Schicksal!
mir auf der Bank.
»Also, wie ist es so, seine Kräfte zu verlieren?«, fragt
Bestimmung.
Um es auf den Punkt zu bringen:
Bestimmung
ist sichtbar.
Sämtliche Männer um uns herum glotzen in unsere Richtung. Diejenigen unter ihnen, die mit ihren Frauen oder Freundinnen unterwegs sind, tun so, als würden sie nicht starren, doch die meisten scheitern kläglich. Es ist schwierig,
Bestimmung
nicht zu bemerken – besonders wenn sie aussieht wie eine nuttige Weihnachtselfe.
Sie trägt eine rote Weihnachtsmannmütze, einen roten Pullover mit Schildkrötkragen aus Velours, einen ultrakurzen rotkarierten Schulmädchenminirock und rote, bis zur Mitte der Wade reichende Lackstiefel mit Plateausohle.
»Willst du mir nicht frohe Weihnachten wünschen?«, fragt sie.
Mein erster Impuls ist, ihr zu sagen, dass sie sich zum Teufel scheren soll. Aber das wäre nicht besonders weihnachtlich, und ich möchte mir von
Bestimmung
nicht meine gute Laune verderben lassen. Davon abgesehen ist sie bereits beim Teufel gewesen. Wir alle waren bei ihm in der Hölle. Die Hölle ist einer der Orte, die man zumindest einmal in seiner Existenz besucht haben muss.
»Du bist ganz auf das Fest eingestimmt«, bemerke ich und deute auf ihre breiten, enganliegenden Schellenarmbänder, die wie Glöckchen klingeln.
»Ich hielt das für eine neckische Note.«
Bestimmung
schüttelt eines ihrer Handgelenke, dass es nur so bimmelt. »Ich kann so gut wie alle möglichen Weihnachtslieder spielen. Mein Lieblingssong ist
A Holly Jolly Christmas.
Aber den spiele ich nur in der Missionarsstellung.«
Als ich darauf nicht weiter eingehe, streicht sie sich über die Schenkel und fragt: »Lust auf ein paar Rentier-Spielchen? Übrigens: Ich trage keine Unterwäsche …«
Was für eine Überraschung.
»Vielleicht könnte ich mir welche von dir ausleihen«, meint
Bestimmung
und schielt in meine Einkaufstasche von Victoria’s Secret. »Ein Geschenk für jemanden? Oder ist das Teil eines ganz neuen Sergio?«
»Es ist ein Geschenk«, erwidere ich und schiebe die Tasche auf die andere Seite.
»Für wen?«, erkundigt sie sich und hebt die linke Augenbraue.
Als ob sie das nicht wüsste.
Aber
Bestimmung
starrt mich unbeirrt mit ihrem Grinsekatzen-Lächeln an und wartet ab.
Doch ich habe den längeren Atem.
»Dir liegt wirklich was an ihr, oder?«, fragt sie schließlich.
Ich stelle mich dumm: »An wem?«
Wir wissen natürlich beide ganz genau, wovon wir reden. Ich bin nur nicht gewillt, irgendetwas zuzugeben. Für den Fall, dass
Bestimmung
verwanzt ist. Noch mehr Schwierigkeiten als die, in denen ich stecke, kann ich nicht gebrauchen.
»Dir ist klar, dass du nicht mit ihr zusammen sein kannst«, sagt
Bestimmung.
Ein kleiner Junge, nicht älter als sechs Jahre, zeigt auf
Bestimmung
und fragt seine Mutter, ob er sich auf den Schoß des Weihnachtsmannes setzen darf. Der Vater sieht aus, als würde er gern das Gleiche fragen.
»Es ist wirklich traurig«, meint
Bestimmung,
schüttelt ihr Handgelenk und lässt die Glocken klingen. »Wir hatten so viel Spaß zusammen, du und ich. Wir haben gemeinsam die Zukunft der Menschen kontrolliert. Den Kosmos in der Balance gehalten. Und all die Jahrtausende, die wir mit Noncontact-Sex verbracht haben. Auf der Chinesischen Mauer. Während des Trojanischen Krieges. Im Vatikan …«
Eine ältere Frau, die auf der Bank gegenüber von uns sitzt, funkelt
Bestimmung
missbilligend an.
»Sergio, trotz allem: Ich werde dich vermissen.«
»Tja. Noch bin ich nicht endgültig raus aus dem Job«, wende ich ein. »Du kannst dich mit deiner Sentimentalität also ruhig ein wenig zurückhalten.«
»Ach, komm schon, Seeeeeergio. Glaubst du ernsthaft, Jerry gibt dir deinen Job zurück, nachdem du achtunddreißig Menschen umgebracht hast?«
»Ich wollte nicht, dass sie sterben!«, entgegne ich ein bisschen zu laut.
Die ältere Frau steht von der Bank auf und entfernt sich. Der Blick, den sie uns über die Schulter hinweg zuwirft, verrät mir, dass wir besser verschwinden sollten, ehe sie den Sicherheitsdienst alarmiert.
»Nun denn, Sergio. War schön, dich zu treffen«, verabschiedet sich
Bestimmung,
während sie klingelnd aufsteht. »Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest – ich hab ein Date mit
Zufall.
«
Von meiner Bank aus sehe ich ihr nach – so wie viele andere. Männer und Frauen, die von
Bestimmungs
Reizen gefesselt werden, drehen die Köpfe. Ihr schlanker, roter, verführerischer Körper gleitet durch die Menge wie der
Weitere Kostenlose Bücher