Schicksal des Blutes
porblickte. Er fühlte ihr Vertrauen ebenso wie ihre Furcht vor dem Unaussprechl i chen. Sie nickte. „Sicher.“
„Und was ist mit mir?“, brauste Lilith zur seiner Linken auf.
Timothy lächelte die alte Dame an. „Du darfst natürlich auch mitkommen, Lilith. Wir sind doch Freunde.“ Das Strahlen auf dem faltigen Gesicht erfreute ihn, dennoch blieb er der Dämonin gegenüber argwöhnisch. Ihre Launen hatten zu viele das Leben gekostet. Trotzdem würde er sie nett behandeln, vielleicht konnte sie tatsächlich helfen, die Wissenslücken zu füllen. Lilith kam ihm mit ihrer Art eher wie ein naives Kobol d kind vor als wie ein intriganter Killer. Und falls sie ihre Taten wirklich bereute, verdie n te auch sie eine zweite Chance.
Er führte sie über den breiten Steg bis zur ‚Lisa II‘, die Jonas nach dem Untergang der treuen Motorjacht ‚Lisa‘ für Samantha gekauft hatte. Die rasante und luxuriöse Nachfolgerin würde Sams und seinem ‚ExtremE‘ einige neue Kunden bescheren … wenn die Erde demnächst nicht unterging und sie ihren gemeinsamen Traum weiter verwirklichen konnten. Sein Familiengrundstück in den Kiefernwäldern hatte er samt dem Landhaus verkauft. Weder seine Schwester Josephine noch Elena-Joyce noch er würden jemals dahin zurückkehren. Den spärlichen Gewinn nach Abzug der Schulden hatte er auf Jonas’ Konto überwiesen, um die Kosten für Moms sichere Unterbringung auszugleichen. Nur aufgrund der Vereinbarung hatte sich Jonas breitschlagen lassen, das Geld anzunehmen. Nun würde er mit Sam zusammen für ihren Unterhalt arbeiten und er freute sich auf eine Zukunft mit ihr an seiner Seite. Er durfte nicht zulassen, von Nephilim alles zerstören und Unschuldige verletzen oder gar umbringen zu lassen. Timothy stieg in das Innere der Jacht hinab.
„Och nö. Du hast auch so ein hässliches Ding“, rief Lilith, als sie den Gedankente p pich von Zeemore auf dem Boden sah.
„Woran erkennst du ihn?“, fragte Timothy und bot Amy und Lilith einen Platz an. Fire blieb als Wachhund an Deck. Eine Aufgabe, der er sich voller Inbrunst widmete.
„Ach, die sind alle schäbig, unscheinbar und verflixt fein gewebt. Unverkennbar, wenn man mal einen von den seltenen Seidendingern in den Fingern hatte.“
Timothy runzelte die Stirn. Ny’lane hatte sich einen Teppich aus seinen Gedanken weben lassen. Der sollte auf der ‚Silver Angel‘ liegen. Hatte Lilith Jonas’ Seidenteppich gestohlen und erpresste ihn damit? Er wunderte sich, weshalb Jonas auf der Seite der Dämonin zu stehen schien, die Cira, Amy und Sam fast das Leben gekostet hätte. Er behielt seine Überlegungen für sich und ging vor dem Teppich auf die Knie. „Vor elf Tagen händigte mir Fay Havelland den magischen Gedankenteppich meines Vaters aus. Bisher fand ich keine Zeit, mich Zeemores Erinnerungen zu widmen.“
„Es ist viel passiert“, sagte Amy und lächelte ihm matt zu. „Du glaubst, das alles ist kein Zufall. Deine Begegnung mit Sam, der Tochter einer Sternträgerin, Nyls wie auch immer geartete Verbindung zu Jonas und dem Nephilim, die übernatürlichen Anzi e hungskräfte unter uns … Paaren, ist Schicksal.“
Timothy strich zärtlich über den seidigen Stoff, folgte der regenbogenfarbenen Lichtspur und lächelte. „Du sprichst aus, was ich denke, Amy. Ich fühle es, seit ich weiß, dass mein Blaues Blut kein Fluch ist, seit ich mich und meinen Vampirduft wi e dergefunden habe, seit ich glücklich mit Sam zusammen bin. Höhere Mächte sind im Spiel und ich dachte, ich gehöre nicht dazu. Jetzt vermute ich, ich bin ebenso wie du und Nyl Teil des Ganzen.“ Er ließ sich mit gespreizten Fingern nach vorn über den Teppich rutschen und tauchte tief in Zeemores Erinnerungen ein.
Timothy trat durch den niedrigen Durchgang und schritt in die alles umfassende Finsternis. Er b e fand sich im Bewusstsein seines Vaters; er war Zeemore, der diesen Augenblick aus seinem Leben für ihn verewigt hatte. Zeemores Körper war jung, erst vor wenigen Jahren durch Metamorphose zum Vampir geworden. Er hielt sich also ungefähr im Jahre 1660 auf und er wusste auch, an welchem Ort, obwohl er nichts sah und nichts fühlte und obwohl die Erinnerung zeitlich Dekaden vor seiner Geburt lag.
Zeemore verspürte die Macht der neun Fürsten und ging auf die Knie. Er neigte sein Haupt, da er das Gesetz des Rates übertreten hatte, als er einem Menschen mit seinem Blut ins Leben zurückhalf, weil dieser für seine Familie sorgen musste. Leise
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