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Schicksalsfäden

Schicksalsfäden

Titel: Schicksalsfäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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höhere Halbwelt, Kurtisanen und ihre Beschützer, Spieler, Dandys und andere, die nicht in die besseren Kreise passten, ein Stelldichein gaben. Weil Grant sich auf allen gesellschaftlichen Ebenen bewegte, wurde er auch zu solchen zweifelhaften Veranstaltungen eingeladen. Seine Kontakte reichten von hochmoralischen Ehrenmänner über zweifelhafte Mittelsmänner bis zu korrupten Dunkelmännern. Grant gehörte zu ihnen allen und zu keinem von ihnen.
    Der Ballsaal im Haus von Lord Wentworth mit dem Stuck, den Darstellungen von Meeresgöttern, Meerjungfrauen und Delphinen, war die perfekte Bühne für Vivien gewesen. Sie wirkte mit ihrem grünen, hautengen Seidenkleid selbst wie eine Meerjungfrau. Der tiefe Ausschnitt und der Saum des Kleides waren mit weißem Satin verziert. Die Ärmel waren aus durchsichtigem, hauchdünnem Gazestoff gefertigt, Vivien konnte sich der Aufmerksamkeit der anwesenden Männer, unter ihnen auch Grant sicher sein.
    Ihr Anblick war wie ein Schlag in den Magen. Sie war zwar keine klassische Schönheit aber mit ihrer Ausstrahlung zwischen, Unschuld und Hexenhaftigkeit war sie so unfassbar wie ein loderndes Feuer. Ihr Mund hatte volle Lippen und war sinnlich zart und brutal zugleich. Ihr Haar hatte die Farbe eines glutroten Sonnenuntergangs und war zu einer leuchtenden Krone hochgesteckt sodass ihre elfenbeinweißen Schultern und ihr schmaler Hals aufs schönste entblößt waren.
    Als Vivien Grants intensiven Blick bemerkte, erwiderte sie ihn, und ihre Lippen verzogen sich zu einem einladenden und zugleich spöttischen Lächeln.
    »Miss Duvall ist nicht zu übersehen, nicht wahr?«, sagte Lord Wentworth zu Grant. »Ich warne Sie, mein Freund.
    Vivien Duvall ist eine leidenschaftliche Sammlerin von gebrochenen Herzen.«
    »Zu wem gehört sie?«, fragte Grant, der wusste, dass eine solche Frau nie ohne Begleitung war.
    »Bis vor kurzem zu Lord Gerard. Er war eingeladen, hat aber ohne Angabe von Gründen abgesagt. Er wird wohl seine Wunden lecken, während sich Vivien nach einem neuen Beschützer umsieht.« Wentworth gluckste vor Vergnügen, als er Grants fragenden Blick sah. »Vergiss es, Mann!«
    »Warum?«
    »Schon weil sie ein Vermögen kostet.«
    »Ich könnte sie mir leisten.«
    Wentworth spielte mit einer grauen Stirnlocke. »Sie bevorzugt verheiratete Männer aus dem Adelsstand, die etwas mehr – wie soll ich sagen – Stil haben als Sie. Nichts für ungut, mein Freund.«
    »Schon gut«, sagte Grant. Er hatte nie versucht seine Herkunft zu verleugnen. Hin und wieder war sie sogar nützlich. Manche Frauen waren von seiner gefährlichen Aura durchaus fasziniert. Vielleicht verlangte es ja auch Vivien nach all den Lackaffen mit ihren aristokratischen Manieren und manikürten Händen nach etwas Abwechslung.
    »Sie ist gefährlich, müssen Sie wissen«, raunte Wentworth Grant zu. »Vor kaum zwei Wochen soll sie so einen armen, schmachtenden Schwachkopf sogar in den Selbstmord getrieben haben.«
    Grant grinste zynisch. »Zum Glück bin ich nicht der Typ, der an Liebeskummer stirbt.«
    Noch immer beobachtete er Vivien, die gerade ein kleines, mit Juwelen besetztes Schminkdöschen aus ihrer Handtasche nahm und ihr Gesicht im Spiegel betrachtete. Vorsichtig prüfte sie den Sitz des herzförmigen Schönheitsflecks, den sie sich an strategisch günstiger Stelle gleich neben ihren verführerischen Lippen angebracht hatte. Den Gentleman neben ihr, der verzweifelt versuchte, sie in ein Gespräch zu verwickeln, ignorierte sie völlig.
    Sie schien gelangweilt von ihm und deutete zum Büffet hin. Er machte sich schließlich auf, ihr etwas zu essen zu holen, während sie sich weiter mit ihrem Spiegelbild beschäftigte.
    Grant ergriff die Gelegenheit und nahm vom Tablett eines herumstehenden Kellners ein Glas Wein. Er näherte sich Vivien, die gerade mit einem deutlichen Klicken ihr Schminkdöschen schloss und wieder in ihre Handtasche steckte.
    »Schon zurück?«, fragte sie gleichgültig und ohne aufzublicken.
    »Nicht sehr klug von Ihrem Begleiter, eine so schöne Frau unbeaufsichtigt zu lassen.«
    Viviens mitternachtsblaue Augen spiegelten Überraschung. Ihr Blick viel auf das Glas in seiner Hand. Mit zwei Fingern nahm sie es ihm ab und nippte vornehm. »Er ist nicht mein Begleiter.« Ihre Stimme streichelte seine Ohren wie Samt. »Danke. Ich war schon ganz ausgetrocknet.« Wieder nahm sie elegant einen winzigen Schluck, während sie Grant musterte. Wie alle Erfolgreichen ihres Gewerbes hatte sie die

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