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Schieber

Schieber

Titel: Schieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Rademacher
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Atem an.
    »Nein. Sie hat mir bislang zwei Notizen geschrieben, kurze
Wasserstandsmeldungen sozusagen. Aber wiedergesehen haben wir uns leider
nicht.« Ehrlich starrt aus dem Fenster.
    Der Oberinspektor muss sich beherrschen, um nicht vernehmlich
auszuatmen. Soll der Staatsanwalt seine Erleichterung bloß nicht bemerken.
»Frau von Veckinhausen kann manchmal wortkarg sein«, sagt er und erhebt sich
diesmal tatsächlich aus dem Stuhl.
    »Passen Sie auf sich auf«, ruft ihm der Staatsanwalt hinterher, als
er schon die Türklinke herunterdrückt. »Ich möchte nicht, dass auf diesem
übervollen Schreibtisch morgen ein Antrag auf Leichenöffnung eingeht, mit Ihrem
Namen darauf.«
    »Doktor Czrisini wird mich nicht von innen sehen.«
    Kaum ist Stave in seinem Büro, schrillt das Telefon.
MacDonald. »Ich weiß, wie wir heute Nacht ungesehen über die Elbe kommen.«
    »Fliegen wir?«
    »Wir segeln.«
    Stave wirft die Tür zum Vorzimmer zu, setzt sich an seinen
Schreibtisch und wischt sich mit der Linken den Schweiß aus der Stirn. »Die
Verbindung ist schlecht. Ich muss Sie falsch verstanden haben.«
    Der Lieutenant lacht. Seine Laune ist so gut wie seit Tagen nicht
mehr. »Britannia rules the waves. Auch die kleinen Wellen auf der Elbe. Wir
nehmen ein Segelboot.«
    »Ich kann mir nichts Auffälligeres vorstellen als ein Segelboot auf
der Elbe«, erwidert Stave entgeistert.
    »Nachts bläst immer eine leichte Brise über den Fluss. Niemand sieht
uns. Niemand hört uns. Kein Motorenlärm, keine Lichter.«
    »Und kein Segelboot. Woher sollen wir eines nehmen?«
    »Wir haben 1945 nicht nur ein paar Villen und Theater requiriert,
alter Junge. Auch die eine oder andere Yacht steht nun den Offizieren Seiner
Majestät zur Verfügung.«
    »Was ist mit deren ursprünglichen Besitzern?«
    »Ein paar vermögende Hamburger, die seit 1945 unabkömmlich sind. Die
Segelboote wurden offiziell beschlagnahmt. Sie dümpeln in verschiedenen
Elbhäfen. Ich denke an einen Schärenkreuzer, der an den Piers am Baumwall auf
Abenteuer wartet: Die ›Albatros IV‹. Gehörte bis 1938 einem Hamburger Bankier,
der die falsche Religion hatte für das Dritte Reich. Ging dann an einen
SS-Obergruppenführer, der seit März 1945 wie vom Erdboden verschluckt ist. Nun
amüsiert sich damit ein Colonel mit guten Verbindungen zum Kriegsministerium.
Wir sollten die Yacht in ›HMS Albatros IV‹ umbenennen. Schlank, schnell,
dreizehn Meter lang, ein perfektes Sportgerät.«
    »Klingt so, als wäre ich damit überfordert.«
    »Sie können nicht segeln?«
    »Als Junge habe ich auf Jollen die Alsterschwäne gejagt. Die Schwäne
haben gewonnen. Seither segle ich nicht mehr. Ich hatte Frau und Kind und das
überschaubare Gehalt eines Kriminalbeamten.«
    »Das qualifiziert Sie zum Schiffsjungen. Sie müssen mir nur beim
Hissen der Segel helfen und vielleicht mal ein paar Leinen festhalten. Den Rest
erledige ich. Es ist nicht weit. Vom Baumwall müssen wir bloß über die Elbe
segeln, dann sind wir bei Blohm & Voss. Machen Sie sich keine Sorgen.«
    »Ich mache mir keine Sorgen, ich stelle Fragen. Zum Beispiel: Weiß
Ihr Colonel, dass wir uns seine Yacht ausleihen?«
    »Selbstverständlich nicht.«
    »Patrouillieren nachts auf der Elbe englische Boote?«
    »Selbstverständlich ja. Wir müssen vorsichtig sein. Und spät
losfahren.«
    »Und wenn uns doch jemand erwischt?«
    »Zücken wir unsere Ausweise und erfinden irgendeine Geschichte.«
    »Welche?«
    »Noch ist mir keine eingefallen. Ich denke darüber nach, wenn ich
den Suchscheinwerfer eines Patrouillenbootes aufleuchten sehe.«
    »Schön, dass wir so gut vorbereitet sind. Angenommen, wir kommen
ungesehen ans andere Ufer. Was dann?«
    »Dann vertäuen wir die ›Albatros IV‹ an der Anlegestelle der
Barkassen im Kuhwerder Hafen. Von dort schleichen wir uns bis zur Werft,
passieren ungesehen die englischen Posten und verstecken uns in der Nähe der
›Leland Stamford‹. Wenn der Schmuggler kommt, schlagen wir zu. In der
Morgendämmerung segeln wir im Triumph zurück, die größten Seehelden seit Sir
Francis Drake. Ich werde befördert und darf Erna heiraten. Sie werden befördert
und dürfen heiraten, wen Sie wollen, denn einem Helden fliegen Frauenherzen
zu.«
    »Klingt wie ein realistischer Plan«, murmelt Stave und schließt die
Augen.
    »Haben Sie einen besseren?«
    »Ich habe nicht mal einen schlechteren. Wann treffen wir uns? Und
wo?«
    »In ›Sellmers Kellerwirtschaft‹ im Fischereihafen Altona.

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