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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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nach der Sext gesehen. Er war vollkommen aufgelöst. Ich bot ihm meine Hilfe an. Er kam mit mir in die Kirche und hat mir gebeichtet, was er gesehen hat.«
    »Kurz nach der Sext, soso«, sagte Erik. »Und wann soll ich den Mord begangen haben?«
    »Als es zur Sext läutete!«, schrie Seyfried. »Verfluchter Mörder, ich hab’s genau gesehen. Da drüben, hinter den Speichern war’s. Der Schrei des Käpt’n ging im Glockenläuten unter.«
    »Ihr wisst, dass der Mann lügt, Hochwürden«, sagte Erik und wunderte sich, wie ruhig seine Stimme trotz seiner Anspannung klang.
    Der Pfarrer zog die Brauen hoch. »Woher sollte ich das wohl wissen?«
    »Weil Ihr wisst, wo ich war, als es zur Sext läutete.«
    Pfarrer Clemens verschränkte die Arme vor der Brust. »Na, da bin ich aber neugierig, welche Lügenmärchen Ihr uns auftischen wollt, um Eure Unschuld zu beweisen.«
    Eriks Hände ballten sich zu Fäusten. Dieser verdammte Hurenbock! Er hätte nicht gedacht, dass der Pfaffe bereit war, ihm wider besseres Wissen einen Mord anzuhängen. Wenn es denn überhaupt um einen Mord ging. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Hinrich tot war.
    »Lucas, nehmt den Mann fest!«, verlangte Clemens. »Ich glaube Seyfrieds Worten. Und bis wir Hinrich oder – was Gott verhüten möge – seinen Leichnam gefunden haben, sollten wir lieber sichergehen und diesen gefährlichen Menschen einsperren.«
    Die Männer von der Stadtwache traten einen Schritt vor.
    »Das ist eine gemeine Lüge!«, brüllte Erik. »Ihr wisst ganz genau, dass ich unschuldig bin!«
    »Das werden wir klären«, sagte der Mann, den der Pfarrer Lucas genannt hatte. »Was ist nun? Kommt Ihr freiwillig mit, oder müssen wir Gewalt anwenden?« Die Männer traten einen weiteren Schritt auf ihn zu.
    Auf einmal war jede Vernunft erloschen. Allein die Vorstellung, in die Zelle zurückzukehren, erfüllte Erik mit Panik. Und dann noch der Gedanke, dass der Pfarrer ihm böswillig einen Mord in die Schuhe schieben wollte. Ausgerechnet an einem Mann, den er wie keinen zweiten schätzte.
    Er stand nur drei Schritte vom Hafenrand entfernt. Ohne weiter nachzudenken, warf er sich herum und sprang ins kalte Wasser.
    Noch während die Wellen über ihm zusammenschlugen, hörte er die Schreie hinter sich. Dann herrschte Stille. Er tauchte an dem kleinen Kraier vorbei, der im Hafen lag, kam an dessen Seeseite einmal kurz zum Atemholen hoch, dann tauchte er weiter, schwamm mit der Strömung aus dem Hafen hinaus, so lange, bis ihm die Luft abermals ausging. In seiner Panik spürte er kaum die Kälte des Wassers. Nur weg, bevor ihm jemand folgte.
    Noch während er schwamm, kehrte sein Verstand zurück. Hatte tatsächlich jemand Hinrich etwas angetan? Jemand, der ihm ähnlich sah? Was mochten Seyfrieds vom Rausch vernebelte Augen wohl gesehen haben?
    An einer uneinsichtigen Strandbiegung tauchte er wieder auf und holte tief Luft. Niemand war hinter ihm. Er hörte weder Ruderschläge noch Schwimmstöße. Das Wasser war ruhig. Vermutlich hatte er die Männer mit seiner Flucht völlig überrascht. Vielleicht hatte Kalle sie auch zurückgehalten.
    Das Strauchwerk reichte fast bis zum Strand, und dahinter begann ein kleiner Wald. Eine gute Stelle, um an Land zu gehen. Gerade wollte er sich aus dem Wasser erheben, als er innehielt. An dem Stein vor ihm klebte Blut! Und die Blutspur ging weiter.
    War Hinrich tatsächlich verletzt ins Hafenbecken gestürzt und hier ebenfalls an den Strand gekrochen?
    »Hinrich?«, fragte er leise ins Unterholz. Ein Stöhnen war die Antwort. Sofort war er aus dem Wasser und folgte dem Laut.
    Der Kapitän lag bäuchlings zwischen Farngewächsen.
    »Hinrich, ich bin’s, Erik.« Vorsichtig berührte er den Verletzten. Der regte sich, versuchte, sich umzudrehen, doch ihm fehlte die Kraft. Erik half ihm.
    »Erik«, flüsterte Hinrich.
    »Wer hat Euch das angetan?«
    Hinrichs Hemd war blutig, der Stich hatte ihn in der Nähe des Herzens getroffen. Anscheinend war die Waffe an der Rippe abgerutscht, sonst hätte er nicht mehr gelebt.
    Der Kapitän atmete mühsam. Seine Lippen formten Worte, aber es brauchte eine Weile, bis er wieder genug Kraft fand, sie auszusprechen.
    »Seyfried.«
    »Seyfried hat Euch niedergestochen?« Eriks Gedanken wirbelten wild durcheinander. »Warum?«
    »Weil …« Hinrich wollte sich weiter aufrichten. Erik half ihm. »… weil ich gehört hab, wie er Claas erpresst hat.«
    »Er hat Claas erpresst? Womit?«
    Wieder schweres

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