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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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der Mütze und die scharf geschnittenen Züge wirkten ernst. Ein vertrautes Gesicht…
    Sein Vater.
    Er war noch nie zu einem Wettkampf gekommen, Hatte er sich tatsächlich von San Francisco hierher zum Lauberhorn gebeamt, um den Abfahrtslauf seines Sohnes zu sehen?
    Der Moment müheloser Euphorie brach plötzlich ab. Von einem Augenblick zum anderen war sich Tom aller Dinge in seiner Näher bewusst: Er spürte den kalten Wind, die
    Unebenheiten im eisverkrusteten Schnee, die dumpfen
    Stimmen der ihn anfeuernden Zuschauer. Der Zustand von Glückseligkeit hörte ganz plötzlich auf und er musste nachdenken, um auf den Beinen und auf den Skiern zu bleiben.
    Bisher hatte sein Körper alles von ganz allein erledigt und jetzt mischte sich sein Bewusstsein ein, zerstörte Perfektion und Reinheit.
    Tom spürte, wie ein Ski ins Rutschen geriet, als er sich in die Kurve legte, und er reagierte, indem er das Bein etwas streckte, mehr Druck ausübte, was ihn sicher einige
    Hunderstelsekunden kostete. Er versuchte, diesen Gedanken aus sich zu verdrängen, aber er begleitete ihn, als er sich dem nächsten Tor näherte, wo er die verlorene Zeit aufholen wollte.
    Beim erforderlichen Richtungswechsel war er zu schnell, presste die Kanten der Skier in den Schnee, verlagerte das Gewicht und spürte, wie seine Balance in Gefahr geriet.
    Verzweifelt trachtete er danach, sich aufzurichten, benutzte dabei einen Stock, um sich abzustützen…
    Seine Bemühungen blieben vergebens. Er stürzte und das Bewegungsmoment trug ihn weiter. Er versuchte sich
    irgendwo festzuklammern, aber der Schnee bot keinen Halt.
    Sein Gesicht schabte über einen großen Eisbrocken und er fühlte die Wärme von Blut, das hinter ihm eine rosarote Spur im Schnee hinterließ. Und weiter den Hang hinunter ging es.
    Tom überschlug sich immer wieder und spürte, wie Knochen brachen, Muskeln rissen. Nichts, so schien es, konnte seinen endlosen Sturz beenden.
    Dann gelang es ihm endlich, die Hände in den Schnee zu bohren, sie in Bremsen zu verwandeln, die sein
    Bewegungsmoment verringerten. Er blieb liegen, starrte zu hohen Baumwipfeln und einem grauen, wolkenverhangenen Himmel empor. Er wagte es nicht, sich zu bewegen, aus Furcht, dazu nicht imstande zu sein. Innerhalb weniger Sekunden umringten ihn andere Skiläufer, Medo-Spezialisten und Streckenposten. Man forderte ihn auf, bestimmte
    Körperteile zu bewegen, und als sich außerdem herausstellte, dass er rückwärts zählen konnte und nicht doppelt sah, wurde ein Nottransfer ins nächste Medo-Zentrum eingeleitet.
    Bevor Tom entmaterialisierte, ließ er noch einmal den Blick über die vielen Gesichter schweifen, doch nach dem seines Vaters hielt er vergeblich Ausschau.
    Am Abend des gleichen Tages beamte er sich nach Hause, mit regenerierten Knochen und Muskeln. Zwar gab es noch immer einige wunde Stellen, aber im Großen und Ganze war er wieder heil. Seine Mutter umsorgte ihn und bot sich an, ihm das Abendessen auf einem Tablett ans Bett zu bringen, so wie damals, wenn er als Kind krank gewesen war. Aber Tom
    bestand darauf, zusammen mit den anderen am Tisch zu sitzen.
    Was auch immer sein Vater wegen des Unfalls von ihm hielt –
    er wollte es hören.
    Seine Schwester Moira war für jenes Wochenende aus
    Südkarolina nach Hause gekommen, wo sie Medizin studierte.
    Moira hatte sich gegen die Starfleet-Akademie entschieden, ebenso wie Toms ältere Schwester Kathleen. Das wusste er zu schätzen, denn beide waren ausgezeichnete Schülerinnen gewesen – er hatte immer das Gefühl gehabt, in ihrem Schatten zu stehen. An der Akademie konnte er den eigenen Weg selbst bestimmen, ohne vom Ruf seiner Schwestern behindert zu werden.
    Tom hielt Moira für eine sehr elegante und schöne Frau. Sie hatte klassische, zarte Gesichtszüge, große blaue Augen, eine schmale, gerade Nase und volle, aber nicht zu große Lippen.
    Das dunkle Haar trug sie nach hinten gekämmt – bei anderen Frauen hätte so etwas streng gewirkt. Bei Moira fand Tom es reizend. Sie war offen und direkt, ohne Falsch, und Tom bewunderte sie.
    »Hast du heute nicht an einem Wettkampf teilgenommen?«, fragte sie geradeheraus. »Wie ist es gelaufen?«
    Toms Blick glitt zu seinem Vater, der am oberen Ende des Tisches saß und auf das Display eines Handcomputers sah.
    Bestimmt hatte er die Frage ganz deutlich gehört.
    »Nicht so gut. Ich hatte etwa die Hälfte der Strecke hinter mir, als ich schwer gestürzt bin. Daraufhin musste ich das Rennen

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