Schicksalspfade
zu übertönen, doch entweder konnte oder wollte sie ihn nicht hören. Tuvok sah erneut zum rauchverhangenen Himmel empor und stellte fest, dass einer der Vögel näher gekommen war. Er trieb im heißen Aufwind, die Flügel ausgebreitet – ihre Spannweite mochte etwa zwei Meter betragen.
Das Geschöpf kam immer näher und einige Sekunden lang beobachtete Tuvok das Tier fasziniert. Der Kopf sah nicht nach dem eines Vogels aus. Die Augen befanden sich vorn, nicht an den Seiten, und im geöffneten Maul zeigten sich spitze Zähne, die bestimmt fähig waren, Fleisch von Knochen zu reißen.
Tuvok zögerte nicht länger. Er schwang sich über den Rand der Klippe, begann ebenfalls zu klettern und folgte Captain Janeway in die Tiefe. In Gedanken verfluchte er sie.
An der Felswand heulte der Wind noch lauter und war stark genug, um selbst für den Vulkanier das Vorankommen zu erschweren. Er fragte sich, wie es der Frau gelang, an der Wand festen Halt zu finden, ohne von den Böen fortgerissen zu werden. Sie bewegte sich mit erstaunlichem Geschick und das Nest stellte ganz offensichtlich ihr Ziel dar. Während Tuvok ihr folgte, sah er immer wieder zum Himmel hoch, musste dabei zur Kenntnis nehmen, dass die Klippenwand sein Blickfeld stark einschränkte. Wenn der Vogel zu seinem Nest zurückkehrte, so würde er sie praktisch ohne jede Vorwarnung erreichen.
Captain Janeway befand sich inzwischen in der Nähe des Nests, sondierte es mit dem Tricorder und hielt sich mit der anderen Hand an der Felswand fest. Sie sah in die Richtung, aus der sie kam, bemerkte Tuvok und lächelte aufgeregt. Ihre Lippen formten Worte, die Tuvok nicht hören konnte, und dabei deutete sie auf die Eier.
Tuvok reagierte mit einer Geste, die dem Himmel galt. Aber bisher zeigte sich der Vogel noch nicht; vielleicht war dies gar nicht sein Nest.
»… Eier… vielleicht… Saurier…« Die Worte der
Kommandantin verloren sich im heulenden Wind. Ihr Gesicht offenbarte eine Aufregung, die noch zu wachsen schien.
Tuvok war jetzt nur noch wenige Meter von ihr entfernt und hoffte, sie dazu überreden zu können, diesen Wahnsinn aufzugeben. »Ich schlage vor, wir schenken dem Nest keine Beachtung, Captain!«, rief er und bemerkte dabei, dass sie ihn gar nicht ansah. Ihre Aufmerksamkeit galt vielmehr etwas hinter ihm.
Tuvok drehte sich um und sah den Reptilienvogel, der auf sie zuflog.
Er zog seinen Phaser und hörte, wie Captain Janeway
»Verletzen Sie ihn nicht!« rief, aber der Vogel prallte gegen ihn, bevor er schießen konnte. Er verlor das Gleichgewicht und musste sich mit beiden Händen festhalten, um nicht in die Tiefe zu stürzen. Dadurch verlor er den Strahler – die Waffe fiel und verschwand im kochenden Meer.
Der Vogel glitt in einem weiten Bogen fort und begann dann mit einem neuen Anflug. Tuvok schloss rasch zur
Kommandantin auf, um sie mit seinem Körper abzuschirmen.
Als er sie erreichte, deutete sie auf etwas und plötzlich bemerkte der Vulkanier die Öffnung.
Einige Meter entfernt zeigte sich ein Einschnitt in der Felswand, vielleicht der Zugang zu einer Höhle. Janeway näherte sich ihm bereits und Tuvok sah noch einmal zum Vogel, folgte ihr dann.
Wieder prallte das Geschöpf gegen ihn und stechender
Schmerz durchzuckte Tuvok, als der Vogel an seinem Arm zerrte. Er holte mit dem anderen Arm aus und seine Faust traf den Kopf des Tiers. Dann schob er sich schnell durch den Zugang.
Der Einschnitt führte tatsächlich in eine Höhle, die zwar recht klein war, aber Schutz vor dem Vogel bot, der die schmale Öffnung in der Felswand nicht passieren konnte. Tuvok und Janeway krochen zur Rückwand, nahmen dort Platz und
versuchten, wieder zu Atem zu kommen.
»Sie sind verletzt«, stellte die Kommandantin fest.
Tuvok inspizierte den Arm. Die Uniform war zerrissen, und die Haut wies grüne Striemen auf, aber es schien nicht sehr schlimm zu sein. »Es ist nichts weiter«, sagte er.
»Ich halte den Vogel für einen Saurier oder das hiesige Äquivalent davon. Er ähnelte einem Pterodaktylus, einem Flugsaurier.«
»Und er ist ebenso gefährlich«, sagte Tuvok. »Ich schlage vor, wir kehren sofort zum Schiff zurück.«
»Sind Sie nicht aufgeregt angesichts der Dinge, die wir hier gesehen haben? Die von uns gesammelten Daten sind für Paläontologen von unschätzbarem Wert.«
»Bestimmt handelt es sich um eine Entdeckung von großer wissenschaftlicher Bedeutung.«
Die Kommandantin lächelte und klopfte auf ihren
Insignienkommunikator.
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