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Schicksal aus zweiter Hand

Schicksal aus zweiter Hand

Titel: Schicksal aus zweiter Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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überzeugt. Solange werde ich warten.«
    »Bitte, laß bei allen Plänen für die Zukunft zunächst einmal diesen Fred aus dem Spiel. Ich will nicht wissen, was aus ihm wird, sondern wie wir uns den späteren Verlauf denken.«
    »Die Zukunft gehört Fred und mir.«
    »Zum Teufel! Die Zukunft gehört uns!«
    »Aber Paps.« Rita legte ihre langen, weißen Hände auf seinen Arm. »Warum regst du dich denn auf? Fred ist aus gutem Hause. Sie haben in Hamburg –«
    Frank Gerholdt winkte ab. Energisch, das Wort Ritas mit dieser Handbewegung abschneidend.
    »Schluß mit diesem Fred!« sagte er laut und hart. »Ich wünsche in meiner Gegenwart nicht mehr, diesen Namen zu hören!«
    In die hellen blauen Augen Ritas traten Trotz und Widerspruch. Sie warf den Kopf in den Nacken und schob die langen blonden Haare über die Schulter weg.
    »Gut!« sagte sie mit zusammengekniffenen Lippen. »Wenn ich ihn nicht mehr nennen darf – du kannst mich nicht zwingen, ihn zu vergessen.«
    »Auch vergessen wirst du ihn!« schrie Gerholdt plötzlich unbeherrscht.
    Rita sprang auf. Sie stand gegen das blaue Meer und die untergehende Sonne wie eine weiße Skulptur, sylphidenhaft schlank und durchsichtig wie feinstes Porzellan. Es war fast, als durchdrängen die goldorangenen Strahlen der sinkenden Sonne den schmalen Körper.
    »In diesem Ton rede ich mit dir nicht weiter, Paps«, sagte sie laut. »Ich bin kein kleines Kind mehr! Ich bin vierundzwanzig Jahre und habe ein Recht, vernünftig behandelt zu werden. Vor allem aber habe ich ein Recht, eine eigene Meinung über die Dinge zu besitzen, die mein Inneres angehen. Ich lasse mir nichts vorschreiben!«
    Frank Gerholdt schnellte empor. Sein Gesicht war hochrot und durchflimmert von einem wilden Zittern.
    »Wie sprichst du mit deinem Vater?« schrie er voller Zorn. Dann übermannte ihn die Unbeherrschtheit, er hob die Hand und schlug Rita ins Gesicht.
    Ohne Antwort sah ihn Rita an. Mit einem langen, verwunderten Blick. Der Schlag brannte, aber sie hob nicht die Hand, die Finger kühlend auf die Stelle zu legen.
    »Das wird dir leid tun, Vater«, sagte sie leise. Dann wandte sie sich schroff ab und ging.
    Frank Gerholdt sah ihr nach. Der erste Schlag, den sie je von ihm bekommen hat! Mit vierundzwanzig Jahren, vor dem Examen als Dokter der Medizin! Aber er hatte nicht anders gekonnt, es war in ihm etwas explodiert, was er bisher nie gekannt hatte … die Eifersucht des Vaters auf den Jüngeren, der einfach daherkommt und die Tochter wegnehmen will. Diese wilde Sehnsucht, sich die Liebe des Kindes zu erhalten, so kindlich, wie sie immer war, so völlig fremd aller Entwicklung … ein Aufhalten der Zeit zwischen Vater und Tochter, der in der Frau, die vor ihm steht, immer noch das Kind sehen will, das auf seinen Knien schaukelte und spielte.
    »Rita!« rief er ihr nach.
    Sie wandte sich nicht um. Sie gab keine Antwort. Sie ging.
    »Rita!«
    Er wartete. Stockte ihr Schritt? Drehte sie sich um? Zögerte sie an der Tür zum Hotel?
    Sie tat es nicht. Ohne sich umzublicken verließ sie die Terrasse.
    Frank Gerholdt setzte sich wieder. Er hatte das Empfinden, ein Spiel zu spielen, das er verlieren würde. Zum erstenmal sah er, daß sein Vabanque-Spiel seinen Händen entglitt, daß es bessere Trümpfe gab, mit denen er nicht rechnete, daß es ein anderes Ding war, das äußere Leben sich unterzuordnen, als eine wirkliche Liebe zwischen unschuldigen Menschen unter seinen Zwang zu bekommen. Man konnte befehlen: zehntausend Tonnen Stahl investieren – und ich werde fünf Millionen dabei gewinnen! Aber man konnte nicht sagen: du vergißt diesen Fred v. Buckow, weil ich es will! Nur, weil ich es will! Und du würdest ihn auch nicht vergessen, wenn du wüßtest, wer er ist! Heute habe ich es erkannt – obwohl ich mein ganzes Leben für Rita geopfert habe, würde sie mich verlassen, wenn sie wüßte, wer ich bin und woher sie kommt!
    Er starrte auf das dunkel gewordene Meer, auf die Brandung, die an den Felsen emporgischtete, auf die Fischerboote, die dem Hafen zustrebten. Auf der Terrasse gingen die Lampen an … Ketten bunter Glühbirnen, Lampions, mit lächelnden Gesichtern. Ein bunter, fast kitschiger Zauber für den geldbringenden Fremdenverkehr. Lire für die Illusion einer ›echt italienischen Nacht‹. Nur die Sänger fehlten noch, die singenden Fischer, die Troubadoure in den Felsen, die schmachtenden Tenöre auf den Hotelterrassen. Sie sind im Preise mit inbegriffen … Vierzehn Tage Ischia oder

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