Schicksal!
ursprünglichen Pfaden finden würden.«
»Normalerweise funktioniert das auch so«, bestätigt
Faulheit.
»Woher willst ausgerechnet du das wissen?«, fragt
Völlerei.
»Alter, ich hab nicht in
jeder
Unterrichtsstunde geschlafen.«
Faulheit
fährt mit seiner Erklärung der Pfad-Theorie und dem Theorem der Universellen Korrektur fort. Es klingt ungefähr so wie bei
Karma,
hört sich aus dem Mund eines narkoleptischen Kiffers allerdings gänzlich anders an. Viel weniger Betonung des Spirituellen und viel öfter »Alter«.
»Das erklärt aber immer noch nicht, wieso meine Menschen einfach angefangen haben, zu sterben«, gebe ich zu bedenken.
»Vielleicht ist noch was anderes passiert«, überlegt
Faulheit
laut. »Vielleicht war es gar nicht deine Schuld.«
»Was denn zum Beispiel?«, frage ich.
»Ich weiß nicht, Alter«, erwidert
Faulheit.
»Ich sage nur, dass du vielleicht irgendwas übersehen hast. Wenn es um mich ginge, würde ich da sichergehen wollen.«
»Wenn es um dich ginge, Alter«, wirft
Völlerei
ein, »wäre überhaupt niemand gestorben. Sie wären höchstens alle eingeschlafen.«
»Voll, ey«, gähnt
Faulheit.
»Da wir gerade dabei sind: Es stört euch doch nicht, wenn ich ein kleines Nickerchen einlege, oder?«
Und bevor wir darauf antworten können, ist er weg vom Fenster. Mit sperrangelweit geöffnetem Mund fängt er sofort an zu schnarchen.
»Die Rechnung, bitte!«, rufe ich.
45
D ie Feiertage sind normalerweise meine Lieblingszeit, um meine Menschen bei ihren größten Ausschweifungen zu beobachten.
Weihnachtskörbe, gefüllt mit Beluga-Kaviar, Gänseleberpastete und rosafarbenen Kaschmirsocken.
Kaufhäuser, überladen mit Lockangeboten, Versuchungen und Superextrasonderschnäppchen.
Einkaufszentren, vollgestopft mit Männern und Frauen, die mehr ausgeben, als sie sich leisten können.
In der Vergangenheit hätte ich hier gesessen und dem Aufmarsch der unersättlichen Menschen beim Geldausgeben und Konsumieren zugesehen, während sich ihre Zukunftsgedanken in der Auswahl und der Bedeutung ihrer Weihnachtsgeschenke erschöpft hätten. Aber dieses Jahr komme ich einfach nicht in die richtige Weihnachtsstimmung. Zumindest nicht so wie sonst.
Stattdessen sitze ich auf einer Bank in der South Street Seaport-Mall gegenüber von Abercrombie & Fitch und beobachte den Pulk der Weihnachtsverrückten bei ihrem fieberhaften Konsum. Und ich glaube, ich beginne zu verstehen, weshalb die Leute sich in die Schuldenfalle treiben und ihre Kreditkarten so stark belasten, dass sie die Rechnungen noch im Juni abbezahlen werden.
Es liegt nicht daran, dass ihre Leben bedeutungslos sind und dass sie versuchen, die innere Leere mit Godiva, Cartier und Victoria’s Secret zu füllen. Es liegt daran, dass es Menschen in ihren Leben gibt. Freunde, Familie und Geliebte, die ihnen wichtig sind. Jemanden, den sie verwöhnen wollen. Jemanden, für den sie etwas Besonderes suchen. Jemanden, dem sie zeigen wollen, wie sehr sie ihn lieben.
Stimmt schon, die meisten von ihnen sind – was die Art, ihre Liebe zu zeigen, anbelangt – fehlgeleitet. Sie verschenken Schokolade, Schmuck oder Dessous, statt ihre Liebe täglich und frei von Strichcodes unter Beweis zu stellen. Aber zumindest was ihre Absichten angeht, schlägt ihr Herz am rechten Fleck.
Ich bemerke das, weil ich zum ersten Mal in meinen zweihundertfünfzigtausend Jahren auf diesem Planeten selbst jemanden habe, den ich besonders verwöhnen möchte. Jemanden, dessen Existenz meine eigene bereichert. Eine Person, bei der ich es kaum erwarten kann, sie in dem luftigen Spitzenbabydoll mit dem dazu passenden lilafarbenen Seidenhöschen zu sehen, das ich ihr bei Victoria’s Secret gekauft habe.
Nebenbei bemerkt: Ich frage mich, wie ich das als Geschäftsausgabe verbuchen kann.
Mein Mund formt sich zu einem Lächeln, als ich mir Saras Gesichtsausdruck vorstelle, wenn sie die Schachtel aufmacht. Als ich mir ihre Reaktion und ihr Lächeln vorstelle. Als ich mir vorstelle, wie gut die Farbe zu ihrem hellen Teint aussehen wird. Dann sagt eine Stimme: »Hallo! Na, wenn das mal nicht Mr. Happy ist.«
Und plötzlich stelle ich mir ein ganz anderes Szenario vor.
Denkt an so was wie eine Enthauptung.
Oder eine Vierteilung.
Oder die Hexenprozesse von Salem.
»Ja, sind wir etwa gut gelaunt?«, flötet
Bestimmung,
bevor ihr auffällt, dass mein Lächeln sich in Luft aufgelöst hat. »Na ja, vielleicht auch nicht.«
Und ehe ich protestieren kann, sitzt sie neben
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