Schicksal des Blutes
der Straße fiel sie Ny’lane um den Hals. „Wo warst du? Was hat das FBI gegen mich? Wo hast du den Anzug her?“
Seine Lippen legten sich auf ihre und er küsste sie zärtlich, bis alle Gedanken in den Hintergrund rückten. Ein Hauch kribbelte durch ihren Kopf. Sie entzog sich seinen verführerischen Liebkosungen. „Manipulierst du mich?“, fragte sie alarmiert.
„Ich wollte dir ein wenig Ruhe gönnen.“
„Lass das! Das entscheide ich allein.“ Sie nahm seine Hand und sie schlenderten wie ein normales Paar in Richtung ihres Penthouses. „Erzähl endlich.“
Ny’lane informierte sie leise über den Zeitungsbericht, der sich in groben Zügen mit der Vergangenheit ihrer Familie, ihren Artikeln unter Pseudonym und unter ihrem Geburtsnamen beschäftigte und von dem Foto, das ihn in Aktion zeigte. Von der Ermittlungsarbeit des FBI gegen sie, weil die Regierung längst nicht an ein Wetterphänomen glaubte, wie sie es der Bevölkerung zur Beruhigung weismachen wollte. Man verdächtigte sie, mit Wesen unter einer Decke zu stecken, weil sie als Erste wahrhaftige Nichtmenschen entdeckt und mehrfach über sie berichtet hatte, anscheinend, ohne dabei in Gefahr zu geraten. Die Fotografie von ihnen beiden mit den FBI-Agenten hatte die Regierung in der Annahme bestätigt. Das FBI war ratlos, wieso die Presse dennoch plötzlich von Folgeartikeln abgesehen hatte und er vermutete, Jonas und ihre Freunde hatten sich des Problems angenommen, während sie in Afrika und nicht erreichbar gewesen waren.
Amy schwieg eine Weile. „Du hast ihre Erinnerungen verändert.“
„Ja. Ich habe die Akte über dich verschwinden lassen und die wichtigsten Personen besucht. Bestimmt muss ich da noch weitere Stippvisiten abhalten, aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich regle das.“
Nein, deshalb machte sie sich die geringsten Sorgen. Sie drückte seine Hand. „Und weshalb warst du auf einmal verschwunden? Wurden wir verfolgt?“
„Es war Timothy.“
Amy runzelte die Stirn und blieb vor dem Gebäudekomplex stehen, in dem ihr Penthouse lag. „Das erklärt es aber nicht.“
Nyl knurrte leise, was Amy verwundert aufblicken ließ. „Jonas hat ihn geschickt, um uns gleich am Flughafen in Empfang zu nehmen. Ich erkannte ihn nur nicht.“
„Verstehe ich nicht.“
„Ich mag Timothy nicht. Er ist undurchsichtig. Als ich ihn angriff, wusste ich nicht, wer es war.“
„Ist er verletzt?“, flüsterte Amy. Sie mochte Timothy sehr gern. Er war ein ruhiger, rücksichtsvoller Mann, der sich rührend und feinfühlig um sie und vor allem um Sam gekümmert hatte. Sie verdankte ihm viel.
„Nein, dem geht’s ausgezeichnet.“
„Und dir?“ Amy beäugte ihn.
„Ging mir schon mal besser. Lass uns raufgehen.“
Amy beschlich das Gefühl, nicht die Wahrheit gesagt zu bekommen. Nicht zum ersten Mal, wie sie sich eingestand. „Weißt du, ich brauche mal ein wenig Zeit für mich. Ich lege mich in die Wanne und von mir aus können wir uns heute Abend im Schloss der Bakers treffen.“
Ny’lane senkte den Kopf und drückte ihre Hand, doch das Knurren konnte er nicht verbergen. Es gefiel ihm nicht, aber das war ihr momentan egal. In seiner Nähe war es ihr unmöglich, geradeaus zu denken. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, küsste ihn auf den Mund, haderte sogleich mit ihrer Entscheidung, und verschwand rasch hinter der Glasfront zur Lobby, bevor er widersprechen und sie es sich anders überlegen konnte.
Sie winkte Henry hinter dem Tresen zu, der sie verblüfft und erleichtert ansah. Sicherlich hatten ihn die FBI-Männer gezwungen, seinen Posten zu verlassen, damit er sie nicht vorwarnte. Sie zwinkerte ihm zu und er nickte zaghaft lächelnd. Er hatte verstanden, sie war ihm nicht böse.
„Demnächst mal ins Theater? Oder Oper?“, rief er.
Amy lachte. Die Fahrstuhltüren schlossen sich bereits. „Ja, wenn’s mal ruhiger ist.“ Das hatte sie ihm inzwischen schon einige Male versprochen.
In ihrer Wohnung machte sie nostalgisch gestimmt heavy Metall Balladen aus den 90ern an und füllte ein Tablett mit Leckereien. Mit einem großen Bissen Schokomuffin im Mund ließ sie sich in das heiße Badewannenwasser gleiten. Sie senkte die Lider. Entspannung und Wärme hüllten sie in einen wohligen Kokon und sie genoss den leisen Sound und die Leere in ihrem Kopf, bevor sie sich an die gewaltige Aufgabe begeben wollte, alles gedanklich zu sortieren.
„Hallo Amy.“
Wie ein Stromschlag im Wasser traf Amy der Schock, den diese Stimme
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