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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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der Krieg. Und wer mordende Söldner in einen friedlichen Ort führt, soll dafür zahlen. Habt Ihr schon mit Willem darüber gesprochen?«
    »Nein, Ihr seid der Erste. Wenn Simon zurück ist, unterbreite ich ihm den Vorschlag. Er kennt sich mit Pulver und Feuerwaffen besser aus als jeder andere.«
    Ein kalter Schauer rieselte Brida über den Rücken. Die Vorstellung, dass ihre Heimat in wenigen Tagen nicht mehr sein sollte, hinweggefegt von der Erde in einem Sturm aus Feuer und Pulver, war zu ungeheuerlich. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein. Aber es würde geschehen. Das las sie im Gesicht ihres Vaters ebenso deutlich wie in Jannicks Antlitz.
    »Wisst Ihr, wann der Rat seine Entscheidung trifft?«, fragte Hinrich.
    »Irgendwann im Lauf des Vormittags.« Jannick erhob sich. »Ich habe bis dahin noch einiges zu regeln, aber ich wollte, dass Ihr es wisst.«
    »Ich danke Euch.«
    »Sodom und Gomorrha«, flüsterte Brida vor sich hin. Ihr Vater hatte es gehört.
    »Ja, aber mit dem Unterschied, dass der Zorn Gottes nicht die Einwohner treffen wird, sondern die Eroberer. Wer sich die Heimat eines anderen aneignen will, soll dafür mit seinem Blut bezahlen.«
    Selten zuvor hatte Brida ihren Vater so entschlossen erlebt. Er sprach nicht oft von Blut und Tod, war alles andere als ein kriegerischer Mann. Nur einmal hatte er etwas Ähnliches gesagt. Das war damals gewesen, als die Kaperfahrer hinter ihnen her gewesen waren. Pulverdampf hatte sie umhüllt, als die Kanonen der Adela trafen und ihr Vater wie ein zürnender Erzengel immer wieder den Befehl zum Feuern gegeben hatte. Damals war sie stolz auf ihn gewesen, hatte keine Angst empfunden. Aber damals war auch ihre Heimat nicht bedroht gewesen. Ihre Heimat war die Adela , und die war unsinkbar, ebenso wie ihr Vater unsterblich war.
    Johanna saß noch immer in der Küche und hatte kaum an ihrer Milch genippt. Marieke hatte sich zu ihr gesetzt und sprach behutsam auf sie ein.
    »Was ist mit dir?«, fragte Brida und nahm ebenfalls am Tisch Platz.
    »Johanna macht sich Sorgen um ihre Mutter«, antwortete Marieke.
    Johanna nickte stumm.
    »Was ist mit Afra? Ist sie in Schwierigkeiten?«
    »Nein«, antwortete Johanna leise. »Noch nicht. Aber sie will Heiligenhafen nicht verlassen. Sie sagt, Dänen sind auch nur Männer, und bei denen wird sie’s nicht schlechter haben als bei den Kerlen in Heiligenhafen.«
    Brida und Marieke tauschten einen verständnisinnigen Blick.
    »Aber du hast Sorgen, nicht wahr?«, fragte Brida sanft.
    »Ja. Weil sie mich belügt.« Johannas Augen füllten sich mit Tränen. »Sie glaubt, ich weiß nicht mehr, wie es auf Fehmarn war, weil ich noch ein kleines Kind war. Aber ich habe es nie vergessen.«
    »Du warst damals auf Fehmarn?« Marieke schlug die Hand vor den Mund.
    Johanna nickte. »Sie haben uns aufgelauert, als wir schon auf der Flucht waren. Vater hat sich für uns geopfert, damit Mutter und ich entkommen konnten. Sie haben ihn einfach abgestochen, als wäre er ein Schwein.« Eine einzelne Träne lief Johanna über die Wange. »Und jetzt will Mutter hierbleiben. Wie kann sie das nur?«
    Unwillkürlich nahm Brida Johanna in die Arme und drückte sie fest an sich. »Soll ich mit deiner Mutter sprechen?«
    »Sie würde gar nicht zuhören. Die ist doch immer betrunken!« Jetzt konnte Johanna die Tränen nicht länger zurückhalten. Brida hielt sie weiter fest, strich ihr sanft über den Rücken. Wie gern hätte sie ihr gesagt, dass alles gut werde, aber das wäre gelogen gewesen.
    »Deine Mutter ist eine erwachsene Frau. Sie muss ihre eigenen Entscheidungen treffen. So wie du die deinen. Willst du mit uns kommen?«
    »Ich kann sie doch nicht allein zurücklassen! Sie wird sterben!«
    Sterben … Vermutlich war Afras Seele längst gestorben. An jenem Tag, da sie mit ihrer Tochter von Fehmarn geflohen war. Bislang hatte Brida sich kaum Gedanken um Johannas Mutter gemacht. Allenfalls hatte sie Mitleid mit Johanna empfunden. Einmal war Afra vor den Dänen geflohen, hatte dabei ihren Mann verloren. Und was war danach gekommen? Ein erbärmliches Leben als trunksüchtige Hafenhure. Ohne dass Brida es wollte, konnte sie Afras Entscheidung verstehen. Für sie gab es keine Flucht mehr. Nirgendwohin. Das ganze Leben war eine gescheiterte Flucht.
    »Ich will versuchen, dir und deiner Mutter zu helfen«, versprach sie Johanna, auch wenn sie daran zweifelte, ob ihr das glücken würde.

24. Kapitel
    A m frühen Nachmittag kehrte die Elisabeth nach

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