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Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Titel: Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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war.
    Er hatte weder Zeit noch Lust, sich mit hübschen Mädchen und ihren Verehrern zu befassen. Eines von diesen weiblichen Wesen war ihm zum Verhängnis geworden. Seitdem ging es mit ihm im atemberaubenden Tempo bergab . . . geradewegs in die Hölle, wie es schien. Selbstmord, Mord und Schlaganfall. Drei Tote. Ich bringe den Menschen kein Glück, dachte er bitter. Umsonst bemühte er sich, die Unglücksserie als eine Reihe ungewöhnlicher Zufälligkeiten zu betrachten.
    „Ihr Tee, Sir."
    Das Mädchen lächelte ihm in die Augen. Ray bemerkte, daß der Wirt mißtrauisch in ihre Richtung blickte.
    „Ich möchte zahlen", sagte Ray und holte die Brieftasche hervor. Während er dem Mädchen einen Schein hinschob und mit einer Geste auf die Herausgabe des Wechselgeldes verzichtete, fiel ihm ein, daß sein Barbestand mehr als einhundert Pfund betrug. Nach dem Abzug der Kosten für falsche Papiere und eine Schiffsreise würde davon kaum etwas übrigbleiben. Er trank in Ruhe seinen Tee zu Ende und verließ dann das Lokal. Kurz darauf betrat er ein Lederwarengeschäft, wo er ein Aktenköfferchen erstand, das ihn wie einen Anwalt, oder doch zumindestens wie einen Anwaltsboten erscheinen ließ. Anschließend kaufte er in einem Textilwarengeschäft drei Oberhemden; eines davon wählte er in blau. Schließlich erwarb er noch einen Rasierapparat und Klingen, obwohl er nicht recht wußte, wie und wo er sich rasieren sollte.
    Dann fuhr er zurück in die City. Er hatte entdeckt, daß die zeitraubenden Busfahrten relativ sicher waren. Er konnte auf den langen Strecken oft über eine Stunde bequem in den Ledersitzen hocken und die Stadtlandschaft geruhsam an sich vorüberziehen lassen. Im übrigen nahm er sich vor, sein Glück heute Abend in irgendeiner kleinen Pension zu versuchen. Er hatte keine Lust, erneut auf dem schmutzigen Fußboden eines verlassenen Hauses zu schlafen. Noch während er überlegte, welche Pension er wählen sollte, dachte er plötzlich an Mr. Graham.
    Wenn Mr. Graham seine Frau ermordet oder auch nur schwer verletzt hatte, mußte er sich bereits im Gefängnis befinden. Das bedeutete, daß er, Ray Crane, ziemlich sorglos im Pavillon des Grahamschen Grundstückes übernachten konnte. Das war fast so bequem wie eine Pension und bedeutend sicherer.
    Gegen Mittag betrat er in der Innenstadt eines der überfüllten Schnellrestaurants. Bevor er sich in die Schlange der Wartenden einreihte, wechselte er auf der Toilette das Hemd. Nach dem Essen kaufte er sich alle Mittagsausgaben, deren er habhaft werden konnte. Aber die Zeitungen brachten weder eine Notiz des Selbstmordes, noch eine Angabe über den Mord an Mrs. Graham.
    Das fand Ray merkwürdig. Die englischen Zeitungen sind im allgemeinen gut informiert, und es gehört zu ihrem scharfen Konkurrenzkampf, daß sie besonders sensationelle Nachrichten sehr rasch und selbst dann bringen, wenn es eine verspätete Ausgabe bedeutet. Nun war es natürlich möglich, daß man die Leiche in der Ruine noch nicht entdeckt hatte, und daß Ann Graham nicht ermordet, sondern lediglich verletzt worden war.
    Zu Punkt eins paßte freilich nicht das Auftauchen des Unbekannten, der in der Ruine herumgeschnüffelt hatte und dann wieder verschwunden war. War es möglich, daß er die Polizei nicht benachrichtigt hatte? Zu Punkt zwei ließ sich sagen, daß Graham unter Umständen versuchen würde, den Mord zu vertuschen. Wenn er mit der Dienerschaft rechnen konnte, war das noch nicht einmal allzu schwer . . .
    Am Nachmittag suchte Ray zwei Kinos auf. In der anonymen Dunkelheit der Lichtspielhäuser fühlte er sich noch sicherer als in den Omnibussen. Er wählte mit Vorbedacht die teuren Plätze, die während der Nachmittagsvorstellungen kaum besetzt waren. Gespannt erwartete er das Erscheinen der Abendblätter . . . sie mußten endlich etwas von den beiden Toten bringen!
    An einem Kiosk kaufte er sich die wichtigsten Blätter. Nicht eines von ihnen brachte das Erwartete.
    Statt dessen starrte ihm auf der Frontseite des „Mirror" sein eigenes Foto entgegen:
    RAY CRANE NOCH IMMER IN LONDON stand darunter.
    Ray überflog den Artikel. Die Alte hatte ihn also erkannt, und der Friseur war tot. Er studierte die angefügte Personenbeschreibung und nahm sich vor, seinen grün-rot gestreiften Schlips abzubinden. Wegen des Flanellanzuges brauchte er keine Angst zu haben: den gab es in London zehntausendfach.
    Er stopfte die Zeitungen in einen Papierkorb und erstand an einer Straßenbude zwei

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