Schicksalsmord (German Edition)
Juristin vorgestellt, die zur Gerichtsbarkeit im Mittelalter forscht, und um Literaturhinweise gebeten. Natürlich würde ich die einschlägige Literatur kennen, vielleicht könne er mir aber einige weniger bekannte Quellen nennen. Er konnte, und das war es dann auch schon wieder. So schwer hatte es mir noch kein Mann gemacht.
Ich startete einen letzten Versuch mit der Kaffeeeinladung als Dankeschön für die erwiesene Hilfe, und endlich sprang der Funke über. Statt Kaffee wurde Wein getrunken, und wir wurden ein Paar.
Heute frage ich mich, ob denn mein himmelhoch jauchzendes Glück darüber wirklich eine Grundlage in der Realität hatte oder nur meiner überspannten Wahrnehmung entsprang. Roland war sehr darauf bedacht, unser Verhältnis nicht publik werden zu lassen. Wir gingen selten gemeinsam aus, und wenn überhaupt, dann lediglich zum Essen in abgelegene Lokale, wo Roland keine Kollegen und Bekannten vermutete. Ich durfte sein Haus nur nach Einbruch der Dunkelheit und dann auch nur durch die Gartenpforte und über die rückwärtige Terrassentür betreten. Die Heimlichkeit und Seltenheit dieser gemeinsamen Stunden steigerte mein Verlangen nach ihm noch. Und doch muss ich seine Schwächen schon damals registriert haben, sonst könnte ich jetzt nicht darüber reflektieren.
Roland war eitel und seine Selbstverliebtheit ging so weit, dass er sich beim Sex mehr auf die vorteilhafte Präsentation seines makellosen Körpers als auf mich konzentrierte. Ich war meinerseits so sehr bestrebt ihm zu gefallen, dass ich mich unmöglich fallen lassen konnte. Wir führten im Bett einen komplizierten Tanz miteinander auf, bei dem jeder den Anderen mit besonders schönen Figuren zu beeindrucken versuchte.
Dass ich tatsächlich voller Bewunderung für Roland war und dem immer wieder Ausdruck verlieh, band ihn vermutlich an mich. Er war süchtig nach Verehrung.
Doch ich war glücklich und wollte nur eins: Für immer mit Roland zusammenleben.
„Beim ersten Mal hatte sie einen Jüngling geheiratet und beim zweiten Mal einen alten Mann“, ging mir ein auf meine Lieblingsheldin Scarlett O'Hara gemünztes Zitat nicht mehr aus dem Sinn. Es traf auch auf mich zu. Und beide Male waren meine Ehen von Notsituationen diktiert worden. Diesmal war alles anders, diesmal würde ich nur meinem Gefühl folgen. Roland und ich sprachen über unsere gemeinsame Zukunft, und wieder fiel mir überhaupt nicht auf, dass eigentlich nur ich davon sprach und Roland lediglich zustimmte. Gleich wenn seine Frau aus Ägypten zurück wäre, sollte er ein klärendes Gespräch mit ihr führen, so hatte ich es bestimmt. Der Zeitpunkt rückte immer näher, und auch ich traf heimlich Vorbereitungen für meinen Aufbruch in ein neues Leben.
Rolands Frau kehrte an einem Montag aus Kairo zurück. Am Abend zuvor telefonierten Roland und ich noch einmal kurz miteinander. Wir vereinbarten, dass Roland mich anrufen würde, sobald er sich mit seiner Frau ausgesprochen habe. Über weitere Details hatten wir uns noch nicht verständigt. Ich ging selbstverständlich davon aus, zu Roland zu ziehen, schließlich gehörte das Haus ihm. Und er würde es ganz gewiss nicht seiner Ehefrau überlassen, wie Dietrich es damals getan hatte. Kinder hatten die Beiden zum Glück nicht, was alles noch unkomplizierter machte. Von Männern mit Kindern hatte ich die Nase voll.
Nachdem ich eine Woche in einem Zustand permanenter Erwartung verbracht und immer noch nichts von Roland gehört hatte, hielt ich es nicht mehr aus. Ich war kurz davor, unsere Abmachung zu brechen und ihn anzurufen, als mir der Zufall zu Hilfe kam.
Als ich am Freitagnachmittag mit meinem BMW nach Hause fuhr und dabei bewusst den Umweg durch Rolands Straße nahm, sah ich seine Frau das Haus verlassen. Noch nie zuvor war ich ihr persönlich begegnet, doch ich erkannte sie sofort. In Rolands Arbeitszimmer gab es einige Fotografien von ihr. Sie war ein auffälliger Typ und mich überraschte unangenehm, um wieviel attraktiver sie in Wirklichkeit aussah. Ihre Haut wies einen warmen Goldton auf, der wunderbar mit dem dicken, honigfarbenen Haar harmonierte, das sie zu einem schlichten Knoten gebunden trug. Außerdem war sie größer, als ich sie mir vorgestellt hatte und hielt sich sehr gerade. Zielsicher ging sie zu einem Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite, umarmte die Fahrerin kurz und die Beiden fuhren los. Ohne bestimmte Absicht folgte ich dem Wagen in sicherem Abstand. Die Fahrt führte zu einem
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