Schicksalspfade
hatte.
Vielleicht erwies sich das Glück als ein Verbündeter und ließ ihn etwas finden, das er gegen Waffen eintauschen konnte. Er steuerte sein kleines Schiff an Wrackteilen und ausrangierten Komponenten vorbei, als er plötzlich einen Raumer mit einer völlig unbekannten Konfiguration bemerkte. Besorgnis erfasste ihn – das fremde Schiff war viel größer als sein eigenes und hatte es zweifellos auf die wertvollsten Wrackteile abgesehen.
Er aktivierte das Kommunikationssystem, machte sich auf die Suche nach dem kleinen Bildschirm und drehte ihn. Allerdings weigerte sich der Monitor, in der neuen Position zu bleiben, und schwenkte teilweise zurück, was Neelix zwang, den Kopf zur Seite zu neigen. Er versuchte, möglichst aggressiv zu wirken, als er sagte: »Wer auch immer Sie sind: Ich habe diese Wracks als Erster entdeckt.«
Eine Frau erwiderte seinen Blick. Sie war feingliedrig und schien eine Art Uniform zu tragen. Das Haar hatte sie nach hinten gekämmt und in ihren Augen leuchtete Intelligenz.
»Wir sind gar nicht an den Wracks interessiert, Mister…«
Sie zog das letzte Wort ein wenig in die Länge, was darauf hinwies, dass sie einen Namen erwartete. Neelix entspannte sich ein wenig, als er hörte, dass er keine Konkurrenz zu befürchten hatte. Möglichst würdevoll hob er den Kopf.
»Neelix. Und da Sie nicht an dem Schrott interessiert sind…
Es freut mich, Sie kennen zu lernen…«
Sein Tonfall deutete darauf hin, dass er seinerseits von der Frau erwartete sich vorzustellen. Sie lächelte und Neelix spürte ihre Wärme, obgleich er sie nur auf einem Bildschirm sah.
»Ich bin Captain Kathryn Janeway vom Föderationsschiff Voyager«, sagte sie mit einer Stimme so rau wie alter Samt. Zu diesem Zeitpunkt wusste Neelix noch nicht, dass diese Stimme sein ganzes Leben verändern würde.
11
Neelix konnte nicht zu den anderen aufsehen, als er seine Geschichte beendete. Es hatte ihn emotional erschöpft, seine Vergangenheit noch einmal zu durchleben, und er fragte sich, wie seine Gefährten reagieren würden. Immerhin: Er gehörte nicht in dem Sinne zu ihnen, stammte nicht wie sie aus dem Alpha-Quadranten. Auf welche Weise würden sie über ihn urteilen?
Schließlich hob er den Blick. Tom näherte sich ihm und klopfte ihm noch einmal brüderlich auf die Schulter. Er hatte gerade den Mund geöffnet, um etwas zu sagen, als Harry Kim hereinplatzte.
»Seven«, brachte er atemlos hervor, »bitte kommen Sie, schnell. Mit Chakotay stimmt was nicht.«
Diese Worte beunruhigten alle. »Was ist denn mit ihm?«, fragte Neelix.
»Er scheint krank zu sein. Wir wissen es noch nicht genau.«
»Warum wenden Sie sich an mich?«, erwiderte Seven. »Ich verfüge nicht über medizinische Kenntnisse.«
»Er fragt immer wieder nach Ihnen. Ich glaube, wir müssen es riskieren.«
Seven sah zu Tuvok, der zustimmend nickte.
»Gehen Sie«, sagte der Vulkanier. »Später schicken wir Vorik, um einen Bericht in Empfang zu nehmen.«
Seven und Harry brachen sofort auf und ließen die anderen zurück, deren Stimmung sich abrupt verändert hatte. Aus Zuversicht war Sorge geworden.
Vorik hatte Tuvoks Gruppe von Captain Janeways
überraschendem Besuch erzählt, der ihnen neuen Mut machte.
Aber jetzt deutete alles darauf hin, dass sich für Chakotay fatale Konsequenzen daraus ergeben mochten.
»Ich glaube, die Wunde in der Wange hat sich infiziert«, spekulierte Harry, als sie durch den Gestank des Lagers zu Chakotays Unterkunft schritten. Sie gaben sich lässig und nonchalant, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. »Zuerst wurde ihm übel und dann entzündete sich die Wunde. Kurze Zeit später meinte er, sein Kopf fühlte sich an, als steckte er in einem Schraubstock. Schließlich brach er stöhnend zusammen und nannte immer wieder Ihren Namen. Ich weiß nicht, ob er sich im Delirium befindet oder wirklich glaubt, dass Sie ihm helfen können.«
Seven verzichtete auf einen Kommentar, erweckte aber den Eindruck, über die Worte nachzudenken. Schweigend setzten sie den Weg zur Unterkunft fort und blickten dabei starr geradeaus, um nicht zu viel vom Elend des Lagers zu sehen.
Als sie die Unterkunft betraten, bemerkte Harry sofort, dass sich Chakotays Infektion verschlimmert hatte. Die Wange war angeschwollen und rote Streifen wanden sich wie Schlangen unter der blassen Haut hin und her. Der Commander lag zitternd auf dem Boden und versuchte, nicht zu laut zu stöhnen. Er litt ganz offensichtlich, ballte immer wieder die Fäuste.
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