Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)
Preise für Bioprodukte für die Rumänen selbst viel zu hoch waren. So schlecht war die Idee also gar nicht. Vielleicht hatte Markus Schmid seiner Frau nicht nur eine hübsche Geschichte erzählt, um sie ruhig zu halten, sondern wirklich vorgehabt, in Rumänien Grund und Boden zu kaufen. Das Spielgeld dafür hatte er mit seinem Baumaschinenbetrug verdient.
Kathi schien weniger überzeugt. »Was für eine schöne Märchengeschichte, oder!«
»Das ist die Wahrheit!«
Irmi nickte Kathi unmerklich zu. Es war sinnlos, Renate Schmid zu attackieren. Sie würde doch nur zumachen.
»Frau Schmid, es mag ja durchaus sein, dass Ihr Mann da Kontakte knüpfen wollte«, lenkte Irmi ein. »Aber er hat sich trotzdem was dazuverdient, und zwar auf kriminellem Wege. Ich frage Sie jetzt noch mal: Wussten Sie davon?«
»Nein.« Renate Schmid begann laut zu schluchzen, und Irmi wusste nicht zu sagen, ob das Show war oder echte Verzweiflung. Sie hatte kein Gespür dafür, ob sie Renate Schmid glauben konnte oder nicht. Sie spürte rein gar nichts. Diese Frau entglitt ihr einfach.
»Ich weiß nicht, ob Ihnen klar ist, dass wir hier nicht von einem Kavaliersdelikt reden. Es geht um einige Hunderttausend Euro. Und um Mord!«
»Warum Mord?« Renate Schmid sah erschrocken aus.
»Finden Sie es nicht merkwürdig, dass Ionella aus der ganzen Sache aussteigen wollte und kurz darauf stirbt?«
»Aber mein Mann ist doch kein Mörder. Und wenn er wirklich Maschinen gestohlen hat, dann hat ihn Thomas dazu gezwungen. Bestimmt war es so. Mein Mann kann keiner Fliege was zuleide tun.«
Ach ja, die viel zitierte Fliege. Irmis Blick fiel auf einen dieser ekligen gelben Klebestreifen, der wohl noch vom Sommer übrig geblieben war. Hier tat man durchaus einer Fliege was zuleide. Frau Schmid würde sich auf eine längere Abwesenheit ihres Mannes einstellen müssen.
»Gleich kommt ein Kollege, der Ihren Computer mitnimmt. Wäre schön, wenn das reibungslos vonstattenginge«, sagte Kathi. »Und wenn Sie behaupten, Thomas hätte Ihren pazifistischen Mann gezwungen – warum sollte der sich denn so etwas gefallen lassen? Hat Thomas etwas gegen ihn in der Hand? Hat er ihn erpresst oder so?«
»Nein, also …« Sie brach ab.
»Also was?«
»Markus hat mal Milch …«
»Was ist mit der Milch?«, donnerte Kathi.
»Wir hatten mal eine Weile zu wenige Kühe, und da hat Markus die Milch von seinem Vater mit unserer zusammen abgegeben.«
»Ihr Mann liefert an einen Bioabnehmer silagefreie Milch und hat dann einfach Milch von Kühen aus konventioneller Landwirtschaft dazugeschüttet?«, fragte Irmi erschüttert.
»Ja, aber das war nur ein paarmal. Wir haben dann ja neue Kühe gekauft. Und das war ganz wenig Milch vom Xaver. Das verdünnt sich ja.«
Klar, das verdünnte und verwässerte sich doch! Und der Käufer der guten Heumilchprodukte würde es schon verschmerzen … Hinter der scheinbar korrekten Fassade gab es ungeahnte kriminelle Energie, stellte Irmi fest, aber vielleicht sah sie das wieder mal zu kritisch. Das war doch gar kein Betrug, sondern nur Verdünnung. Sie beherrschte sich mühsam. »Und Thomas hat davon gewusst?«
»Ja, und der ist so eine fiese Sau, dass ich dem schon zutrau, Markus zu erpressen.«
Eine Frau versuchte ihren Mann zu retten, und da verwandte sogar die eher verhaltene Renate deftige Ausdrücke. Hier ging es um ihr Leben.
»Nun, Frau Schmid, wir werden das alles prüfen. Wir …«
In diesem Moment klingelte Irmis Handy.
»Moment!« Sie nickte Kathi zu, mit einem Blick, der besagte, Kathi möge Renate Schmid bitte nicht zerfleischen. Dann ging sie vor die Tür.
Es war Jens. »Hallo. Ich habe deine SMS gelesen. Du bist zu Hause? Seit wann?« Er klang besorgt.
»Seit ein paar Tagen erst. Hier gibt es einen Fall, der …« Wie sollte sie das am besten formulieren? Einen Fall, der nicht ohne sie auskam, vielleicht? Sie spürte, wie Jens sich bemühte, jeden Vorwurf zu unterdrücken. Sie hatte sich bei ihm quasi auf unbestimmte Zeit abgemeldet. Natürlich hatte er sich gewünscht, dass sie sich zwischendurch melden würde. Was hätte sie im Gegenzug gedacht, wenn er sich eine Auszeit genommen und sie dann erfahren hätte, dass er längst wieder mitten im Leben stand. Sie wäre sauer gewesen, enttäuscht. »Jens, ich freu mich, deine Stimme zu hören. Ich stecke bloß mitten in einer Befragung. Kann ich dich zurückrufen?«
»Sicher. Ich bin nur nicht immer erreichbar.« Das klang zwar neutral, doch er signalisierte ihr
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