück in den Vernehmungsraum.
»Wir wollten hier Zimmer mieten«, erklärte Razvan Adami. »Wir können unsere Pässe hierlassen. Wann können wir Ionella heimführen?« Die Tränen standen ihm in den Augen.
»Einen Moment bitte!«
Irmi ging hinaus, telefonierte mit der Staatsanwaltschaft und bat Andrea, sich um einen Anwalt, um eine Unterkunft für die Männer und um die Protokolle der Aussagen zu kümmern. Sie war davon überzeugt, dass die beiden nicht abhauen würden. Nicht ohne Ionellas sterbliche Überreste.
»Meine Kollegin wird Ihnen behilflich sein«, erklärte sie den beiden Rumänen. »Sie bleiben vor Ort, und sobald ich etwas Neues weiß, informiere ich Sie.« Der Zeitpunkt, wann die beiden mit der Brandleiche würden zurückreisen können,
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