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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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Lippen ein amüsiertes Lächeln anzudeuten, aber vielleicht bildete sich Chakotay das auch nur ein. Er hoffte es. Die Vorstellung, dass sich diese ungewöhnliche Frau über ihn lustig machte, gefiel ihm ganz und gar nicht.
    »Hat man dich als Kind sehr verwöhnt?«, fragte sie und wechselte das Thema, eine Taktik, die sie schon mehrmals benutzt hatte. Diesmal wollte er nicht darauf eingehen.
    »Was hat das damit zu tun?«, erwiderte er.
    »Du verhältst dich wie jemand, der daran gewöhnt ist, immer seinen Willen durchzusetzen.«
    Der Ärger brodelte heftiger in Chakotay. Sweta neigte dazu, auf einem Punkt herumzureiten, wie jemand, der lange genug an Schorf kratzte, bis die Stelle zu bluten begann. »Ich bin sehr diszipliniert aufgewachsen«, sagte er und hörte einen defensiven Unterton in seiner Stimme. »Oft musste ich mich mit Dingen beschäftigen, mit denen ich mich eigentlich gar nicht befassen wollte. Mein Vater bestand darauf, mich mit der Geschichte und Tradition unseres Stammes vertraut zu
    machen. Er nahm mich auf Pilgerreisen mit und berichtete mir von alten Mythen. Ich hätte mir den Unsinn nicht angehört, wenn mir eine Wahl geblieben wäre.«
    Sweta musterte ihn ruhig. »Warum bist du dann so
    widerspenstig?«
    Chakotay blinzelte. »Hast du dieses Wort absichtlich
    verwendet?«
    »Welches Wort?«
    »Widerspenstig.«
    »So erscheinst du mir.«
    »Auch in meinem Stamm hat man mich so genannt.«
    »Weil du immer gegen den Strom schwimmst?«
    »Etwas in der Art. Mein Vater meint, es begann, als ich mit den Füßen voran zur Welt kam.«
    Sweta lächelte, aber es verbarg sich nichts Geringschätziges dahinter. Es war ein zärtliches Lächeln, das Chakotay dahinschmelzen ließ. »Starfleet wird sehr gut für dich sein, Chakotay«, sagte sie sanft. »Aber du musst Starfleet
    Gelegenheit geben, dich zu erreichen.«
    Sie beugte sich vor, hauchte ihm einen Kuss auf den Mund, griff dann nach ihren Handcomputern und ging. Chakotay sah ihr nach, fühlte noch immer ihre Lippen auf den seinen und fragte sich, was sie mit den letzten Worten meinte.
    Als Chakotay seine Klassenzuweisungen bekam, stellte er erleichtert fest, dass Nimembeh ihm für die Zeit in der Vorbereitungsgruppe gute Bewertungen gegeben hatte.
    Allerdings sorgten mehrere ungünstige Berichte des
    Quartieroffiziers dafür, dass man ihm den Zugang zur
    Präkommandoklasse verweigerte. Er wandte sich an den
    Fakultätsberater und erfuhr von ihm: Um in die
    Präkommandoklasse aufgenommen zu werden, musste er
    zunächst dafür sorgen, dass die negativen Anmerkungen aus seiner Leistungsdatei verschwanden. Es gab nur eine
    Möglichkeit, das zu bewerkstelligen: Während des restlichen Semesters musste er unbedingt vermeiden, noch einmal
    gemeldet zu werden. Chakotay kochte innerlich und begriff: Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich damit abzufinden.
    Negative Gedanken und Gefühle wühlten in ihm und er
    beschloss, in sein Quartier zurückzukehren. Dort konnte er wenigstens allein sein und versuchen, Niedergeschlagenheit und Ärger zu überwinden. Das Wohnheim war verlassen, wie er gehofft hatte, denn die meisten Kadetten besorgten sich gerade ihre Klassen-Zuweisungen. Angenehme Stille herrschte in den Fluren und Chakotay freute sich darauf, in seiner Unterkunft Zuflucht zu finden. An der Kontrolltafel neben der Tür gab er den Sicherheitskode ein, betrat dann das Quartier.
    Ein blauhäutiges Geschöpf stand im Zimmer.
    Einige Sekunden lang starrten sie sich überrascht an.
    Chakotay bemerkte, dass der junge Mann ihm gegenüber
    haarlos war – auch der völlig kahle Kopf präsentierte ein verblüffendes Blau. Von der Mitte des Schädels führte eine dünne Trennlinie durchs Gesicht. Der junge Mann war mollig, um nicht zu sagen dick und er sah Chakotay aus kleinen, hellen Augen an.
    »Du bist vermutlich mein Zimmergenosse«, sagte der Blaue mit einem Enthusiasmus, den Chakotay für übertrieben hielt.
    »Ich heiße Chert. Bist du ein Mensch? Ich bin Bolianer.«
    Kummer breitete sich in Chakotay aus. Die glückliche Zeit war vorbei – man hatte ihm einen Zimmergenossen
    zugewiesen. Er holte tief Luft und versuchte, mehr
    Freundlichkeit zu zeigen, als in ihm steckte. »Ja, ich bin ein Mensch. Mein Name lautet Chakotay.«
    »Chert und Chakotay – alliterierende Namen. Das gefällt mir.« Er lachte schrill; es klang nach einem schmerzerfüllt wiehernden Pferd. Chakotays Nervenenden fühlten sie so an, als hätten sie gerade eine Feile zu spüren bekommen.

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