Schicksalsnacht in Atlantic City (German Edition)
vor einer großen Holztreppe stehen, die sich in zwei Richtungen nach oben hin verzweigte. „Und du?“
„Nein.“ Nebeneinander gingen sie durch die große Eingangshalle. „Hast du etwas gegessen?“, fragte er. „Möchtest du einen Kaffee?“
„Danke, ich habe gefrühstückt, und Kaffee trinke ich nicht mehr.“
Ob sie ihn bitten konnte, ihr das Haus zu zeigen? Wer weiß, vielleicht würde sie nie mehr die Gelegenheit haben. Doch dann stand sie im Wohnzimmer, und der Blick aus den großen Fenstern verschlug ihr die Sprache. Der See, eingerahmt von Bäumen, schien direkt vor ihr zu liegen. Viele Boote waren bereits auf dem Wasser, auch der kleine Raddampfer für die Touristen. Damit wollte sie unbedingt auch mal eine Tour machen.
„Setz dich“, sagte Devlin.
In dem riesigen steinernen Kamin hatte er bereits Feuer gemacht, und Nicole setzte sich in einen dunkelroten Ledersessel, der neben dem Kamin stand. Devlin war stehen geblieben, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte ins Feuer. Sie schwieg und wartete, wurde aber mit jeder Sekunde nervöser. Wer war der wirkliche Devlin? Der fürsorgliche und leidenschaftliche Mann aus Atlantic City, in dessen Armen sie geweint hatte? Oder dieser kalte Mann mit dem stählernen Blick?
„Tut mir leid, dass du nicht gut hast schlafen können“, sagte sie schließlich und legte die Hände in den Schoß. Der Rock kniff in der Taille. Unter der Jacke versuchte sie unauffällig, den Knopf zu öffnen.
Plötzlich sah er sie an. „Was ist denn?“
„Nichts.“
Er hob fragend die Augenbrauen.
Sie seufzte leise. „Mein Rock ist zu eng. Ich versuche, den Knopf zu öffnen. Zufrieden?“
„Du behinderst deine Blutzirkulation. Das ist schlecht für das Baby.“
„Himmel noch mal! Dem Baby passiert schon nichts. Im Übrigen bekomme ich heute die Arbeitskleidung des Hotels für Schwangere.“
Er musterte sie aufmerksam, und sofort verschränkte sie ihrerseits die Arme vor der Brust.
„Ich komme gleich wieder“, sagte er und verließ den Raum.
Erst als sie erleichtert ausatmete, wurde ihr bewusst, dass sie sich von ihm einschüchtern ließ. Das sah ihr überhaupt nicht ähnlich. Er war doch nur ein ganz normaler Mann aus Fleisch und Blut.
Aber was für ein Mann.
Sie hatte noch Wochen nach ihrer gemeinsamen Nacht von ihm geträumt und hatte sich auffallend häufig in dem Raum mit den Blackjack-Tischen aufgehalten, immer in der Hoffnung, ihn wiederzusehen. Jede Einzelheit stand ihr noch klar vor Augen. Sein nackter Körper. Der herbe Duft seiner glatten gebräunten Haut. Seine Hände. Sein Mund, mit dem er unglaubliche Dinge tun konnte. Er hatte all ihre Sinne geweckt, und sie hatte sich ihm auf eine Art und Weise hingegeben, die sie sich selbst nie zugetraut hätte. In jener Nacht war es nur darum gegangen, Befriedigung zu finden – und alles zu vergessen. Und sie hatte den Eindruck, dass das auch sein Wunsch gewesen war.
Abrupt stand Nicole auf. Vielleicht war es besser, wenn auch sie stand. Wenn sie saß und zu ihm hochsehen musste, war er im Vorteil. Sie trat an das große Panoramafenster. Auf den Bergen lag noch Schnee, aber weiter unten im Tal war er bereits weggetaut. Zum Schwimmen war der See zu kalt, aber von hier oben sah er sehr einladend aus.
Devlin war lautlos hereingekommen, trat jetzt neben Nicole und reichte ihr ein Stück Papier. „Ich möchte, dass du das ausfüllst.“
Es gab keinen Briefkopf, der ihr verraten hätte, worum es sich handelte, sondern nur Fragen nach ihrem Namen, ihrer Adresse, ihrem Geburtsdatum, außerdem nach ihrer Sozialversicherungsnummer und ihren persönlichen Umständen. Das Ganze sah aus wie ein Kreditantrag.
„Was soll das?“, fragte sie.
„Mein Anwalt möchte Erkundigungen einziehen.“
„Über mich?“
„Ja.“
„So, dein Anwalt möchte das?“ Beinahe hätte sie laut losgelacht. Es war einfach absurd. Sicher, sein Anwalt hatte ihm den Fragebogen gegeben, aber es war natürlich Devlin, der Näheres über sie wissen wollte.
„Wenn wir heiraten“, sagte er kühl, „muss ich wissen, mit wem ich es zu tun habe.“
Die Schrift verschwamm ihr vor den Augen. Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Wer hat denn etwas von Heiraten gesagt?“
„Mein Kind wird nicht unehelich geboren.“
„Dann bist du also der Meinung, dass es dein Kind ist?“
„Ja.“ Das kam fast ohne Zögern.
„Warum auf einmal?“
„Aus dem gleichen Grund, aus dem ich mit dir geschlafen habe.“
„Und der
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