Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)
wartete.
»Na wunderbar, dann hören wir uns mal an, was der uns zu sagen hat. Bis gleich, Andrea!«
Irmi und Kathi verließen eilig das Klinikum – vorbei an Frotteebademänteln und aufgeschnittenen Jeanshosen über Gipsbeinen und zurück in die verschneite Stadt, die heute so ruhig und harmlos wirkte.
Thomas Schmid hockte auf einem Stuhl und hatte Handschellen an.
»Dieser Depp hot mi attackiert!«, schimpfte Sailer.
»Sie sind doch a g’standnes Mannsbild, Sailer!«, meinte Irmi lächelnd. »Sie werden doch so einem Würstl was entgegensetzen können.«
»Du blede Kachel!«, rief Thomas Schmid und versuchte aufzuspringen, wurde von Sailer aber zurück auf den Stuhl gedrückt.
Irmi ignorierte ihn. »Wir machen jetzt mal die Handschellen ab. Der Herr Schmid wird sich uns gegenüber bestimmt benehmen, gell, Herr Schmid? Er ist ja ein Kavalier der alten Schule. Frauen vergewaltigt er nur ab und zu.«
»Was reden S’ da?« Nun sprang er doch auf.
»Setzen! Sofort!«, brüllte Kathi. »Sie halten jetzt die Fresse, und ich sag Ihnen, was passiert ist. Ionella wollte aussteigen aus eurem Baumaschinendeal und hat sich mit Ihrem feinen Onkel im Stadel verabredet. Dem war das unheimlich, deshalb hat er Sie dazugerufen. Womit Sie beide nicht gerechnet hatten, war, dass Ionella noch eine Zeugin mitbringt. Eine vorlaute Norwegerin. Beide Frauen waren unliebsame Zeuginnen und mussten weg. Rein ins Silo. Katze hinterher. Unfall. Alle tot, Klappe zu.«
Thomas Schmid schien schon an die Grenze seiner intellektuellen Kapazitäten zu stoßen, jedenfalls lauschte er Kathi mit offenem Mund. Auf seinem runden Schädel breiteten sich rote Flecken aus.
»Du Fotze!«, stieß er aus.
»Obacht!« Kathis Augen sprühten Gift.
»Ich sag gar nix mehr!«
»Na, außer diesem Schimpfwort haben wir von Ihnen bisher ja eher wenig gehört. Aber bitte, gerne. Ziehen Sie einen Anwalt zurate. Wir warten«, sagte Irmi.
Es blieb eine Weile still. Dann sagte Thomas Schmid: »Des war alles dem Onkel sei Idee. Weil der zu bled is, einen Hof zu führen.«
»Aha, das hat Ihr Onkel uns aber ganz anders erzählt. Er meint, die Baumaschinen seien Ihre Idee gewesen«, sagte Kathi leise, aber mit schneidender Schärfe. »Und wer hat die Frauen ins Silo geworfen? Sie beide miteinander? Oder haben Sie die Mädchen allein gepackt, Herr Schmid? Schade, dass Sie sie vorher nicht mehr so richtig hernehmen konnten, was?«
»Du verdammte Fotze! Du Bullensau!«
Irmi wandte sich an Sailer. »Der Herr Schmid wiederholt sich laufend. Er geht sich jetzt erst mal abkühlen. Und wenn er seinen Rechtsbeistand dabeihat, plaudern wir ganz gepflegt weiter. Von Bullenfotze zu Mädchenmörder.«
Sobald Thomas Schmid draußen war, ließ sich Kathi auf einen Stuhl sinken. »Brutal! Was für ein Arschloch!«
»Da kann ich dir nicht mal widersprechen«, sagte Irmi. »Wir können nur hoffen, dass wir die beiden gegeneinander ausspielen können und dass dann einer von ihnen umkippt und den anderen belastet. Ich würde mir den Stadel auch gerne mal ansehen. Außerdem sollten wir mit Renate Schmid sprechen. So ganz glaube ich nicht, dass sie nichts gewusst oder zumindest geahnt hat.«
Da Irmi so gar keine Lust auf den Ettaler Berg hatte, weil bestimmt wieder Lkw und Touristen im Schneckentempo hinaufzuckeln würden, beschloss sie, stattdessen über Grafenaschau zu fahren. Auf der Straße kam ihr irgendwann Bernhard mit dem Bulldog entgegen, er hatte die Seilwinde am Heck befestigt. Irmi ließ das Fenster herunter, und ihr Bruder öffnete die Tür.
»Griaß di, Schwester. Kathi, habe die Ehre!« Er grinste. Obwohl er überzeugter Junggeselle war und manchmal über die »gschnappige« Kathi schimpfte, hätte sie ihm rein optisch schon gefallen. Gottlob war der eher »festere« Bernhard weniger nach Kathis Geschmack. Und die junge Kollegin als Schwägerin – das wäre für Irmi ein Albtraum gewesen.
Man plauderte ein wenig, und Irmi versetzte es einen kleinen Stich, als sie die Motorsägen und den Fällheber sah und Bernhard erzählte, was er vorhatte. Sie wollte auch mal wieder ins Holz gehen. Nun ja, der Winter war lang, sie würde schon noch Gelegenheit dazu bekommen.
»Dein Bruder findet auch keine mehr«, sagte Kathi, als sie wieder losgefahren waren.
»Du willst ihn ja nicht.«
»Um Gottes willen. Der ist mir viel zu alt. Und zu g’wampert. Und du als Schwägerin, das wär ja der Horrortrip!«
Das war Kathi. Was Irmi sich kaum zu denken traute, sprudelte
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