Schicksal des Blutes
Abschnitte rasierte Braue. Was für ihn so viel hieß wie : W ie kommst du denn darauf?
„Afrika. Es atmet aus jedem ausgesuchten Möbelstück.“
Nyl trat an den Kamin. „Woher willst du wissen, ob es nicht wieder nur irgendein Themenraum ist?“
Amy lächelte ihn an. Das war einfach. Auch wenn sie vorher diese Assoziation ni e mals gehabt hatte. Wenn Ny’lane eines nicht war, dann romantisch. Dennoch war sie sicher. „Er passt zu dir.“
Ny’lane blickte sie skeptisch von der Seite an.
„Dunkel und beschützend, stark und wildromantisch.“
Nyls Miene verfinsterte sich.
„Außerdem duftet es hier nach dir.“
Er verzog einen Mundwinkel. „Nettes Putzmittel.“
„Aromaputzmittel Marke mürrischer Vampir, was? Quatsch“, sprach sie schneller als sie denken konnte, „es riecht nach dir. Balsamisch. Würzig. Nach Wald oder besser nach Holz. Frisch. Einfach gut. Ich kenne den Geruch irgendwo her …“
Ein wenig verunsichert beobachtete Amy, wie sich Nyl mit beiden Händen über das Gesicht rieb, als hätte er jahrhundertelang nicht geschlafen. Doch er sagte nichts. Er wusste fraglos, wonach er roch, was sie meinte. Dennoch kam er ihr nicht entgegen. Mistkerl. Alles musste sie selbst herausfinden. „Wo kann ich mich umziehen?“
„Dort.“ Ny’lane deutete in eine Richtung.
Schräg verdeckt hinter der rundgehaltenen Holzvertäfelung lag ein weiterer Raum. Amy blieb stehen und wusste nicht, ob sie breit grinsen oder erschreckt schlucken sollte. Das auf einem Podium stehende, robuste Doppelbett mit dem champagnerfa r benen Bezug bannte ihren Blick für eine Weile, schenkte ihr eine gewisse Anspannung, die sie eigentlich längst beiseitegeschoben hatte. Dicke Holzbalken trugen einen crem e farbenen Himmel als Moskitonetz. An der Decke darüber prangte ein Ventilator, de s sen Holzflügel die gesamte Breite des mit geschnitzten Ornamenten verzierten Bettg e stells umfassten. Hinter dem Bett hing ein riesiges Triptychon. Das dreiteilige Gemälde zeigte eine blühende Savanne in gedämpften Braun- und Orang e tönen.
Amy schüttelte lächelnd den Kopf über sich und ihre Gedanken, während sie sich rasch Pullover und Jeans anzog. Nun ja, sie war kein Kind mehr und schon gar nicht eines von Traurigkeit. Ny’lane würde sich ganz bestimmt nicht dazu herablassen, mit ihr zu schlafen. Obwohl sie sich im Tigerkäfig befand, würde sie nirgends sicherer sein. Auch das war irgendwie ein schönes Gefühl.
Amy betrat das gemütliche Wohnzimmer. Nyl stand immer noch wie angewurzelt an derselben Stelle. Sie lächelte in sich hinein. Allein das bestätigte ihre Annahme mehr als tausend Bekundungen. Er wollte nichts von ihr. „Darf ich mich setzen?“
„Natürlich.“ Er schien aus seiner Trance zu erwachen. „Möchtest du etwas trinken?“
Amy wandte sich lächelnd in dem Sessel zu ihm um. „Gern.“
„Was?“
„Was trinkst du hier so?“ Sie war aber auch gemein, sollte aufhören, ihn ständig au f zuziehen. Er hatte ihr sicher kein Blut angeboten. Zudem gab er weniger von sich preis, je stärker sie bohrte.
Nyl schritt in ihr Blickfeld und neigte den Kopf zu ihr herab. „Blut. Whiskey.“
Bevor Amy antworten konnte, breitete sich ein schelmisches Lächeln auf seinem Gesicht aus. Er verschwand für einen Moment und stellte gleich darauf zwei dickba u chige Gläser auf Untersetzer. Geschickt entfernte er einen Korken mit den Fingern und schenkte einen Schwups ein. Er nahm eine Kostprobe und füllte ein wenig in Amys Glas. Sie trank und hob die Brauen. Das Pflaumenrot, das fruchtige Bouquet … Sie kostete erneut den komplexen Geschmack des Rotweines.
„Ein Südafrikanischer“, riet sie, nicht ohne Hintergrunderfahrung, „aus der Nähe von Stellenbosch.“
Es war amüsant, mit anzusehen, wer hier wen mehr überraschte. Er mit dem erles e nen Weingeschmack und seinem Benehmen oder sie mit ihrem Wissen. Er drehte das Glas an dem langen Sti e l, schnupperte und probierte einen Schluck.
„Er hätte noch ein paar Jahre reifen müssen. Aber ist okay.“
Amy lehnte sich im Sessel zurück und sah in das knisternde Feuer. Wer hätte das g e dacht? Sie zumindest nicht. Dennoch musste sie sich immer vor Augen halten, dass er über ein Jahrhundert alt war und es für ihn keine Kunst darstellte, sie mit Beschlage n heit oder Geschick zu beeindrucken. Wollte er ihr auf einmal imponieren? Wozu? Sie beobachtete, wie sich Nyl ebenfalls ins Schlafzimmer begab und keine Sekunde später wieder
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