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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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Dünen lang im Sand ausgestreckt und beobachtete die Seevögel. Eine große Silbermöwe war besonders geschickt darin, die kleineren Lachmöwen noch in der Luft anzugreifen und zu berauben.
    Die Sonne hatte in diesen ersten Maiwochen bereits etwas von der Kraft des Sommers, auch wenn ihr noch die sengende Hitze fehlte, die den Sand an heißen Julitagen zum Glühen brachte. Wieder schenkte seine Erinnerung ihm alte Bilder. Ein anderer Strand, eine andere Welt. Sommer. Möwen kreischen, der Sand ist heiß unter seinen bloßen Füßen, verbrennt ihm fast die Sohlen. Die Ostsee empfängt ihn mit angenehmer Kühle, wohltuend, nicht so, als wolle es ihn zerreißen. Er hatte als Kind viel Zeit am Meer verbracht. Schon damals die Vögel beobachtet, Mäuse und Frösche gefangen. Ganz gleich, was die Natur ihm bot, alles erregte seine Neugier.
    Wenn er sich doch nur an wichtigere Dinge erinnern könnte als an kindliche Vergnügungen! Er war hierhergekommen, um seine Gedanken zu ordnen, aber dann doch ins Träumen geraten. Hatte sich einfach vom Zauber des sommerlichen Tages verführen lassen, als hätte er nicht genügend Sorgen.
    Irgendwer wollte seinen Tod. Jemand, der Verbindung zu Ausgestoßenen hatte. Zu gebrandmarkten Verbrechern. Erik seufzte. War er wirklich aus Dänemark geflohen? Wie sollte irgendein dänischer Verfolger wissen, wo er sich aufhielt, und dann auch noch einen lübschen Mörder anheuern? Waren seine Feinde Deutsche? Willems Entdeckung hatte weit mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet.
    Hinter ihm in den Dünen raschelte es. Sofort sprang er auf, bereit, sich jedem Gegner zu stellen. Etwas bewegte sich im Strandgras. Zu groß für ein Tier, aber auch nicht passend für einen Angreifer, der sich näherte. Was immer es sein mochte, er konnte es sich nicht erlauben, einfach abzuwarten. Vorsichtig schlich er näher. Ein Mann stöhnte. Erik hielt inne. Das Stöhnen klang nicht sonderlich gepeinigt. Ganz im Gegenteil … Ein Mädchen kicherte. Er wollte sich gerade anstandshalber zurückziehen, um das Paar nicht aufzuschrecken, da hörte er Johannas Stimme. »Hochwürden, Ihr seid mir ja ein ganz Schlimmer!«
    »Schneller«, keuchte der Priester. »Ich muss zur Sext zurück sein.«
    »Ach, der Küster kann auch ohne Euch läuten. Und ich läute Euch hier.« Sie lachte, und der Pfarrer stöhnte erneut.
    Auf einmal war jede Vernunft vergessen. Das Mädchen war erst dreizehn! Und dieser scheinheilige Pfaffe schämte sich nicht, sich ihrer zu bedienen. Eriks Hände ballten sich zu Fäusten.
    »So ist das also, wenn Ihr die Kinderlein zu Euch kommen lasst, Hochwürden!«, rief er. »Das hätte ich mir denken können!«
    Clemens’ Kopf tauchte zwischen den Strandgräsern auf, hochrot. »Verschwinde, oder ich lass dich wieder einsperren!«
    »Weil es schlimmer ist, Däne zu sein, als Unzucht mit Kindern zu treiben? Vor allem, wenn man eigentlich ein keusches Leben führen sollte? Ihr widert mich an!«
    Noch während er sprach, wusste er, dass er gerade einen Fehler begangen hatte. Er hätte sich nicht von seiner Empörung treiben lassen sollen. Andererseits, der Pfarrer hasste ihn bereits, was machte es da noch aus? Größer konnten seine Schwierigkeiten kaum werden, zumal ihm ohnehin schon Mordgesindel auf den Fersen war. Vielleicht war es ganz gut, wenn er etwas gegen den Pfarrer in Händen hielt, um ihn notfalls zum Schweigen zu bringen.
    Es läutete zur Sext. Pfarrer Clemens rappelte sich hastig auf und stürzte an Erik vorbei in den Ort. Johanna erhob sich viel langsamer, richtete ihr Kleid und kam auf Erik zu. Noch im Gehen strich sie es verführerisch über ihren kleinen Brüsten glatt.
    »Ihr wart aber garstig zum Herrn Pfarrer.« Sie kicherte.
    »Er hat’s verdient«, antwortete Erik.
    »Immerhin bezahlt er gut.« Sie zeigte ihm eine Silbermünze. »Und er ist auch nicht so unangenehm wie manch anderer hier.«
    »Warum tust du das, Johanna? Gibt es keine andere Möglichkeit für dich, dein Auskommen zu finden?«
    »Ihr redet ja, als wärt Ihr der Pfaffe und nicht der Clemens. Und dabei macht Ihr doch ordentlich was her.« Sie musterte ihn keck. »Der Pfarrer hat gut bezahlt. Wenn Ihr mögt, mach ich’s Euch dafür umsonst.«
    »Du bist mir immer noch zu jung.«
    »Ja, aber heut bin ich einen Tag älter.«
    »Nicht alt genug.«
    »Ja, ja, in fünf Jahren, ich hab’s nicht vergessen.« Sie lachte noch einmal, dann folgte sie dem Weg, den der Pfarrer eingeschlagen hatte. Erik blieb zurück und wusste

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