Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)
lernen?«
»Es ist kein Fehler, wenn ich Simon heirate. Du sagst, ich hätte nichts zu bieten, aber das stimmt nicht ganz. Du bist ein angesehener Mann, du bist der größte Anteilseigner der Adela . Und Simon ist nur der jüngste Sohn, noch dazu hat er durch den Untergang seines Kraiers einen guten Teil seines Erbes verloren. Er kann dankbar sein, wenn ich ihn heirate.«
Da fing Hinrich an zu lachen. »Deern, auf den Mund warst du noch nie gefallen! Na, dann warte ich, ob Simon mich fragt, und entscheide dann, ob ich euch meinen Segen gebe.«
»Und wovon machst du deine Entscheidung abhängig?«
»Davon, wie er fragt.« Hinrich zwinkerte seiner Tochter vieldeutig zu, und auf einmal wurde Brida ganz warm ums Herz.
18. Kapitel
N ur noch wenige Ruderschläge, dann hatten sie den Strand erreicht. Kalle sprang aus dem Boot, Simon folgte ihm. Gemeinsam zogen sie das Ruderboot über Sand, Steinchen und knirschende Muschelschalen bis zu dem geschützten Platz zwischen den Dünen, den Kalle immer nutzte, wenn er in Heiligenhafen war. Niemand sah sie, nur die Möwen zogen kreischend ihre Kreise über ihren Köpfen.
»So, jetzt noch ein kleiner Fußmarsch. Seyfrieds Hof liegt oberhalb der Steilküste.« Der Schmuggler wies in die entsprechende Richtung.
Sie brauchten nicht lange, bis sie die Steilküste erreichten. Zielstrebig verließ Kalle den Strand und führte Simon auf dem schnellsten Weg nach oben, wo sie auf ein ansehnliches Fachwerkhaus und mehrere kleine Nebengebäude stießen. Ein frischer Misthaufen türmte sich hinter dem Stall. Simon sah einen alten Knecht, der noch immer mit dem Ausmisten beschäftigt war, und zögerte. Ganz anders Kalle, der sofort auf den Mann zuging.
»Hallo Contz. Sag mal, wo is’n deine Herrschaft?«
Der Alte machte nur eine kurze Kopfbewegung in Richtung des Hauses.
»Hat er wieder die Nacht gebechert?«, fragte Kalle. Ein kurzes Grunzen, das vermutlich ein Ja bedeutete, war die Antwort.
»Na, dann gucken wir mal kurz nach ihm. Geht um Geschäfte.«
Der Alte nickte, dann kümmerte er sich wieder um den Misthaufen.
Simon sah Kalle fragend an.
»Keine Sorge, der Contz is ’n bisschen blöde. Reicht gerade zum Stallausmisten. Wenn er etwas heller wär, hätte er sich schon längst ’n andern Herrn gesucht.«
Anscheinend war Contz der einzige Knecht auf dem ganzen Hof. Niemand sonst kümmerte sich um die anfallende Arbeit, keine Magd, keine Köchin, keine Wäscherin.
Kalle öffnete die Tür zum Wohnhaus und trat ein. Simon folgte ihm, wäre aber fast rückwärts wieder hinausgetaumelt. Es gab nur einen einzigen großen Raum, in dem sich der Unrat stapelte. Es stank schlimmer als in der Nähe des Misthaufens. Erbrochenes mischte sich mit dem Inhalt eines umgestürzten Nachttopfs. Stühle waren umgekippt, auf dem Boden lag zerschlagenes Geschirr.
»Holla, muss ja heute Nacht heiß hergegangen sein!« Unbeeindruckt von dem Gestank pfiff Kalle durch die Zähne. Dann bahnte er sich geschickt einen Weg durch den Müll, geradewegs auf das Bett am anderen Ende der Stube zu.
Seyfried lag halb angezogen auf seinem Lager und schnarchte. Als Kalle ihn mit einem Ruck hochzog, öffnete Seyfried nur kurz die Augen und murmelte etwas Unwirsches.
»Voll bis oben hin. Na, dann kriegen wir ihn leichter mit. Fasst Ihr mit an?«
Simon nickte und bemühte sich, seinen Ekel zu unterdrücken, während er Seyfrieds linken Arm packte und Kalle den rechten. Seyfried stank genauso erbärmlich wie seine Behausung.
»Wo bringt Ihr ihn hin?«, rief Contz ihnen nach, als sie Seyfried über den Hof in Richtung Strand schleiften.
»Zum Ausnüchtern, damit er wieder klar für die Geschäfte ist«, sagte Kalle ungerührt.
Contz nickte, als halte er das für das Selbstverständlichste der Welt.
Je weiter sie sich Kalles Boot näherten, umso spürbarer regte sich Seyfried.
»Na, der olle Suffkopp wird doch wohl nicht etwa munter?« Kalle zog die Augenbrauen hoch.
»Dann sollten wir ihn lieber fesseln«, schlug Simon vor.
»Aber womit?«
Simon ließ Seyfrieds Arm los und tauschte einen kurzen Blick mit Kalle, der Seyfried daraufhin ebenfalls losließ. Der Trunkenbold stürzte zu Boden.
»Was’n los?«, murmelte Seyfried, als er sich bäuchlings im Sand wiederfand. Simon gab ihm keine Erklärung, sondern riss ihm das Hemd vom Leib und stützte das rechte Knie auf Seyfrieds Rücken, bis der sich nicht mehr rühren konnte. Dann drehte er das verdreckte, zerrissene Hemd zu einem Strick zusammen und
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