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Schicksal in seiner Hand

Titel: Schicksal in seiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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denn?«
    »Ich weiß es nicht. Als ich sie fragen wollte, war das Gespräch plötzlich weg. Das ist in letzter Zeit schon häufiger vorgekommen. Wir müssen mal die Störungsstelle benachrichtigen.«
    Die Klinik zitterte unter der neuen Leitung des Oberarztes. Dr. Wagner genoß es weidlich, seine Herrschergelüste an allen ihm unangenehmen Untergebenen auszulassen. Schon wenige Stunden nach dem folgenschweren Anruf Professor Bergmanns wünschten viele, die insgeheim für einen jüngeren Chef plädiert hatten, den ›alten Löwen‹ sehnlichst wieder herbei.
    Dr. Bruckner ließ sich in seiner Arbeit nicht stören. Nach dem gestrigen Zusammenstoß mit dem Oberarzt hatte er nichts mehr von Theo Wagner gehört. Ruhig und liebenswürdig behandelte er seine Patienten, ignorierte den passiven Widerstand Schwester Euphrosines und versuchte, »Herkules« bei der Stange zu halten.
    Gegen Mittag kam Dr. Rademacher in die Poliklinik. Mürrisch empfing ihn Schwester Euphrosine.
    »Was wollen Sie? Halten Sie hier bloß nicht den Betrieb auf!«
    »Keine Sorge, werte Dame!« entgegnete er mit dem Grinsen eines Kobolds. »Ich suche lediglich meinen Kollegen Bruckner.«
    »So, den!« sagte sie voller Verachtung. Ihr knochiger Zeigefinger wies in Richtung einer spanischen Wand. »Den finden Sie hinter dieser Barriere. Er arbeitet nicht mehr mit uns in aller Öffentlichkeit.«
    »Was gibt's, Herr Kollege?« ertönte in diesem Augenblick Bruckners Stimme. »Ich komme gleich.«
    »Und ich bin schon hier!« Über der Abtrennung wurde ein blonder Schopf sichtbar. »Ich wollte Sie eigentlich nur zum Essen abholen. Habe heute ein wenig Zeit. Die Chefoperationen fallen aus, weil der Alte nicht kommt.«
    »Ich hörte davon.«
    Dr. Bruckner klebte das Ende des Fingerverbandes mit einem Pflasterstreifen fest. Er gab dem Patienten einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter und erhob sich.
    »Kommen Sie in drei Tagen wieder. Die Wunde wird bald geheilt sein.«
    »Ich merke es, Herr Doktor«, versicherte der Kranke strahlend. »Es juckt schon tüchtig.« Seine Verbeugung wirkte unfreiwillig komisch. »Ich danke auch schön!« rief er noch zurück.
    »Das sagen sie alle!« Aribert Rademacher lächelte nachsichtig. »Ich habe auch mal ein Jahr in dieser Poliklinik gearbeitet. Die Patienten waren steif und fest davon überzeugt, daß Jucken gleichbedeutend sei mit Heilung. Dabei kommt es nur vom Verband und vom Pflaster.«
    Dr. Bruckner war vor die Wand getreten. »Sind Sie mir bitte nicht böse«, wandte er sich an Rademacher, »wenn ich zuerst noch die paar Fälle abfertige. Ich möchte die Leute ungern warten lassen, bis ich gegessen habe.«
    Mit lautem Knall flog die Tür hinter Schwester Euphrosine ins Schloß.
    »Ihre unvergleichliche Stütze denkt darüber allerdings anders«, erwiderte der Narkosearzt amüsiert. »Aber Sie haben recht und … das ehrt Sie, mein Bester. Nur … mit solchen Methoden werden Sie es hier nicht allzuweit bringen.«
    »Darauf kann ich leider keine Rücksicht nehmen, wenn es sich um meine Patienten handelt.«
    »Sie sind in Ordnung, Kollege Bruckner! Ich habe es gleich erkannt. Wissen Sie, was? Wir beide verarzten die restlichen Fälle gemeinsam, dann geht es schneller.«
    Thomas Bruckner wollte protestieren, aber Dr. Rademacher war bereits zur Tür geeilt.
    »Der Rest!« schrie er mit Stentorstimme auf den Gang hinaus. »Herein mit euch, die ihr mühselig und beladen seid. Wir wollen versuchen, euch zu heilen. Die Erquickung folgt hoffentlich auf dem Fuß!«
    In einer knappen halben Stunde hatten sie es geschafft. Der letzte Patient war soeben, schüchtern ein »Danke sehr!« murmelnd, gegangen. Auch ›Herkules‹ hatte sich bereits in Richtung Kantine verzogen. Sein Magenknurren war unüberhörbar gewesen.
    »Das wäre erledigt!« verkündete Aribert Rademacher befriedigt. »Hoffentlich ist jetzt noch etwas in der Gulaschkanone!«
    Nebeneinander gingen sie den Korridor entlang.
    Dr. Bruckner hüllte sich in Schweigen. Die freundschaftliche Geste seines Kollegen hatte ihn beglückt. Aber er wollte dieses Empfinden, die Freude über die selbstverständliche Hilfsbereitschaft, nicht in abgedroschenen Phrasen zum Ausdruck bringen.
    »War mein Tip ›Troika‹ gut gewesen?« wollte Rademacher plötzlich wissen. »Ich habe noch gar nichts von Ihnen gehört.«
    Im ersten Impuls war Bruckner versucht, Farbe zu bekennen. Doch dann überkam ihn eine eigenartige Scheu, sein Erlebnis mit dieser Frau preiszugeben. Es

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