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Schicksal aus zweiter Hand

Schicksal aus zweiter Hand

Titel: Schicksal aus zweiter Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aufziehen?«
    »Ist es so verwunderlich, daß ich etwas schenken will?«
    »Zumindest kommt es in einem Jahrhundert vielleicht einmal vor, daß ein wildfremder Mann einem anderen Wildfremden fünfhundert Mark schenken will.«
    »Und auch Ihnen will ich etwas schenken, Herr von Buckow.«
    »Da bin ich aber gespannt.« Fred v. Buckow lächelte schwach. Doch ein Verrückter, dachte er. Was man so alles erlebt … »Und was soll es sein?«
    »Frieden –«
    »Nett! Ist ja heute auch Mangelware.«
    Gerholdt sah zu dem jungen, blonden Mann empor. Ritas Augen, durchfuhr es ihn wieder, als er den forschenden Blick sah. »Jetzt ziehen Sie mich auf, Herr v. Buckow.«
    »Aber nein, nein! Wenn ich auch gestehen muß …«
    Gerholdt nickte. »Sie halten mich für verrückt.«
    »Für ungewöhnlich bestimmt«, antwortete Fred von Buckow vorsichtig. »Da kommt ein Fremder zu mir und sagt: Ich möchte Ihnen Frieden schenken. Wenn das jemand zu Ihnen sagen würde –«
    »Ich würde ihn auslachen.«
    »Also bitte! Aber ich lache nicht – ich höre Sie an.«
    »Aus Höflichkeit?«
    »Aus Interesse. Wenn man den Menschen als eine zusammengesetzte chemische Substanz verschiedener Grundstoffe betrachtet, ist es immer interessant, was dabei herauskommt. Die gleichen Grundstoffe – aber immer verschiedene Formen … Milliardenfach. Das macht kein Chemiker Gott jemals nach.«
    »Sie haben recht.« Gerholdt blinzelte zu Buckow hinauf. »Betrachten Sie als chemische Substanz eigentlich auch Rita Gerholdt?«
    Fred v. Buckow zuckte empor. Er starrte den Besucher an und stellte das Glas hin, das er gerade in der Hand hielt.
    »Wie kommen Sie auf Rita … Kennen Sie – Verzeihung! Ihre Frage verwirrt mich. Sie kennen Fräulein Gerholdt?«
    Gerholdt würgte. »Als ihr Vater muß ich es wohl –«, sagte er dumpf.
    Vater, dachte er. Vater! Mein ganzes Leben ist nur eine einzige Lüge. Eine Lüge, die am sittlichen Gefüge der Welt und der Menschheit rüttelt! Es ist erstaunlich, daß ein einzelner Mensch überhaupt so schlecht sein kann wie ich …
    Fred v. Buckow knickte in der Mitte ein, als habe er einen Schlag in die Magengrube erhalten. Er rang nach ein paar Worten und baute sich vor dem vermeintlichen Irren auf, der sich plötzlich als Vater Ritas, als der gefürchtete Vater und Industrielle Frank Gerholdt herausstellte. Jetzt auch verstand er es, warum er fünfhundert Mark verschenken konnte. Was sind fünfhundert Mark für einen Mann wie Gerholdt! Er merkte sie nicht einmal auf seinem Kontenauszug.
    »Ich – ich – Herr Gerholdt –« Fred v. Buckow schluckte. Er hatte plötzlich einen trockenen Hals und kam sich vor, als habe er eine Wagneroper mit voller Lunge und Kehle gesungen. »Ich nehme es Ihnen nicht übel, wenn Sie in mir einen Esel sehen. Einen riesengroßen sogar.«
    »Warum sollte ich das?« Gerholdt trank sein Glas Kognak leer und war nicht weniger verlegen als Fred v. Buckow. »Ich habe mich bei Ihnen merkwürdig eingeführt.«
    »Es wäre meine Pflicht gewesen, mich bei Ihnen vorzustellen und Sie in aller Form zu bitten, mit Ihrer Tochter ausgehen zu dürfen.«
    »Ich denke, ihr jungen Leute setzt euch über solche Konventionen hinweg?«
    »Bei einem Flirt – ja.«
    »Ach! Sie sehen in meiner Tochter –«
    Fred v. Buckow holte tief Atem. Jetzt oder nie, sprach er sich Mut zu. So nahe und so menschlich bekomme ich den alten Herrn nicht wieder vor mich. In seiner Fabrik ist er ein kleiner Gott, der unerreichbar ist. Nun hockt er bei mir auf der Studikerbude … der große Gerholdt! Welch ein Ding! Fred, nimm dich zusammen. Sage, was du denkst. Auch der alte Herr war einmal jung … er muß sich bloß daran erinnern –
    »Ich liebe Rita, Herr Gerholdt.«
    Jetzt war's heraus. Fred v. Buckow sah auf Gerholdt. Der alte Herr war nicht erstaunt, nicht erregt, nicht verblüfft – er war gar nichts. Und das war schlimmer als jede explosive Regung … Fred v. Buckow wußte nicht, wie er weitersprechen sollte.
    »Ich bin noch nichts«, sprach er tapfer weiter. »Aber ich hoffe, einmal etwas zu werden. Ich kann etwas – das weiß ich! Und ich glaube an mich!«
    »Das ist wichtig«, unterbrach ihn Gerholdt.
    »Ich bin – das weiß ich – heute noch in Ihren Augen ein armes Würstchen. Ein cand. nat. der vor dem Examen steht und den Kopf voller Zukunftspläne hat und fast schon ein Phantast ist! Sie haben die Erhabenheit des Alters und der Millionen, ich habe nur die Zukunft der Jugend …«
    »Das Wichtigste und Schönste

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