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Schicksal!

Schicksal!

Titel: Schicksal! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.G. Browne
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die Gesellschaft der beiden auch schätze.
    »Ich weiß es nicht«, antworte ich. »Ich glaube, ich suche einfach nach etwas, das … mehr ist.«
    »Ich weiß genau, was du meinst«, sagt
Völlerei
und mustert eingehend das halbe Eiersalat-Sandwich, das noch vor mir steht. »Isst du das noch auf?«
    Ich lasse
Faulheit
und
Völlerei
im Bistro zurück –
Völlerei
hat noch Hunger, und
Faulheit
ist auf seinem Stuhl eingeschlafen – und suche mir eine abgelegene Straße, um mich unsichtbar zu machen, ehe ich mich zum Union Square begebe. Mein Radar nimmt dort Männer, Frauen und Kinder wahr, für die Schicksale mit jeder Menge Elend, Erfolglosigkeit und Abhängigkeit vorgesehen sind.
    Obwohl sich mein Schicksals-Radar nicht wirklich abstellen lässt, kann ich es zumindest herunterregeln oder bestimmte Frequenzen ausblenden. Da von den Menschen sowieso nahezu keiner je sein Potenzial voll ausschöpft, konzentriere ich mich auf ihr Scheitern und filtere alles andere heraus. Dadurch vermischen sich die Leute und bilden sozusagen eine einzige Geräuschkulisse. Eine Art weißes Rauschen. Wie ein Ventilator. Oder wie Verkehrslärm. Oder wie die Brandung. Das kann sehr beruhigend sein. Wie könnte ich sonst jemals nachts einschlafen?
    Stell dir vor, du willst einschlafen oder einen Brief schreiben oder meditieren, während Millionen von Gesprächen die Luft um dich herum erfüllen. Es ist schon schwer genug, sich zu konzentrieren. Da ist es fast unmöglich, auch nur einen einzigen eigenen Gedanken zu denken. Ich habe ein paar Jahrtausende gebraucht, um mich daran zu gewöhnen. Und das war, bevor die Menschen sich abgewöhnt haben, in einem vernünftigen Alter zu sterben.
    Natürlich sendet nicht jeder Mensch ein Signal aus, das ich empfangen kann.
    Während ich – unsichtbar für jedermann und trotzdem unter dem Dauerfeuer ihrer Schicksalsdaten – stadteinwärts durch den Gramercy Park gehe, stoße ich gelegentlich auf weiße Flecken auf meiner inneren Landkarte. Das ist etwa so, als ob man in einem kalten Meer oder See schwimmt und plötzlich eine warme Strömung kreuzt, die einem klarmacht, wie kalt das Wasser tatsächlich ist.
    Diese warmen Stellen sind Orte der Bestimmung. An ihnen sammelt sich die Energie, die von denjenigen abgestrahlt wird, die sich auf dem Pfad ihrer Bestimmung befinden.
    Meist ignoriere ich diese Leerräume.
    Diese wärmenden Umarmungen aus Luft.
    Diese Erinnerungen an meine eigene Begrenztheit.
    Aber von Zeit zu Zeit halte ich an und schaue mir das Ganze näher an, versuche, die Strukturen zu ergründen und herauszufinden, was diesen Menschen anders macht. Warum dieser Mensch gesegnet ist. Weshalb er sich seiner Bestimmung nähert, statt seinem Schicksal unterworfen zu sein.
    Oder in diesem Fall ihrem.
    Eine warme, luftige Umarmung in Gestalt einer Frau steht gerade an einem der Tische im Außenbereich von Pete’s Tavern. Sie kommt mir bekannt vor, aber ich kann sie nicht gleich einordnen. Bei mehr als fünfeinhalb Milliarden meiner eigenen Menschen, die ich auf dem Schirm behalten muss, ist es nicht weiter verwunderlich, dass ich mich nicht an eine Frau erinnern kann, die sich auf dem Pfad von
Bestimmung
bewegt.
    Man sollte denken, dass ich mittlerweile aufgegeben und mir ein BlackBerry oder so etwas zugelegt hätte. Nichts da! Ich bin da von der alten Garde und habe gern alles selbst im Kopf. Klar, manchmal vergesse ich einen Namen. Wie damals bei Napoleon, den ich dann einfach »Kurzer« genannt habe. Ein ziemlich peinlicher Moment.
    Während ich überlege, woher ich diese Frau kenne, sagt sie im Gehen etwas zu dem Kellner, und mir wird klar, dass sie die neue Mieterin in meinem Apartmenthaus ist. Die Frau auf dem Dach, als
Bestimmung
und ich Noncontact-Sex hatten.
    Ich folge meiner neuen Nachbarin. Etwas an ihr zieht mich an. Ich weiß noch immer nicht, was es ist, und kann es mir auch nicht erklären. Es ist nicht bloß reine Neugierde oder mein Wunsch, herauszufinden, was sie von den Menschen auf meinem Pfad unterscheidet. Da ist noch irgendetwas anderes. Dasselbe Etwas, das ich schon auf dem Dach wahrgenommen habe, als ich ihre Stimme zum ersten Mal hörte. Etwas, das ich nicht benennen kann.
    Also folge ich ihr ein paar Blocks weit, beobachte ihre Bewegungen und ihren Gang. Versuche zu verstehen, was genau es ist, das mich so an ihr fasziniert. Mit einem Mal fällt mir auf, dass alle Passanten auf dem Bürgersteig lächeln, wenn sie vorbeiläuft. Sie selbst lächelt die Leute nicht

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