Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
Vom Netzwerk:
Silbermöwe sogar eine Pastete aus der Hand gerissen.
    »Vor Seeräubern musste dich hüten«, hatte ihr Vater lachend gesagt, als sie dem Vogel und ihrer Pastete verblüfft hinterhergestarrt hatte. Dann hatte er ihr an einer der Buden eine neue gekauft, und sie hatte sie tapfer gegen jeden gefiederten Räuber verteidigt.
    An diesem Tag herrschte besonders viel Betrieb. Allenthalben wurden Schiffe entladen, die Gehilfen des Hafenmeisters schrieben die Schiffsnamen samt der Ladung in ihre Listen und trieben die Gebühren ein.
    Die Buden, an denen Bier und Met, salzige Heringe, Honigkuchen und Pasteten feilgeboten wurden, hatten sich in all den Jahren nicht verändert. Wie eh und je wurden sie von den aufdringlichen Möwen belagert. Dann gab es die Gassenjungen, die sich gern am Hafen herumtrieben und von Abenteuern auf See träumten. Manch einer versuchte, sich als Schiffsjunge zu verdingen, meist ohne Erfolg, denn ein ehrbarer Kapitän nahm keinen Jungen ohne das Einverständnis von dessen Vormund an Bord. Und die Schiffsherren, die sich nicht darum scherten, waren kaum besser als Kaperfahrer.
    Das Ruderboot hatte mittlerweile angelegt. Erik reichte Brida die Hand, um sie beim Aussteigen zu stützen. Natürlich hätte sie seine Hilfe nicht gebraucht, aber es gefiel ihr, dass er so zuvorkommend war.
    »Brida!« Cunards Augen leuchteten, als er sie erkannte. »Wie kommst du nach Lübeck?«
    »Eine längere Geschichte«, entgegnete sie. »Und die würde ich dir gern in Ruhe erzählen, nicht hier an Deck.«
    Der Kapitän nickte und führte sie, Erik und Kalle in seine Kajüte. Wieder tauchten die alten Bilder von den Reisen an der Seite ihres Vaters auf. Sie erinnerte sich an Tage, da dieser Raum geschwankt hatte, als würde gleich alles umstürzen. Wenn Stürme die Adela rüttelten. Aber niemals hatte sie daran gezweifelt, dass ihr Schiff jedem Unwetter zu trotzen vermochte. Die Adela war unsinkbar. Ebenso, wie ihr Vater unsterblich war.
    »Ich habe auch einiges erfahren«, erklärte Cunard, nachdem sie alle um den kleinen Tisch in der Kapitänskajüte Platz genommen hatten. »Ich glaube, ich weiß, wer Erik wirklich ist.«
    Für einen Moment stand die Welt still, und Bridas Herz hörte auf zu schlagen. »Du weißt es?«
    Cunard nickte. Sie sah zu Erik hinüber, der ebenso erstarrt war wie sie.
    »Wer bin ich?«, fragte er leise.
    »Das Wappen, das Ihr mir beschrieben habt, brachte mich auf die richtige Spur. Aber ich fürchte, meine Erkenntnisse machen Euch nicht glücklich.«
    »Dann kommt endlich zur Sache!« Erik wurde ungeduldig.
    »Immer mit der Ruhe! Ich fange am besten von vorn an.«
    Brida sah, wie Eriks Hände sich zu Fäusten ballten. Er wollte nicht länger warten, ihm hätte es wohl genügt, einfach seinen Namen zu erfahren, aber er beherrschte sich und machte Cunards Spiel mit.
    »Es gibt nur eine Kogge, die dieses Wappen in ihrem Segel führt. Es ist die Elisabeth . Und sie gehört Johann von Wickede, dem ältesten Sohn des einflussreichen Ratsherrn Ulrich von Wickede.«
    »Von Wickede«, wiederholte Erik den Namen der Familie leise. Doch sein Blick wirkte immer noch nach innen gekehrt. Vergeblich suchte Brida in seinen Augen nach dem Funken des Wiedererkennens.
    »Ihr sagtet, Euer Bruder heißt Jannick«, bemerkte sie.
    Erik nickte. »Das muss kein Widerspruch sein. Jannick ist die dänische Form von Johann.«
    »Ulrich von Wickede hat zwei Söhne«, fuhr Cunard fort. »Johann, den Ältesten, und Simon, der zehn Jahre jünger ist als Johann.«
    Für einen kurzen Moment flackerte Eriks Blick.
    »Ist das Euer Name?«, fragte Brida. »Simon von Wickede?«
    »Ich … ich weiß nicht. Es könnte sein.«
    »Wartet ab, die Geschichte geht weiter«, sagte Cunard. »Vor einigen Monaten kam es zu einem riesigen Aufruhr. Simon überwarf sich mit seiner Familie und segelte bei Nacht und Nebel mit seinem Kraier, der Smukken Grit , nach Dänemark. Es heißt, er habe dem Rat der Hanse geheime Dokumente gestohlen und sich in den Dienst des dänischen Königs gestellt. Seither ist ein Preis auf seinen Kopf ausgesetzt, und er gilt als Verräter.«
    »Nein!«, schrie Erik. »Das ist nicht wahr! Ich hätte niemals einen Verrat begangen!«
    »Das erzählt man sich jedenfalls in Lübeck«, fuhr Cunard unbeirrt fort. »Und alle behaupten, das passe zu Simon. Er war schon immer ein Mann, der sich gern in Händel verstricken ließ. Der keinem Duell auswich und für seine spitze Zunge gefürchtet war. Der mit Schwert und Messer

Weitere Kostenlose Bücher