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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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wünsche, sind nicht dabei. Ich weiß noch immer nicht, wer ich bin.«
    »Erzählt mir davon.« Sie setzte sich in den warmen Sand. Da es ihm unangenehm war, von oben auf sie hinabzuschauen, gesellte er sich zu ihr.
    »Das Schiff, an das ich mich erinnerte, als ich die Adela das erste Mal sah, ist die Elisabeth , die Kogge meines Bruders Jannick. Und das Wappen, das sie im Segel führt, gehört meiner Familie.«
    »Euer Bruder besitzt also eine Kogge, und Ihr hattet einen Kraier.«
    Erik nickte.
    »Was könnt Ihr mir sonst noch erzählen?« Sie warf ihm einen aufmunternden Blick zu.
    »Die Smukke Grit war schon ein älteres Schiff. Die Vermutung Eures Vaters könnte stimmen. Ich glaube, sie war ein Teil der Mitgift meiner Mutter. Und …« Er hielt inne.
    Ein neues Bild. Er steht im Dom von Lübeck. Ringsum drängen sich Menschen, aber er sieht sie nicht. Der Priester hält den Trauergottesdienst, aber er hört ihn nicht. Er sieht nur auf den dunklen Sarg und weiß, dass er leer ist …
    »Was ist mit Euch?« Bridas Stimme holte ihn zurück.
    »Ich … Es ist merkwürdig …« Er schluckte, wusste nicht, wie er das langsam aufsteigende Bild in Worte oder die undeutlichen Schatten ordnen sollte.
    Auf einmal spürte er Bridas Hände von hinten auf den Schultern. Ähnlich wie im Kerker, als sie seine Kopfschmerzen vertrieben hatte.
    »Sagt es mir!«, flüsterte sie, während sie ihn auf dieselbe Weise wie damals massierte. »Was geht Euch durch den Kopf?«
    Er fühlte ihren Atem im Nacken. Ihre Hände, die Schmerzen zu lindern vermochten. Nur dass er heute keine Schmerzen litt. Dennoch überließ er sich ihr nur allzu gern, und plötzlich verstand er auch, warum. Ihre Nähe rief weitere Bilder aus der Tiefe seiner Seele herauf.
    »Ich war wohl dreizehn oder vierzehn, kein Kind mehr, aber noch längst kein Mann«, begann er, während er sich ganz ihren Berührungen hingab. »Ich glaube, meine Mutter starb zu dieser Zeit, aber ich bin mir nicht sicher. Es sind undeutliche Bilder. Eine Trauerfeier in Lübeck, im Dom. Und ich denke die ganze Zeit nur, dass ihr Sarg leer ist.«
    »Ihr meint, sie war gar nicht tot?« Unbeirrt fuhr Brida fort, seine Schultermuskeln sanft zu kneten.
    »Ich weiß es nicht. Als Nächstes sehe ich meinen Vater vor mir, der meint, es sei in ihrem Sinn gewesen, wenn ich die Smukke Grit bekäme, wenn ich alt genug sei.« Erik atmete tief durch. »Ich glaube, mein Vater stammt aus Lübeck, Brida. Warum hätte man sonst im Dom zu Lübeck eine Trauerfeier abgehalten?«
    »Dann sollten wir nach Lübeck reisen«, schlug sie sogleich vor. »Der Hafenmeister weiß sicher, wem die Smukke Grit oder die Elisabeth mit ihrem auffälligen Wappen gehörte.«
    Der Wind hatte gedreht. Der Duft von brennenden Holzscheiten und gebratenem Fleisch wehte von Kalles Schmugglerkate zu ihnen herüber.
    »Aber das hat alles Zeit bis morgen. Ich glaube, das Essen ist fertig.« Brida ließ ihn los und stand auf. Er bedauerte es. Gern hätte er auf den Braten verzichtet, nur um ihre Nähe noch länger zu spüren.
    Es war ein Abend voller Freiheit, der alte Erinnerungen an Geborgenheit wachrief, leider ohne ihm die dazugehörigen Bilder zu zeigen.
    Kalles Freunde waren Schmuggler wie er selbst. Junge Männer, die hofften, damit den Grundstock eines erklecklichen Vermögens zu begründen, das es ihnen erlaubte, irgendwann eine Frau heimzuführen. Brida und Marieke saßen wie selbstverständlich dazwischen und tranken von dem Bier wie die Männer, wenngleich sie sich eher mäßigten. Sogar Hinrich hatte sich aufgerafft und leistete den Feiernden vor der Hütte Gesellschaft.
    Zu seinem Erstaunen stellte Erik fest, dass ihn Bridas Art, mit den Männern wie mit ihresgleichen zu sprechen, nicht nur beeindruckte, sondern geradezu in Bann zog. Nach dem dritten Krug Bier wäre er bereit gewesen, vor ihr auf die Knie zu fallen und ihr einen Heiratsantrag zu machen. Glücklicherweise behielt sein Verstand die Oberhand. Was konnte ein Mann ohne Gedächtnis einer Frau wie Brida schon bieten? Gut, vermutlich entstammte er einer wohlhabenden Familie, aber vielleicht war er längst verheiratet. Sein Bruder war in seinen Erinnerungen Anfang zwanzig gewesen, als er Elisabeth zur Frau genommen hatte. Erik selbst war Mitte zwanzig und hielt es für durchaus möglich, längst Frau und Kinder zu haben.
    Aber wenn es so wäre, warum erinnerte er sich nicht an sie so wie an seinen Bruder? Und wer war die Frau, von der er immer wieder träumte und

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