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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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holte ihn zurück in die Gegenwart. Sie stand über ihm, halb aus dem Fenster gelehnt, den Blick auf den Hafen gerichtet. Die Adela . Er hätte es sich denken können. Noch während er zu Brida hochsah, war sie schon verschwunden. Dann hörte er Schritte hinter der Tür, und plötzlich stand sie neben ihm. Ihr langes braunes Haar fiel ihr weit und offen über den Rücken. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, es wie sonst zu einem Zopf zu flechten.
    »Seht, Erik, das ist unser Schiff!« Der Stolz war ihr deutlich anzuhören. Mit Recht, es war das prachtvollste Schiff im Hafen.
    Am liebsten wäre sie wohl gleich an Bord gestürmt, aber noch waren die Seeleute mit dem Anlegemanöver beschäftigt.
    »Manchmal vermisse ich die Tage auf See«, sagte sie. »Ich kenne jeden Spanten dieses Schiffs, jedes Stück Holz. Könnt Ihr Euch vorstellen, dass ich schon mit sieben Jahren ganz oben in der Takelage herumgeklettert bin?« Ihre Augen leuchteten. »Manchmal habe ich darüber geflucht, dass eine Frau kein Seemann sein kann. Wäre ich ein Sohn, dann würde ich jetzt die Adela führen.«
    »Das mag sein, aber es wäre ein großer Verlust für die Männer, Jungfer Brida.«
    Flammende Röte ergoss sich über ihr Gesicht. Verdammt, jetzt hatte er sie schon wieder in Verlegenheit gebracht. Dabei meinte er es doch nur ehrlich.
    Nachdem die Kogge festgemacht hatte, war Brida nicht mehr zu halten.
    »Kommt!«, forderte sie ihn auf. »Es ist viel zu lange her, dass ich auf der Adela war.«
    »Wie lange?«
    »Sie war fast ein halbes Jahr lang unterwegs.«
    Es kam ihm vor, als hätte Brida sich wieder in ein Kind verwandelt. Sie sah das Schiff, und jede weibliche Zurückhaltung war verschwunden.
    Schon von Weitem winkte sie den Seeleuten zu, rief ihre Namen und wurde herzlich begrüßt. So wie jemand, der nach langer Zeit nach Hause zurückkehrt. Nur dass sie es war, die heimkam. Ihr Eifer berührte Erik auf seltsame Weise. Abermals ertappte er sich bei dem Gedanken, dass der Mann, der sie einst heimführen dürfe, sich glücklich schätzen könne. Wie gern würde er … Nein. Er zwang sich, nicht mehr daran zu denken. Seine Lage war zu ernst, als dass er sich schwärmerischen Narreteien hingeben durfte.
    Ein hochgewachsener Mann mit hellblonden Haaren und kurzem Vollbart erschien an Deck. Er war gekleidet wie alle anderen Männer – in ein schlichtes dunkelblaues Hemd und eine ebensolche Hose. Dennoch war er an seiner Haltung sofort als Kapitän zu erkennen.
    »Na, da schau her, Brida!«, rief er. »Du hast’s wohl gar nicht mehr abwarten können, was?«
    »Kann ich nie, wenn die Adela kommt.« Ehe der Landungssteg ausgelegt war, kletterte sie unter dem Beifall der Matrosen an Bord, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt.
    »Kommt Ihr auch, Erik?«, rief sie ihm vom Schiff aus zu.
    Er folgte ihrem Beispiel und fragte sich, wie sie es vermochte, mit ihrem langen Kleid so geschickt zu klettern.
    »Das ist Erik«, stellte Brida ihn vor. »Erik, das ist Kapitän Cunard.«
    Die beiden Männer schüttelten sich die Hände.
    »Wo kommt Ihr her?«, fragte der Kapitän. Eine harmlose Frage. Die selbstverständlichste aller Fragen, wenn zwei Menschen sich in der Fremde begegnen. Nur nicht für Erik.
    »Das wüsste ich auch gern«, entgegnete er.
    »Er ist nach dem letzten Sturm hier angespült worden«, sprang Brida ihm bei. »Und er hat sein Gedächtnis verloren. Wir dachten, dass du uns vielleicht weiterhelfen könntest, Cunard.«
    »Das Gedächtnis verloren?«
    Schon wieder dieser ungläubige Blick. Oder war es nur Erstaunen? Erik wollte Kapitän Cunard nichts unterstellen, aber die letzten Wochen hatten ihn dünnhäutiger gemacht.
    »Ja, so ist es«, antwortete er eine Spur bissiger, als er es eigentlich wollte. »Ich weiß nicht mal, ob Erik tatsächlich mein Name ist.«
    »Wir wissen nicht viel«, fügte Brida hinzu. »Nur ein paar Erinnerungsblitze.« Sie zählte alle Einzelheiten auf, an die er sich bislang erinnert hatte. Cunard hörte aufmerksam zu.
    »Ich habe leider nicht viel gehört und schon gar nichts von vermissten Schiffen aus dieser Gegend«, erklärte er schließlich. »Wir waren in den letzten Monaten drunten in Nowgorod, in Reval und Riga, um günstige Pelze zu handeln. Die haben wir zu einem guten Preis in Danzig und Rostock losgeschlagen. Dein Vater kann mit seinem Anteil zufrieden sein. Wir sind auf kürzestem Weg von Rostock nach Heiligenhafen gesegelt.«
    »Ihr wart also noch gar nicht in Lübeck?«

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