Schicksalspfade
Fleisch, aber es ließ sich nicht leicht auftreiben; große Laibe von frisch gebackenem Brot; Schalen mit Obst; und ein würziges Bier, das gut zum Eintopf passte und eine innere Wärme schuf, die Unbehagen auflöste.
Chakotay blieb den ganzen Abend über an B’Elannas Seite, stellte sie vor, lobte ihren Mut dem cardassianischen Gul gegenüber und schrieb ihr das Verdienst zu, die Waffen nach Riva gebracht zu haben. B’Elanna fühlte sich überschätzt und verherrlicht. Zuerst reagierte sie mit Verlegenheit darauf, aber dann fand sie immer mehr Gefallen an diesem Empfinden.
Ständig war sie sich der Präsenz von Seska bewusst. Sie wahrte einen gewissen Abstand zu Chakotay, blieb aber nahe genug, um zur Stelle zu sein, wenn er ihre Gesellschaft suchte.
Er wandte sich nicht ein einziges Mal an sie.
Seine Aufmerksamkeit galt B’Elanna. Geduldig erklärte er ihr Absichten und Aktivitäten des Maquis. Sein
leidenschaftliches Engagement für die hilflos in der
entmilitarisierten Zone zurückgebliebenen Kolonisten erfüllte ihn ganz. B’Elanna fühlte sich davon gerührt und überlegte voller Neugier, was Chakotay zu dem Mann gemacht hatte, der er heute war.
»Warum fühlen Sie sich dieser Sache so sehr verpflichtet?«, fragte sie ihn. »Sie riskieren Ihr Leben für diese Leute. Dafür muss es einen Grund geben.«
Chakotay wandte den Blick von ihr ab und sie sah, wie ein Schatten auf sein Gesicht fiel. Er schien sich plötzlich in einen unsichtbaren, schützenden Kokon zu hüllen. Eine fast greifbare Barriere entstand zwischen ihnen und B’Elanna fand sie entnervend.
Schließlich sah er sie wieder an. »Es ist eine lange
Geschichte. Eines Tages erzähle ich sie Ihnen.«
B’Elanna wollte ihn nicht drängen. Die Geräusche eines Saiteninstruments wehten über die Lichtung und sie drehte den Kopf, um herauszufinden, woher sie kamen.
Seska hielt ein sonderbares Musikinstrument in den Händen, eine runde, bogenartige Vorrichtung mit zehn oder zwölf Saiten, an denen die Bajoranerin geschickt zupfte. Sie begann zu singen. Ihre stolze, eindrucksvolle Stimme klang durch die Nacht, berichtete von Stärke und Leid. B’Elanna lehnte sich an einen Baumstamm und gab sich ganz den Sinneseindrücken hin: der angenehmen Wärme der Sommernacht; dem
herrlichen Duft unbekannter Blüten; dem vollen Magen; der vom Bier bewirkten Entspannung; und Seskas Stimme, klar und transzendent – sie trieb dahin, von einer sanften Brise getragen, sang von toten Kameraden und der Solidarität einer Kampfgemeinschaft.
Ein seltsames Gefühl regte sich in B’Elanna. Es war vage und unvertraut, ließ sich nicht identifizieren – diese Emotion schien sich von allen anderen zu unterscheiden, die sie jemals erfahren hatte. Plötzlich erinnerte sie sich daran, als kleines Kind auf dem Schoß ihres Vaters gesessen zu haben, sicher und beschützt, während ihre Mutter eine Geschichte über einen legendären klingonischen Helden erzählte. Wie lautete sein Name? B’Elanna entsann sich nicht mehr daran. Aber in jenem Moment, geborgen in den Armen ihres Vaters, während ihre Mutter von Mut und Ehre sprach, hatte sie sich ebenso gefühlt wie jetzt.
B’Elanna sah zu Chakotay, der Seskas melancholischem Lied zuhörte, ohne dass sein Gesicht irgendeine Regung verriet, Sie beugte sich zu ihm und flüsterte: »Könnte Ihr Schiff eine hoch qualifizierte Technikerin gebrauchen, Chakotay?«
Als er sich ihr zuwandte und lächelte, klopfte ihr Herz schneller und plötzlich wurde ihr klar, was es mit dem unvertrauten Gefühl auf sich hatte.
Es war Glück.
In B’Elannas Träumen kam er nachts zu ihr, nahm sie
manchmal zärtlich, manchmal mit wilder Begierde, aber immer allein deshalb, weil er sie liebte. Er flüsterte von seiner Leidenschaft, davon, wie sehr er sie verehrte und sich wünschte, für immer mit ihr zusammen zu sein. Sie würde nie wieder allein sein, versprach er ihr, nie wieder Kummer oder Furcht erfahren, denn er würde an ihrer Seite bleiben und sie nie verlassen.
Sie erwachte erregt und unbefriedigt, aber für einige Momente blieb sie in der Sphäre zwischen Schlafen und Wachen, eingehüllt in Wohlbehagen. Er liebte sie. Und er würde bei ihr bleiben.
Dann lösten sich die Nebelschwaden von Schlaf und Traum auf und die Realität erinnerte sie daran, wo sie sich befand. Sie lag auf einer harten Koje in ihrem kleinen Quartier an Bord der Liberty, eines Schiffes, das unter dem Befehl des Mannes stand, von dem sie geträumt hatte. Er
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