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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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dann durch den Vorhang ihrer Wimpern anzusehen. Er spürte, wie ihm die Knie weich wurden.
    »Möchtest du vielleicht, dass ich dich trainiere?«, fragte sie unschuldig.
    Tom seufzte. Wie sollte er auf Dauer Distanz zu dieser entzückenden Person wahren? »Ja, liebste Odile, ich möchte, dass du mich beim Skilaufen trainierst. Und nicht nur dabei möchte ich dein Schüler sein, sondern auch, wenn’s um Französisch geht, das Leben, die Liebe und alle anderen guten Dinge.«
    Sie musterte ihn amüsiert, die herrliche Nase gerümpft, die verlockenden Lippen geschürzt. »Du nimmst nichts ernst, Tom. Wie sollen wir erfolgreich sein, wenn du dich nicht voll und ganz dem Skilaufen widmest?«
    »Oh, ich bin mit ganzem Herzen dabei, das schwöre ich dir.«
    Tom versuchte, sich auf den Sport zu konzentrieren, aber wenn er Odile zu Trainingsläufen nach Andermatt, Chamonix, Whistler oder Crackenback begleitete, sorgte der Anblick ihres Körpers in einem hautengen Skianzug dafür, dass sein Herz schneller schlug.
    Ich brauche les douches froides, dachte er.
    In jenem ersten Jahr erzielte die neue Ski-Gruppe keine überragenden Leistungen, aber sie schnitt auch nicht schlecht ab. Die Frauen kamen besser zurecht als die Männer: Bei vier Wettkämpfen erreichten sie den dritten Platz, bei einem sogar den zweiten. In mehreren Läufen fuhr Odile die beste Zeit.
    Vier der sechs Männer spezialisierten sich auf Slalom. Tom und der sanfte, aber sehr kräftig gebaute Finne Brunolf Katajavuori zogen den Abfahrtslauf vor. Zwischen Tom und Bruno kam es zu einem ebenso freundschaftlichen wie
    leidenschaftlichen Wettstreit: Sie trieben sich gegenseitig an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und übertrafen einander immer wieder, ohne dass einer von ihnen die Oberhand
    gewann.
    Bruno war ein hoch gewachsener, grobknochiger Mann mit sandfarbenem Haar, hellbraunen Augen und heller Haut. Seine Wangen schienen immer gerötet zu sein. Die Oberschenkel waren so dick wie die Stämme kleiner Bäume – er hatte genug Muskelkraft für schnelle Richtungswechsel bei hoher
    Geschwindigkeit.
    »Wie hast du solche Beine bekommen, Bruno?«, fragte Tom neidisch. »Damit könntest du Löcher in Titanium treten.«
    »Du bist zu komfortabel aufgewachsen«, erwiderte Bruno.
    »Wir wohnten in den Bergen und fuhren jeden Tag mit den Skiern zur Schule. Es war nicht weiter schlimm, denn es ging bergab. Aber der Rückweg erforderte anstrengendes Klettern.«
    Seine Hand klatschte auf einen überaus muskulösen
    Oberschenkel. »Genau das Richtige für die Beine.«
    Für den letzten Wettkampf der Saison beamte sich die
    Gruppe nach Wengen, in den Jungfrau-Distrikt der Berner Alpen. Dort fand das legendäre Lauberhornrennen statt – Tom und Bruno traten dabei gegen Konkurrenten von sieben
    anderen Schulen aus verschiedenen Teilen der Welt an. Die Strecke maß gut viertausendsechshundert Meter, mit einem Höhenunterschied von etwas mehr als tausend Metern. Das Gefälle betrug im Schnitt siebenundzwanzig Prozent oder fünfzehn Grad. An manchen Stellen belief es sich allerdings auf fast neunzig Prozent beziehungsweise zweiundvierzig Grad
    – es konnte kaum steiler nach unten gehen, ohne dass man das Wort »vertikal« benutzen musste.
    Der Tag des Wettkampfs dämmerte grau und es wehte ein eiskalter Wind, der wie mit Nadeln in die ungeschützte Haut stach. Das Skilaufen unter solchen Bedingungen gefiel Tom nicht sonderlich, aber er wusste natürlich: Wer einen Wintersport wählte, musste mit winterlichem Wetter rechnen.
    Die meteorologischen Bedingungen hatten sich nicht
    gebessert, als sich die beiden Repräsentanten der Starfleet-Akademie zum Startbereich beamten. Tom fror sogar in
    seinem Polytherm-Anzug und begriff, dass seine Muskeln in der Kälte an Flexibilität verloren. Immer wieder streckte er die Gliedmaßen und stampfte mit den Füßen auf den Boden, damit ihm nicht zu kalt wurde. Er sah Bruno an, dem die niedrigen Temperaturen überhaupt nichts auszumachen schienen.
    »Ist dir nicht kalt?«, fragte Tom.
    »Dies ist nicht kalt«, erwiderte Bruno sanft. »Wenn die Feuchtigkeit in den Augen gefriert – dann ist es kalt.«
    Vier Skiläufer aus Österreich, Peru, Kanada und der Schweiz kamen vor Tom an die Reihe und der Österreicher erzielte mit 2’21”63 die beste Zeit. Das war ein ganzes Stück langsamer als der Weltrekord, der bei 2’2004 lag. Aufgestellt worden war er vor mehr als dreihundert Jahren, als sich der Abfahrtslauf noch großer Beliebtheit

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