Schicksal des Blutes
sich und sie versuchte, die schlierenden Schatten fortzublinzeln. Nyl und Tight standen Gesicht an Gesicht. Ihre Mienen starr. Sie unterhielten sich wahrscheinlich mental. Shit! Und sie bekam das Wichtigste wieder nicht mit. Erst jetzt bemerkte sie Nyls harte Hand in ihrem Nacken. Er hatte sie g e packt und hielt sie beinahe aufrecht. Nun folgte ein rascher Schwenk und sie wurde wie eine Puppe aus Tights Raum hinausmanövriert. Tight lächelte, als hätte sie bestätigt bekommen, was sie wissen wollte.
Ny’lanes Brille senkte sich nahezu bis auf ihre Nasespitze, während sein Griff im Genick sie stillhielt. Er kochte. Das war kaum zu übersehen. „Du hast mich gezwu n gen, einzugreifen. Tu das nie wieder!“, zischte er und ließ sie so abrupt los, dass ihre leicht betäubten Knie fast ihren Dienst verweigerten.
Arroganter Prolet, warf sie ihm gedanklich an den Kopf und streckte den Rücken. Der Schreck und die Unsicherheit legten sich. „Vielleicht wollte ich ja, dass sie mich beißt.“ Amy brodelte. Sie hatte ihm nur helfen wollen. Indem sie ihn vor Selbstverstümm e lung abhielt und indem sie herausfand, was ihn bedrückte. Mistkerl! Sie ging, ohne anzuhalten, durch den Klub, bis sie vor der in der Wand verborgenen Tür mit dem Rosenrankenmuster stand. Die zurückgelassene Kleidung und ihre Handtasche lagen an derselben Stelle. Nyl hatte sie innerlich brodelnd wie glühende Lava verfolgt, auch wenn er nach außen hin versuchte, wie immer gelassen zu wirken.
Sie wandte sich zu ihm um. „Die hören alle auf dich, was?“
Er verschränkte die Arme vor der Brust, was ihn noch kräftiger erscheinen ließ.
„Die Weiber himmeln dich an. Du kannst mit ihnen machen, was du willst.“
Ny’lanes Gesicht neigte sich bedrohlich vor. Suchte er nach Worten? Hielt er sich und seine Aggressivität zurück? Ihm mussten viele Gedanken durch den Kopf schi e ßen, so lange , wie er für eine Reaktion auf ihre Provokation benötigte.
Das Knurren kam aus seinem tiefsten Inneren. „Ich benutze alle schwarzen Frauen.“
Amy schluckte seine Äußerung, ohne sich zu rühren. Sie hoffte, sich genauso gut im Griff zu haben wie der Granitblock vor ihr. Hatte sie sich mit ihrer dämlichen G e fühlsinterpretation in der Hölle eben geirrt. Er duldete sie nur, weil Cira ihn darum gebeten hatte. Er verschloss nicht einmal ihre Halswunde. Weil sie weiß war. Pah! Sie hätte Ähnliches erwarten müssen, dann wäre sie nicht so enttäuscht. Doch sie hatte nicht damit gerechnet, dass er mit der Wahrheit derart schroff herausplatzte.
„Also nutzt du auch Cecilia aus.“
Ny’lane knurrte und wandte sich ab. „Sie hat dir also geholfen, aus meinen Priva t räumen zu entwischen.“
„Das ist keine Antwort!“, warf sie ihm an den Kopf. Nicht nachlassen. Nicht zur Ruhe kommen lassen.
Er trat einen Schritt vor und öffnete mit einem kurzen Nicken die unsichtbare Tür. Sein Blick stach ihr hart ins Herz. „Nichts ist an dem Wort alle missverständlich.“
Amy war nicht überrascht. Nyl benutzte alle, ebenso diejenigen, mit denen er eine Beziehung führte. Was irgendwie aufs Gleiche hinauslief. Sie vergötterten ihn. Alle. Er trank von ihnen und vögelte sie, der Unterschied lag wohl nur darin, ob er es vorher ankündigte oder nicht. Wahrscheinlicher war aber, dass er gar kein Verhältnis einging. Wozu sollte er sich auch binden? Sie zogen ihn ja so schon in jede Gasse, boten ihr Blut und besprangen ihn.
Amy schritt energisch durch seine sterilen Räume und warf sich auf ein barockes, unbequemes Sofa. Er setzte sich ihr gegenüber, schlug ein Bein über, lehnte sich z u rück, lehnte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie … Warum saß er hier? Hatte er nichts Besseres zu tun, als sie zu nerven? Passte er nun auf sie auf?
Sie war so tief in ihre wütenden Gedanken vergraben, dass sie erst aufmerkte, als C e cilia ein Tablett auf den Wohnzimmertisch stellte. Cecilia lächelte sie an und ve r schwand. War das Dankbarkeit, die sie in ihrer Miene gelesen hatte? Traurige Dan k barkeit? Cecilia hatte es also nicht darauf abgesehen gehabt, sie im ‚Ekstase‘ unauffällig zu beseitigen … Der Groschen fiel scheppernd und brachte ihre im Zorn errichtete Mauer ins Wanken. Cecilia liebte Nyl und sie ertrug es nicht, wenn er sich schadete. Sie wusste wahrscheinlich als eine der Wenigen, was Nyl dort in seiner Hölle trieb. Vie l leicht hatte sie irgendwann einmal seine Wunden versorgt. Doch bestimmt hatte der allmächtige
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