Schicksal des Blutes
solltest du auch tun. Der Älteste ich wichtiger als ein Fürst.“
Nyl ballte die Fäuste. Das durfte nicht wahr sein! Er hatte zwar immer gespürt, Jonas würde sein Schicksal sein, aber doch nicht so! „Niemals, das lasse ich nicht zu.“
„Du hast keine Wahl!“, sagte der Engel mit gleichgültiger Stimme zu ihm. Im selben Moment kippte Jonas leblos zur Seite und Amy erwachte in der Nähe. „Ich hole mir, was mir zusteht. Nicht mehr und nicht weniger!“
„Hey! Ich hab noch ’ne Rechnung mit dem Blutsauger offen“, beschwerte sich Lilith.
Nyl legte Jonas die Hand aufs Herz. Es stand still. „Nein!“, schrie er und wollte sich die Pulsader aufschlitzen, da kam Cira weinend angekrabbelt und übernahm. Nyl sprang auf. Er wollte zu Amy, doch eine fremde und ebenso bekannte Präsenz befand sich plötzlich zwischen ihnen. Er witterte die Macht des Wesens.
Das Engelskind! Es war geboren.
All sein Zorn sammelte sich in seinen Klauen und seinen Reißzähnen, als er zum tödlichen Sprung ansetzte.
~ ~
Amy glitt langsam aus der erfüllenden Geborgenheit, bis die Nässe ihrer Kleidung, Blitz und Donner, Schreie und Wehklagen in ihr Bewusstsein drangen und sie abrupt erwachte. Vor ihr saß ein nacktes Baby mit goldbrauner Haut, blonden Locken und weiß schimmernden Flügelchen. Die hellblauen Iris richteten sich auf sie. Amy holte tief Luft. Mit jedem Wimpernschlag alterte das Kind. Es erhob sich. Körper und Haar wuchsen, feine Züge formten ein hübsches Gesicht. Amy bewegte die Lippen, doch die aufgewühlten Gefühle ließen sich nicht in Worte fassen. Ihr Blick verschwamm, als das Engelchen sich ihr zuneigte und ihr zärtlich die Tränen fortstrich.
„Weine nicht“, hörte Amy in ihrem Kopf. „Du wirst für immer meine Mutter sein, die ich in meinem Herzen trage. Doch bei dir bleiben kann ich nicht. Meine Bestimmung war bereits bei meiner Zeugung eine andere. Lebe wohl, Amy. Ich werde über dich wachen.“
Aus dem Augenwinkel sah Amy etwas Schwarzes herbeifliegen. Erst dann hörte sie Ny’lanes Kampfgebrüll.
„Nyl, nicht!“ Amy riss den jugendlichen Engel beiseite und sie fielen auf den durchnässten Rasen. Nyl landete in Angriffsstellung. „Du darfst ihn nicht töten!“
„Weshalb nicht?“ Er baute sich vor ihnen auf wie ein Racheengel.
Amy liefen die Tränen hinunter und sie schnappte nach Atem, weil ihr Herz raste und ihre Gedanken sich überschlugen, als sie den fast erwachsenen Engel neben sich liebevoll ansah. „Sieh sie dir doch an“, hauchte Amy.
~ ~
„Weißt du, du alter Zankprotz, ich bin schon lange nicht mehr dein Speichellecker. Wir halten hier unten zusammen, komm doch, verwester Donnerlappen!“
Ich lasse die ausgelaugte Oma sich auf einen Randstein setzen, um Luft zu holen. Ich bin volles Risiko gegangen, aber es hat geklappt. Nephilim hat mich brutal rausgewo r fen und ich fiel zurück in den Körper der Oma. Zum Glück haben sich meine Freunde um Omi gekümmert. Wäre sie tot, wär’s auch aus mit mir. Aber ich bin noch da. Schön, nicht?
Der Orkan lässt nach, Meerwasser gluckert in die Bodenritzen. Ich sehe mich in dem Chaos um. Schaue nach oben. Wo ist der so plötzlich hin? Ob mein cholerischer Ex-Boss keine Lust … Mein Blick fällt auf Amy. Himmel Sakrament und heiliger Prach t leib! Ich fall vom Glauben ab. Sieh dir mal die Verführung an! Ja, dich meine ich. Wen sonst? Ich meine immer dich. Und, was sagst du? Jaaa, das Engelchen ist nackt, schon klar, dir fällt so was natürlich zuerst auf. Und weiter? Eine Sünde gegen den Heiligen Geist, ich bin so was von geplättet. Mann, ist die niedlich!
Ich sehe mich verstohlen um, ob mich jemand beim Spannen beobachtet, doch T i mothy, Sam und Cira versuchen, Jonas wiederzubeleben, und Amy den brodelnden Nyl davon abzuhalten, den Traum meiner schlaflosen Nächte umzubringen. Recht so! So etwas Wundervolles … Heiliger! Ja, schon wieder dieses Wort. Versteht ihr es denn immer noch nicht? Also ich bin ja sofort drauf gekommen! Und du? Komm schon, enttäusch mich jetzt nicht. Klasse , Adlerauge! Exakt, das Engelsbaby ist wei b lich!
Aber warum? Weshalb hat Amy nach sicherlich Millionen von Frauen aus verschi e denen Epochen endlich ein Mädchen geboren, ähm, gezaubert, gemacht …?
Ich schlucke heftig. Meine in Mitleidenschaft gezogenen Eingeweide drehen sich. Jetzt weiß ich endlich, wo Nephilim steckt. Der reist im Affenzahn auf die Erde, um sein Mädel in Empfang zu nehmen. Mist,
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