Schicksal in seiner Hand
Johann wirkte auch zu komisch in seiner Verblüffung. Allerdings – der Professor konnte sich auch nicht entsinnen, seinem Chauffeur jemals einen solchen Auftrag gegeben zu haben.
»Hier – Sie können das Gemüse ja schließlich nicht stehlen!«
Johann kam zurück und nahm den Geldschein in Empfang.
»Fünfundzwanzig Rosen … dunkelrote …«
»Jawohl, dunkelrote«, rief ihm Bergmann noch nach. »Und zwar die schönsten, die Sie auftreiben können. Für meine Frau!«
»Noch einen Whisky?«
»Ja, aber diesmal pur!«
»Wie Sie wünschen, Monsieur!«
Thomas Bruckner kippte das scharfe Getränk unlustig hinunter. Er schalt sich ein Trottel, daß er – statt endlich wieder einmal richtig auszuschlafen – überhaupt hierhergekommen war. Wie konnte er auch so vermessen sein, anzunehmen, Yvonne würde im ›Troika‹ sehnsüchtig auf ihn warten.
Als ob sie nichts Besseres zu tun hätte! Eine Frau wie sie – es war einfach zum Lachen! Da hockte er nun wie ein Primaner und schielte mit bangem Herzen zur Tür. Aber sie, seine ›Traumfrau‹, dachte gar nicht daran, das Lokal zu betreten.
»John, noch zwei Whisky! Einen für Sie!«
»Sehr wohl, Monsieur. Besten Dank auch!«
Gelangweilt schaute Dr. Bruckner zu, wie der Barkeeper die Flasche holte, Gläser bereitstellte und eingoß. Da kam ihm plötzlich ein Gedanke. Ob dieser John vielleicht etwas wußte über Yvonne?
»Sagen Sie einmal, John … hm … wissen Sie zufällig …«
Er brach ab. Es war doch zu blöd, den Mixer nach Yvonne zu fragen und sich dadurch womöglich noch eine Blöße zu geben!
»Prost, John!«
»Auf Ihr Wohl, Monsieur!«
Dr. Bruckner spielte mit dem Fuß seines Glases und starrte wieder vor sich hin. Minuten vergingen. Der Barkeeper, an derartige Situationen gewöhnt, machte sich irgendwie zu schaffen.
Da fühlte Bruckner plötzlich eine Hand auf seinem Arm. Ungläubig blickte er zur Seite. Ein Brillant sprühte ihm entgegen. Die feingliedrigen Finger zogen sich allmählich zurück.
»Du?«
»Thomas!«
Er starrte sie an wie eine Fata Morgana. Langsam stand er auf, verbeugte sich und führte Yvonnes Hand an die Lippen.
»Du bist gekommen! Du hast gefühlt, daß ich hier warte! Ich … ich danke dir!«
Widerstrebend löste sie sich aus dem Bann seiner Augen. Man wurde bereits auf sie aufmerksam. Im Unterbewußtsein nahm Yvonne Bergmann die neugierigen Blicke wahr, die verstohlen zu ihnen hinschielten.
Sie mußte sich beherrschen!
Suchend sah sie sich um. John hatte sich diskret zurückgezogen. Jetzt neigte er, höflich einen Gruß murmelnd, den Kopf. Yvonne mußte lächeln. Der gute John! Was er wohl von ihr denken mochte?
»Bitte, bestelle uns was zu trinken«, wandte sie sich mit einem Lächeln an Dr. Bruckner. »Nur einen Schluck und dann …«
»… werden wir flüchten!« ergänzte er mit verschmitztem Lächeln.
»John, eine Flasche … wie gestern!«
Der Champagner schäumte in den Gläsern. Sie tranken einander zu, schwiegen und – wünschten sich beide das gleiche: endlich allein zu sein.
Hand in Hand wanderten Thomas und Yvonne an dem See entlang. Heimlich hatte er zwar gehofft, sie würden in die Villa fahren, aber … Wer konnte Yvonne schon widerstehen, wenn sie leise bat und die rätselhaften Augen um Vertrauen flehten?
Plötzlich blieb sie stehen und zeigte auf ein Gebüsch, dessen Zweige ins silberne Wasser tauchten.
»Schau, Thomas, ein Ruderboot.«
Blitzschnell legte sie ihm die Arme um den Hals, streckte sich etwas und hauchte ihm einen Kuß auf die Nasenspitze. Bevor er sie festhalten konnte, war sie ihm schon entwischt und bis an den Uferrand getreten.
»Paß auf, Yvonne!« rief er besorgt. »Schließlich bist du keine Nixe. Wasser hat bekanntlich keine Balken.«
»O doch!« Sie wies auf ein Boot. »Diese Balken würden uns herrlich über die glitzernde Fläche schaukeln. Schon als Kind habe ich mir immer eine Bootsfahrt im Mondschein gewünscht. Mit einem Märchenprinzen, weißt du?«
»Romantische Zauberin!«
»Wollen wir?«
Yvonne stand vor ihm. Langsam ging er auf sie zu, streckte beide Arme aus und zog sie sanft an sich. Zärtlich liebkosten seine Lippen ihre Stirn, die Augen, die Wangen … und suchten dann ihren Mund.
Lautlos glitt das Boot über die spiegelnde Wasserfläche. Am Ufer standen leichte Nebelschwaden. Sie bewegten sich wie zarte Schleiergewänder im Spiel der Mondstrahlen.
Yvonne hatte sich etwas zurückgelehnt. Mit verträumtem Lächeln genoß sie den
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