Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)
fesselte Seyfried die Hände auf dem Rücken, ehe der noch begriff, was mit ihm geschah.
»Das Hemd hätt’ sowieso keiner mehr sauber gekriegt, nicht mal mein Marieken.« Kalle lachte laut.
Seyfried aber war durch die ruppige Behandlung wacher geworden. »He, was soll’n das?«, brüllte er.
Simon zerrte ihn unbarmherzig auf die Füße und zwang den Kerl, ihm ins Gesicht zu sehen.
»Jetzt kriegst du, was du verdienst, du verdammter Mordbube!«
»Der Däne!« Seyfried war aschfahl geworden.
»Falsch, kein Däne. Aber ich wette, das weißt du längst.«
Kalle hatte inzwischen sein Boot zum Wasser geschoben. Simon stieß Seyfried vor sich her.
»Kalle!«, schrie Seyfried, als er den Schmuggler erkannte. »Du kannst doch nicht mit dem da gemeinsame Sache machen! Wir kennen uns doch seit Jahren!«
»So wie du den Käpt’n«, zischte Kalle. »Hat dich aber nicht gehindert, ihm ’n Messer zwischen die Rippen zu jagen, ne?«
»Was … wer hat das behauptet? Der Däne? Kalle, bitte, ich bin doch dein Freund, ich …«
»Halt’s Maul!«, schrie Kalle und schlug Seyfried mit der Faust ins Gesicht. Hätte Simon den Mann nicht gehalten, wäre der zu Boden gegangen. So hielt er immerhin den Mund und wehrte sich nicht mehr, als die beiden ihn zwangen, sich bäuchlings auf den Boden des Boots zu legen.
Kalle ließ es sich nicht nehmen, seinen rechten Stiefel zwischen Seyfrieds Schulterblätter zu drücken.
»Nur damit du schön da unten liegen bleibst. Wir woll’n ja nicht, dass du über Bord gehst und ertrinkst, ne?«
Seyfried stöhnte. Simon grinste.
Als sie Kalles Bucht erreichten, hatte die Sonne den Zenit bereits überschritten. Ob die Adela schon in Heiligenhafen ankerte? Vermutlich nicht, überlegte Simon, denn Cunard wollte erst um die Mittagszeit auslaufen.
Kalle nahm seinen Stiefel von Seyfrieds Rücken, nicht ohne dem Kerl dabei einen leichten Tritt zu versetzen, und zog ihn hoch.
»Du glaubst doch nicht etwa, dass wir dich gemütlich im Boot an den Strand ziehen, was?« Er stieß Seyfried ins flache Wasser. Seyfried schrie und prustete, als er sich mühsam auf die Knie erhob und ihm das Wasser bis zum Bauch reichte.
»Biste verrückt geworden?«, schrie er. »Das ist schweinekalt!«
»Ah, er wird nüchtern«, stellte Simon lachend fest. »Und dabei ist’s hier nicht halb so kalt wie im Hafenbecken, in das du Hinrich gestoßen hast.«
»Wer sagt das?«, brüllte Seyfried. »Du hast ihn erstochen, ich hab’s genau gesehen, du dreckiger Däne!«
»Na, dreckig ist hier nur einer.« Der Schmuggler war aus dem Boot gesprungen. »Nämlich du. Und das werden wir jetzt mal ändern!« Er packte Seyfrieds Kopf und tauchte ihn kräftig unter. Seyfried wehrte sich heftig, das Wasser schlug Wellen, Luftblasen stiegen auf, aber er hatte keine Möglichkeit, sich gegen Kalles Griff zu wehren.
»Passt nur auf, dass er nicht ertrinkt!«, rief Simon.
»So schnell geht das nicht«, erwiderte Kalle, aber er ließ Seyfried los, der prustend und stöhnend nach Luft rang.
»Na, jetzt biste wohl sauber genug, dass wir dich den Damen zeigen können, du alte Stinklurche.«
»Das werdet ihr noch bereuen! Das zahl ich euch heim!«
»Das wirste wohl kaum können, wenn wir dich mit ’m Felsbrocken um den Hals im Sund versenken.«
Seyfrieds eben noch gerötetes Gesicht wurde bleich. »Das ist Mord!«
»Ne, das wär ’n Gottesurteil.« Kalle lachte. »Wenn du unschuldig bist, wird Gott verhindern, dass du untergehst. Aber wenn du den Käpt’n wirklich niedergestochen und das ’nem Unschuldigen in die Schuhe geschoben hast, gehste unter.«
»Hör mal, Kalle, wir können doch über alles reden.« Seyfried schluckte.
»Wir werden reden«, sagte Simon. »Aber nicht hier.« Er warf Kalle einen kurzen Blick zu. Der zerrte den nassen Seyfried an den Oberarmen hoch und schleifte ihn an den Strand, während Simon das Boot an den Strand zog.
Vor Kalles Haus wurden sie schon erwartet. Jannick und Barbara hatten sich inzwischen übersetzen lassen. Simon erfasste mit einem Blick, dass Jannick dem alten Kapitän gefiel, so, wie sie beisammen auf der Bank vor der Tür saßen und miteinander sprachen. Bei ihrem Erscheinen erhoben sie sich, und Hinrich trat ihnen entgegen. Nicht ganz so kraftvoll, wie Simon es von ihm gewohnt war, die Wunde machte dem Kapitän noch zu schaffen, aber doch sicher genug.
»Sieh mal einer an, der Seyfried!«, sagte er. »Das hättste nicht gedacht, mich noch mal lebend zu sehen,
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