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Schicksal in seiner Hand

Titel: Schicksal in seiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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einen Bügel.
    »Stenosie-ren – des – Kar-zi-nom am Magenausgang«, buchstabierte er. »Aha!« Er ließ den Brief sinken und steckte die Brille wieder weg. »Stenosierendes Karz… Karzinom! Das hat meine Frau auch gehabt! Genauso stand es auf ihrem Totenschein. Man hat sie zwar operiert, aber es war schon zu spät.«
    Er brach ab und betrachtete den Professor aufmerksam. Dieser schien überhaupt nicht zugehört zu haben. Er blickte mit leeren Augen in die Ferne. Seine Hände waren schlaff herabgesunken.
    »Sie sollten sich auch operieren lassen«, riet das Männchen und spuckte in weitem Bogen aus. »Aber von einem wirklich guten Chirurgen. Meine Frau hat eben Pech gehabt. Es gibt da einen …«, er legte den Finger an die Nase, »warten Sie mal, wie hieß der doch gleich?«
    Plötzlich regte sich der ›alte Löwe‹. Wie aus einem bösen Traum erwachend, fuhr er sich über die Augen. Dann fiel sein Blick auf den Zahnlosen. Ekel stieg in ihm hoch. Er sprang ungestüm auf und humpelte, so schnell es seine Prothese erlaubte, davon.
    »He, Sie, Ihre Röntgenbilder!«
    Bergmann achtete nicht darauf. Er hastete weiter.
    An einer Wegbiegung holte ihn der Alte schließlich ein. Mit heraushängender Zunge stand er vor ihm, die Aufnahmen in der ausgestreckten Hand.
    »Da, Ihre Bilder und der Schrieb!«
    Bergmann riß die Papiere an sich. Ohne ein Wort des Dankes stelzte er davon.
    Kopfschüttelnd starrte ihm der Alte nach. Das war vielleicht ein komischer Patron! Plötzlich fiel ihm noch etwas ein. Erneut begann er zu laufen.
    »Ich weiß jetzt den Namen«, schrie er aus Leibeskräften hinter dem Professor her. »Hören Sie! Der Chirurg heißt Bergmann. Be-e-erg-ma-a-aann! Haben Sie mich verstanden? Aber er lebt nicht hier. Er lebt …«
    Der Professor blieb wie angewurzelt stehen und griff sich an die Stirn. Dann murmelte er leise vor sich hin:
    »Niemand entgeht seinem Samarkand.«
    Es war Abend geworden.
    Dr. Bruckner saß vor seinem Schreibtisch im Ärztehaus. Er hatte den Kopf in beide Hände gestützt und dachte nach. In diesen zwei Tagen hatte er in dieser Klinik wenig Erfreuliches erlebt. Lohnte es sich wirklich, all diese Demütigungen und Ungerechtigkeiten zu ertragen? Wie zuversichtlich und mit welcher Schaffensfreude war er hergekommen! Und nun?
    Er nahm seine Shagpfeife, stopfte sie und suchte mal wieder nach Streichhölzern.
    Da fiel sein Blick auf eine dunkelrote Rose. Sie stand, halb erblüht, mit ein paar glitzernden Wassertropfen auf den Kelchblättern, in einer schlanken Vase auf der rechten Schreibtischseite. Erstaunt fragte sich Bruckner, von wem wohl dieser duftende Gruß stamme und seit wann er dieses ungemütliche Zimmer als einziger Schmuck ziere.
    Er legte die Pfeife beiseite, stand auf und betrachtete die Rose genauer. Sie verströmte einen berauschenden Duft.
    Yvonne?
    »Unmöglich«, murmelte er vor sich hin. »Sie weiß ja überhaupt nicht, wer ich bin.«
    Seine Gedanken verharrten bei dieser faszinierenden Frau. Vergessen waren plötzlich aller Ärger und die beruflichen Sorgen. Thomas Bruckner verspürte ein eigenartiges, ihm bislang unbekanntes Gefühl – Sehnsucht! Er hatte Sehnsucht nach Yvonne, nach ihrem Lächeln, ihren Augen, ihren Bewegungen, ihrer melodischen Stimme, ihren lockenden Lippen …
    Es klopfte.
    Jäh kehrte er in die Wirklichkeit zurück.
    Sein ›Herein‹ klang nicht eben einladend. Wer mochte ihn jetzt noch stören?
    Auf der Schwelle stand Dr. Kurz. Erwartungsvoll blickte sie ihm entgegen. Ihre lustige Igelfrisur wirkte irgendwie zurechtgemacht.
    Scheu senkte sie den Blick und behielt die Klinke abwartend in der Hand. Bruckner ging ein paar Schritte auf sie zu. Er war sich nicht bewußt, daß er immer noch die Rose in den Händen hielt.
    »Guten Abend, Kollegin«, sagte er kühl. »Was führt Sie zu mir?«
    »Ich … ich wollte …«
    Ihre Verlegenheit rührte ihn. Schließlich konnte er diese Kollegin wirklich nicht für seine Depression verantwortlich machen. Im Gegenteil! Ilse Kurz war ihm als erste in diesem Haus nett und ohne Vorbehalt entgegengekommen.
    »Wollen Sie nicht Platz nehmen? Eine Zigarette?«
    »Ich freue mich«, erwiderte sie leise, »daß Ihnen die Rose gefällt. Ich … ich ahnte, daß sie Blumen mögen, und als ich zufällig einen Blick in Ihr Zimmer warf, da … Es wirkte so schrecklich leer.«
    »Sie haben mir die Rose gebracht?«
    Enttäuschung klang in seiner Stimme, aber er merkte es nicht. Er sah auch nicht, wie ein Schatten

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