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Schicksal in seiner Hand

Titel: Schicksal in seiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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plötzlich in Romantik.«
    »In seinem Alter!« kommentierte ein junger Assistent übermütig. »Wohin soll denn die Reise gehen?«
    »Er hat mir eine Adresse in Südfrankreich hinterlassen. Sie müssen übrigens jetzt schon unterwegs sein, die beiden Turteltauben. Heute morgen wollte es abschwirren, das ungleiche Paar. – Ja, Alter schützt vor Torheit nicht!«
    Dr. Wagner hatte das empfindliche Organ zu stark strapaziert. Die Gallenblase platzte. Zähflüssig verbreitete sich ihr Inhalt. Zahlreiche Steine traten mit aus.
    »So etwas!« schrie er. »Können Sie nicht aufpassen? Es ist Ihre Aufgabe, so etwas zu verhindern.«
    Der Assistent schwieg zu den unberechtigten Vorwürfen. Er wußte, daß es keinen Sinn hatte, sich dem Oberarzt gegenüber zu verteidigen. Bei so einem Disput zog man ohnedies immer den kürzeren.
    Dr. Wagner stopfte die Bauchhöhle mit feuchten Tüchern aus, um zu verhindern, daß die Gallenflüssigkeit tiefer eindrang. Er ächzte hörbar bei dieser Arbeit und schimpfte leise vor sich hin. Mit einer langen Pinzette fischte der Assistent die einzelnen Steine heraus.
    »Na, macht nichts!« verkündete Wagner im Grundton tiefster Überzeugung. »Wir drainieren einfach, dann geht alles gut. Hauptsache, die Gallenblase ist raus!«
    Er unterband ein paar blutende Adern und trennte das eingerissene Organ ab. Dann nähte er in der Tiefe. Schließlich warf er den Nadelhalter auf den Tisch zurück.
    »Zunähen!« befahl er und überließ dem Assistenten seinen Platz. Fragend wandte er sich an die Schwester: »Das war die letzte Operation heute?«
    »Sie haben doch selbst den Plan geschrieben, Herr Oberarzt«, erwiderte sie schnippisch. »Soviel mir bekannt ist, ja.«
    »Wer hat Dienst?«
    Auf einen Wink der OP-Schwester hin brachte der Pfleger eine kleine Holztafel herbei. Er musterte eingehend den aufgehefteten Dienstplan und las schließlich vor:
    »Dr. Rademacher, Dr. Kurz, Dr. Bruckner.«
    »Sollen sofort hierherkommen!«
    Der Oberarzt ging zum Waschbecken und begann, sich sorgfältig zu reinigen. Einige Blutstropfen waren bis zu seiner Stirn hochgespritzt. Noch einmal trat er an den Operationstisch. Er schaute zu, wie der Assistent die Hautlappen vernähte und die langen Gummischläuche, die aus der Wunde herausragten, mit einigen Stichen an der Bauchdecke befestigte.
    »Kleben Sie auf alle Fälle die Drains recht fest. Es wäre unangenehm, wenn die rausrutschen würden. Mit der Galle im Bauch könnte das für die Patientin sehr peinlich werden.«
    »Sie haben uns rufen lassen, Herr Oberarzt?«
    Dr. Wagner wandte sich langsam um und beäugte mißtrauisch, unter zusammengekniffenen Brauen, das vor ihm stehende Ärzte-Trio. Mit einem Schwung, der lässige Eleganz andeuten sollte, riß er sich die Gummischürze ab und schleuderte sie in hohem Bogen in die Ecke.
    »Sie drei haben also heute Dienst … hm … Dr. Rademacher übernimmt als Ältester die erste Etappe, dann kommt Dr. Kurz und dann …«, er grinste wie ein Faun, »… zum Hackenhalten unser Protektionskind. Verstanden?«
    »Jawohl, Herr Oberarzt!«
    Aribert Rademacher parodierte einen Rekruten. Er stand stramm und legte beide Hände an die Kitteltaschen. Jedoch -Wagner merkte den Scherz nicht. Er nahm die militärische Haltung als einen Tribut, den man seiner jetzigen Stellung als Klinikleiter zollte.
    »In Ordnung!« schnarrte der Oberarzt. »Ich fahre nachher weg. Beim Pförtner hinterlasse ich eine Telefonnummer. Aber nur für dringende Fälle, bitte ich mir aus! Alles klar?«
    »Alles klar«, echote Dr. Rademacher.
    »Gut, Sie können gehen!«
    »Der Kerl ist einfach sträflich blöd«, wandte sich Aribert Rademacher draußen an seine beiden Kollegen. »Der kapiert nicht einmal, wenn man ihn aufzieht. Schade!«
    »Dennoch waren Sie köstlich und … und ich möchte dieses Schauspiel nicht missen«, versicherte Ilse Kurz mit einem bewundernden Blick auf den Anästhesisten.
    Dr. Rademacher fühlte sich geschmeichelt. »Wenn Sie meinen«, gab er sichtlich verlegen zurück. »Übrigens, die Telefonnummer kenne ich. Rein beruflich, natürlich! Ist eine frühere Kollegin. Hat einen gutgefüllten Weinkeller! Na ja, jedem Tierchen sein Pläsierchen!«

14
    »Wie spät ist es?«
    Yvonne versuchte, im flackernden Kerzenschein das Zifferblatt ihrer Armbanduhr zu erkennen. Ihre Augen brannten vor Müdigkeit. Sie war den ganzen Tag nicht vom Krankenlager ihres Mannes gewichen. Sie hatte gespürt, daß ihn ihre Gegenwart beruhigte.
    »Bald

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