Schicksalsmord (German Edition)
notwendige Krisis, durch die er nun einmal hindurch musste, die Heilung würde ich sein. Ein Leben mit Holger erschien mir absolut erstrebenswert, meine Gefühle für ihn waren aus einem Guss, und ich hatte nicht den geringsten Zweifel daran, mit ihm glücklich zu werden. Ohne ihn zu bedrängen, verschaffte ich uns immer wieder die Gelegenheit zu intimen Zusammenkünften, die Holger voller innerer Skrupel auskostete.
Natürlich hoffte ich auf eine baldige Entscheidung, und als Ulla mich eines Tages anrief und dringend um ein vertrauliches Gespräch bat, erhoffte ich die Aufdeckung unseres Verhältnisses mehr als ich sie befürchtete. Wir verabredeten uns für den Nachmittag in unserer Wohnung, wenn Thomas noch in der Uni und Ullas Kinder in der Kita wären. Ulla kam mit leichter Verspätung, hatte die Zeit jedoch offensichtlich nicht dafür genutzt, an ihrem Styling zu arbeiten. Diese Frau konnte mir auf keinen Fall das Wasser reichen. Sie kam sofort zur Sache und bat mich um einen Rat „als Freundin“ in einer Beziehungssache. Zu meiner schwer zu verhehlenden Freude beklagte sie Holgers Nervosität, seine ungewohnte Reizbarkeit und vor allem sein Desinteresse an ihr. „Wir hatten nie viel Zeit für Romantik und so“, sagte sie achselzuckend „wie auch, bei zwei kleinen, quirligen Kindern. Wenn wir sie endlich im Bett hatten, waren wir oft zu müde zum Sex, geschweige denn für ausgedehnte Liebesspiele. Ich war froh, einen rücksichtsvollen Mann zu haben, der mit Verständnis reagierte, wenn ich erschöpft war. Aber jetzt ist er derjenige, der sich zurückzieht.“
Mit einem verständnisvollen Gesichtsausdruck versuchte ich meinen inneren Jubel zu überdecken. „Aber Ulla, das ist doch ganz klar, jetzt ist eben er der Erschöpfte“, sagte ich. „Er ist dabei sich beruflich zu etablieren und Selbständigkeit ist immer mit Risiken behaftet. Du musst Verständnis dafür haben.“
„Habe ich ja“, entgegnete sie, „doch langsam mache ich mir Sorgen um unsere Ehe. Ich denke, dass ich jetzt einfach mal die Initiative ergreifen, ihn überraschen und verführen muss.“
„Auf gar keinen Fall!“ Ich sah sie erschrocken an. „Ja, ich weiß, jede Briefkastentante würde genau das empfehlen, aber glaube mir, es ist falsch. Ich spreche da aus Erfahrung. Ein Mann fühlt sich dadurch doch nur zusätzlich bedrängt. Selbst wenn er erschöpft ist, will er der Jäger sein und nicht der Gejagte. Sonst empfindet er die tollsten erotischen Angebote schnell als Bedrohung. Du musst dich jetzt ganz im Gegenteil zurückziehen, dich noch rarer machen als er. Das hilft ihm, er fühlt sich dann nicht mehr als Versager und wird von sich aus auf dich zukommen.“
Ulla schien erst skeptisch, ließ sich aber nach und nach überzeugen. „Ich danke dir, dass du Zeit für mich hattest, und für den guten Rat“, sagte sie, als sie mich zum Abschied umarmte. Angewidert nahm ich ihren Schweißgeruch wahr.
Nicht zuletzt durch dieses aufschlussreiche Gespräch wusste ich nun, dass für Holger und mich die Zeit der Entscheidung gekommen war. Bald darauf trat Thomas eine Kur an und Ulla einen Dolmetschereinsatz außerhalb. Die Termine überschnitten sich um eine Woche, und Holgers und Ullas Kinder würden in der Zeit bei den Großeltern sein. Diese Woche sollte für Holger und mich der Start in ein gemeinsames Leben sein. Ich würde ein Fest aus dieser geschenkten Zeit machen, und an ihrem Ende würden wir unsere Ehepartner aufklären.
Leider kam es anders, Ullas Mutter brach sich den Arm, und die Kinder mussten bei Holger bleiben. Schüchtern fragte er mich, ob ich abends zu ihm kommen wolle, doch ich lehnte empört ab. „Soll ich etwa mit dir schlafen, wenn nebenan eure Kinder liegen?“, fragte ich. Holger schüttelte den Kopf und schämte sich offensichtlich für sein Angebot. Ich hatte meine guten Gründe für die Ablehnung. Ich wollte mich von Ulla abheben, wollte Sex, ohne von Kindergeplärr gestört zu werden. Holger sollte den Unterschied zwischen Ulla und mir deutlich empfinden. Vier Tage lang gingen wir abends getrennt nach Hause, was ihn zu betrüben schien. Am fünften Tag, einem Freitag, machte ich ihm dann einen Vorschlag: „Komm zu mir, wenn die Kinder eingeschlafen sind.“
Er hatte Bedenken, die ich zu zerstreuen wusste. „Kinder haben einen festen Schlaf. Die kriegen gar nicht mit, wenn du weg bist.“
Jedenfalls traf Holger kurz nach 21 Uhr bei mir ein und es wurde ein schöner Abend. „Geh noch nicht“, bat
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