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Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Titel: Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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wir wollen jetzt nicht pauschalisieren. Wir reden von der Geschichte deiner Eltern, und die war in der Tat chancenlos!« Lore wandte sich an Irmi. »Wusstest du, dass 1940 ein SS -Arzt das Genmaterial in den ›rassemäßig zurückgefallenen süddeutschen Regionen‹ mithilfe von norwegischen Frauen aufwerten wollte?«
    »Nein!« Irmi hätte einiges sagen können zum ganz besonderen Menschenschlag in Süddeutschland – verzichtete aber lieber darauf.
    »Allerdings hat die Wehrmacht den deutschen Soldaten noch im selben Jahr verboten, Ehen mit ausländischen Frauen zu schließen, zumindest solange der Krieg andauerte«, fuhr Lore fort. »Nach dem Einmarsch der Deutschen in Dänemark, Norwegen, den Niederlanden und Belgien wurde das Gesetz dahin gehend abgeändert, dass deutsche Soldaten sogenannte rassemäßig verwandte Personen aus den germanischen Nachbarvölkern in den Niederlanden, Norwegen, Dänemark und Schweden ehelichen durften. Ab dem Frühjahr 1941 wurden in Norwegen insgesamt zehn Lebensborn-Heime eingerichtet. Hinter dem Ganzen stand ein knallhartes Zuchtprogramm, das natürlich nur für sogenannte rein arische Frauen galt. Magga, Åses Mutter, war eine halbe Sami. Eine Ehe zwischen deutschen Soldaten und samischen Frauen war kategorisch ausgeschlossen. Darum sind Kinder von samischen Müttern in den Lebensborn-Registern nicht zu finden.«
    Lore wartete und sah Åse an, bis die rief: »Ja, ja, ich erzähle schon weiter. Ich hatte Glück, dass ich erst nach dem Krieg auf die Welt kam. Doch das war schlimm genug. Meine Mutter galt als ›Tyskertøs‹, als Deutschenflittchen, und viele hielten sie für eine Vaterlandsverräterin. Ich kenne einen Jungen mit ähnlichem Hintergrund wie ich, der nach dem Krieg in eine Institution für geistig Zurückgebliebene gesteckt wurde. In manchen Fällen wurde den Kindern sogar die norwegische Staatsbürgerschaft entzogen.« Åse atmete schwer. »Ich bin irgendwie durchgerutscht. Aber ich bekam immer zu spüren, dass ich diese gefürchteten deutschen Gene in mir trug. Man unterstellte mir, ich müsse geistesschwach sein, denn das norwegische Sozialministerium ging davon aus, dass nur geistig zurückgebliebene Frauen sich mit deutschen Männern eingelassen hatten.«
    »Dieses Kapitel der norwegischen Geschichte ist wirklich beschämend«, sagte Aksel.
    »Und ich war die Inkarnation des doppelten Makels. In meinen Adern fließt eine Mischung aus Samiblut und deutschem Blut«, erklärte Åse.
    »Entschuldigt, wenn ich so dumm frage, aber was ist denn so schlimm an Samiblut?«, fragte Irmi nach.
    »Das ist nicht dumm, die Sami sind nur weniger spannend als die Indianer, darum kennt sie kaum jemand. Es gibt eben keine Hollywoodfilme, in denen alte Samihäuptlinge ungeheuer kluge Sätze über die Welt sprechen. Die Sami sind eine Randnotiz der Geschichte, am Rande der Welt«, sagte Lore, und es gelang ihr, dabei nicht zynisch zu klingen. »Der Zweite Weltkrieg hat die samischen Siedlungsgebiete schwer beschädigt. Die meisten wurden niedergebrannt oder bombardiert. Der Wiederaufbau verlief nach zentralistischen Vorstellungen und Idealen. Man wollte die Wirtschaft im Norden auf das gleiche Niveau bringen wie im Süden. Altes samisches Wissen wurde dadurch abgewertet, die neuen Ideale waren die der Industrie- und Wohlstandsgesellschaft. Die samische Sprache wurde zurückgedrängt, und in den Samidörfern ging man nach dem Krieg dazu über, Norwegisch zu sprechen.«
    »Wenn ich nicht ganz falschliege«, sagte Irmi, »dann wurden die Sami ja schon lange vor dem Krieg diskriminiert, oder?«
    Lore nickte. »Schon Ende des neunzehnten Jahrhunderts gab es eine Schulverordnung, die festlegte, dass der komplette Unterricht auf Norwegisch abzuhalten sei. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wurden samische Gottesdienste verboten, und 1930 durfte man nur dann Land zum Roden erwerben, wenn man Norwegisch konnte! Damals hatte noch die Hälfte der Bevölkerung im Norden von Tromsø entweder Samisch oder Finnisch als Muttersprache. Zwanzig Jahre später waren die Sprachen fast ausradiert.«
    »Vor 1945 war die Schulbildung für Samikinder traumatisch, insofern hatte ich auch hier Glück«, erzählte Åse. »Aufgrund der großen Distanzen mussten die Kinder im Winter in Internate, wo es ihnen verboten war, Samisch zu sprechen. Das Personal verstand nur Norwegisch. Das samische Elternhaus wurde abgewertet, die Kinder hatten oft Todesangst, dazu kam physische Gewalt. Das waren richtige

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