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Schicksal aus zweiter Hand

Schicksal aus zweiter Hand

Titel: Schicksal aus zweiter Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie darum auch unbewußt Medizin belegt … wie ein Chirurg bereinigt sie Unklarheiten mit einem schnellen und befreienden Schnitt.«
    »Und ich darf wiederkommen und nachfragen?«
    »Warum?« Frau v. Knörringen schüttelte den weißen Kopf. »Wenn sie Ihnen nicht schreibt, wäre es müßig, hier zu fragen, was sie schreibt. Wir verstehen uns?«
    »Vollkommen, gnädige Frau.«
    Benommen fuhr Fred v. Buckow nach Bonn zurück. Benommen von dem Eindruck in dem Haus Gerholdts, benommen von dem Vorschlag Frau v. Knörringens. Wie ein Gottesurteil, dachte er. Warten … warten … Und dann immer die quälende, ungelöste Frage: Warum schreibt sie nicht? Warum? Warum? Hat es ihr Vater verboten? Liebt sie mich nicht mehr? Warum? Es ist die alte Frage, die der Mensch im Laufe seines Lebens am meisten stellt und am wenigsten beantwortet erhält.
    Frau v. Knörringen entledigte sich ihres Versprechens mit der Gründlichkeit, die alles in ihrem Leben bisher bestimmte. Sie schilderte in einem sechsseitigen Brief genau die beiden Besuche Fred v. Buckows, zum Teil sogar mit Einzelheiten der Gespräche, und flocht als Ende die Betrachtung daran, daß dieser junge und sicherlich anständige und sich um ihre Gunst bemühende Mann es wert sei, eine kleine Antwort zu erhalten … ob negativ oder positiv, das bliebe natürlich Rita überlassen.
    Diesen Brief erhielt Frank Gerholdt, während Rita am Badestrand in der Sonne lag und sich bräunte. Er las ihn langsam durch und schüttelte mehrmals den Kopf, als er die Ratschläge Frau v. Knörringens am Ende des Briefes überflog.
    Ich hätte ihn doch töten sollen, dachte er vorwurfsvoll. Er wird keine Ruhe geben, er wird alles zerstören, was ich in Jahrzehnten mühsam aufbaute. Vor allem wird er mir Rita nehmen – und ich tauschte die ganze Welt ein gegen sie!
    Er meldete ein Ferngespräch an und hörte die Stimme Frau v. Knörringens klar in der Hörmuschel.
    »Hier Gerholdt!« sagte er kampfeslustig.
    »Hier –«
    »Ich weiß! Lesen Sie jetzt abends sehr viel? Vielleicht Courths-Mahler oder andere einschlägige Literatur?«
    »Herr Gerholdt!« Die Stimme Frau v. Knörringens war empört. »Wie soll ich Ihre Frage verstehen?«
    »Wir haben Ihren Brief bekommen.« Gerholdt sagte ›wir‹. Das hieß, daß er auch im Namen Ritas anrief und Rita hinter seinen Worten stand. »Wie kommen Sie dazu, diesen Lümmel ins Haus zu lassen und sich auch noch in ein Gespräch mit ihm einzulassen?«
    »Herr v. Buckow ist kein Lümmel.«
    »Er ist ein Lümmel! Wenn ich es sage, ist er ein Lümmel, verstanden?!« schrie Frank Gerholdt.
    In Düsseldorf am Rhein knickte Frau v. Knörringen ein. Oh, dachte sie. So ist das? Das habe ich nicht geahnt. Darum der schnelle Aufbruch nach Italien, darum die Tränen der kleinen Rita!
    »Er ist ein Lümmel, jawoll«, sagte sie in imitiertem militärischen Ton. Frank Gerholdt biß sich auf die Lippen.
    »Ich wünsche nicht mehr, daß sein Name genannt wird! Und wenn er noch einmal kommt, jagen Sie Othello auf ihn.«
    »Ich habe verstanden.«
    »Und Ihre Ratschläge sparen Sie sich bitte! Über Ritas Zukunft und über die Handlungen Ritas bestimme ich!«
    »Jawohl, Herr Gerholdt.«
    »Ende.«
    »Ende …«
    Frank Gerholdt verließ die Telefonkabine und trat an das Geländer der Hotelterrasse. Unten, am Strand, sah er den goldfarbenen Badeanzug Ritas. Sie lag nahe am blauen Wasser und sonnte sich. Ihre langen, braunen Beine hatte sie angewinkelt und die Arme unter den Kopf verschränkt. Wie Gold lagen die langen, blonden Haare glänzend auf dem Sand, golden wie der Trikot, der ihren schlanken Körper wie eine Fischhaut umschloß.
    Weg aus Europa müßte man gehen, dachte Frank Gerholdt. Nach Südamerika oder Südafrika … viele deutsche Fabriken bauen Zweigbetriebe oder Fertigmontagewerke in Südafrika –, warum sollten es die Rheinischen Stahlwerke nicht auch tun? Er hatte genug Auslandsguthaben in fast vierzig Staaten, um neue Fabriken in der ganzen Welt zu gründen.
    Argentinien – Ägypten – Liberia – Burma –
    Er überlegte und rechnete.
    Es würden einige Jahre ins Land gehen, ehe diese Werke arbeiteten. Und er würde von Land zu Land fahren, ruhelos wie Ahasver, Rita immer mit sich führend unter dem Vorwand, ihr die ganze Schönheit und Weite der Welt zu zeigen. Eine Weltreise als Flucht vor der Vergangenheit. Zwei, drei oder vier Jahre – wie anders sah dann die Welt aus. Es gab dann keinen Fred v. Buckow mehr … er würde Rita vergessen haben, war

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