Schicksal des Blutes
Mist, Mist, irgendwo muss ich mich verst e cken, sonst zerfetzt der mich, zersprengt mich in Atome. Ich könnt springen … i r gendwie zieht es mich sowieso seit einer Weile. Das hatte ich noch nie! Als sollte ich dem Ruf meiner Natur folgen. Hm, vielleicht bekommt die Oma Durchfall oder hat sich durch ein Schleudertrauma eine Nieren-, Darm- und Magenkolik zugezogen? Oder sie ist lange nicht befriedigt worden, was man aufgrund ihres Alters … Ich schweife ab, ich weiß. Danke für den Hinweis. Hättest mal früher damit angefangen, dann … Ich weiß, ich unterbreche mich zurzeit ziemlich oft, aber ich habe das Gefühl, nein, das hartnäckige Bedürfnis, die Oma zu verlassen. Warum auch nicht? Den and e ren kann ich nicht mehr helfen, Amy ist nicht mehr zu helfen, also: Rette sich, wer kann! Ich sammle mich und es läuft wie gewohnt, zisch und weg.
Bevor ich mich ganz in dem neuen Körper entfaltet habe, weiß ich, es ist endlich mal wieder ein junger Hüpfer, in dem ich mich breitmache. Es fühlt sich gut an. Ich würde mich am liebsten häuslich einrichten, es mir lässig bequem machen, wenn es nicht unmöglich wäre, ausgerechnet jetzt … Ich öffne die Augen, sozusagen, denn der Leib gehorcht meinem Willen nicht wirklich. Das macht mich wütend. So etwas ist mir bisher erst ein einziges Mal passiert, und das war in Nephilim. Heilige Sch…! Mir klappt die Kinnlade runter. Nur imaginär. Der junge Engel denkt nicht mal daran, meiner plumpen Geste zu folgen. Doch als mich das jahrhundertelang aufgestaute Glücksgefühl überschwemmt, wehrt sie sich nicht und ihr rollen silbrige Tränchen aus den wundervollen hellblauen Augen. Ich kann es nicht fassen! Ich-habe-einen-Körper-gefunden! Oh, bin ich nicht entzückend? Sieh dir diesen sexy Prachtleib an, und der wächst ja noch. Und er gehört mir! Die Macht der Engelin ist meiner ebenbürtig. Ich hätte zwar nie gedacht, dass mich so etwas freuen würde, aber ich könnte platzen vor Stolz. Genau das ist es! Sie ist es!
Aber warum bloß?
„Soll ich dir auf die Sprünge helfen, Lilith?“
Oh, was für eine liebliche Stimme sie doch hat. Sie mag mich. Hast du auch gleich bemerkt, nicht wahr? Normalerweise bin ich ja ein Blitzmerker … aber dieses Wohlg e fühl und die Autorität, die mich umgibt, macht mich ganz wuschig. Das ist verwirrend und sooo schön. Ich räuspere mich leise und bitte sie formvollendet, mich an ihrem Wissen teilhaben zu lassen. Megacool formuliert, wa?
„Ich wurde geschaffen von einem göttlichen Wesen, empfangen durch eine Dämonin, geboren durch einen Menschen.“
Ich höre förmlich, wie es in meinem Schädel rattert. Eine Dämonin? Sie meint mich? Ich blicke mich sinnloserweise um. Nein, eindeutig. Sie meint wirklich mich. Das ist unglaublich, aber wahr. Als Nephilim um Mitternacht des 1. Mai auf die Erde niederfuhr und begann, Menschenfrauen zu begatten, da steckte ich in Amys Körper. Erst nach der Besamung, igitt, warf Amy mich aus ihrem Leib, weil sie starb.
Ha, ich werd verrückt. Du hast aufgepasst! Die ganze Zeit? Cool! Jetzt imponierst du mir tatsächlich. Dämonen sind immer weiblich. Was auch sonst? Das einzig Wahre! Meist zumindest. Aber völlig wurscht! Ich bin der Grund, weshalb Nephilim eine Tochter gezeugt hat und ich habe mir, beinahe mit Absicht, hüstel, einen eigenen, mächtigen, bombastischen, unübertrefflichen, göttlichen Körper geschaffen!
„Ein Drittel göttlich“, verbessert die Engelin, oder wie man einen Engel mit Tittis nennt. „Und ohne dich wäre ich nicht, Dämon. Somit fühle dich wie Zuhause.“
Sie könnte sich Lilith nennen, jetzt wo wir eh eins sind. Der perfekte Körper für die Wiedergeburt der Lilith. Es lebe die Emanzipation! Ich spüre ihr liebevolles Lächeln und weiß, sie meint es ernst, ich habe ein Zuhause. Endlich! Irgendwie scheint es, man braucht doch irgendwann mal irgendwen. Mann, ausgerechnet Nephilims Samen verhilft mir zu meinem Körper. Das ist wirklich das Allerletzte!
Aber ich will mich nicht beschweren, denn dazu fühlt es sich zu richtig hier drin an. Ich könnt immer so weiterquasseln vor Glück … aber die Wolken brechen auf und ein Mann schwebt, wortwörtlich, wie Gott ihn schuf, mit ausgebreiteten Schwingen zur Erde hinab. Er ist es. So einen Adonis vergisst man nicht, wenn man ihn einmal erblicken durfte. Mir und ihr wird ganz heiß, unser Herz hüpft in erwartungsvollem Takt.
Nephilim landet wie ein junger Gott, federt anmutig leicht über den nassen
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