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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Fleming
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gesehen. Doch es gibt immer Hoffnung. Ihr Körper kann dagegen ankämpfen, wenn er stark genug ist. Und wenn deine Mutter keine starke Frau ist, wer dann?« Es war nicht die Antwort, auf die sie gehofft hatte, aber Ella konnte keine weiteren schlechten Nachrichten mehr aufnehmen. »Wann kommt Celeste zurück? Ich wünschte, sie wäre hier. Warum musste sie ausgerechnet jetzt wegfahren. Warum kann sie nicht zurückkommen?«
    »Ich habe ihr ein Telegramm geschickt. Ich bin sicher, sie kommt, so schnell sie kann.«
    Wie konnte Selwyn nur so ruhig bleiben? Machte es ihm denn nichts aus? Ella hatte das Gefühl, ihre gesamte Welt würde auseinanderbrechen. Sie selbst fühlte sich eine Million Meilen von der Erwachsenen entfernt, für die sie sich gerade noch gehalten hatte. Wenn Mum nicht mehr da wäre, wer würde sich dann um sie kümmern?

83
    New York
    Angelo rang in der engen Wohnung nach Luft. Nebenan gab es Streit; laute Schreie drangen durch die geöffneten Fenster, aber kein Lufthauch. Patti hatte das Grammophon auf volle Lautstärke gedreht und übte ihre Steppschritte. Sie war Mitglied der Kinderstepptanztruppe Mandelo’s Tiny Troopers, tanzte und sang, wann immer sie konnte, und hüpfte stolz in ihren Rüschenkostümchen herum, die Kath aus Stoffresten von Kleiderläden schneiderte.
    Jack war wieder einmal frech zu seiner Mutter, aber Angelo hatte nicht die Kraft, ihm eins hinter die Löffel zu geben. Sein Sohn war zu einem regelrechten Straßenjungen geworden und hatte sich einer Gruppe Rabauken angeschlossen, die in den Gassen herumlungerte. Wer wusste schon, was er anstellte, wenn er außer Sichtweite war? Angelo fürchtete, dass die
Padrones
, die überall in der Stadt illegale Flüsterkneipen eröffneten, gewissenlos unbedarfte Jungen für ihre miesen Geschäfte anheuerten, die sie mit wenig Geld bezahlten.
    Angelo musste wieder husten. Er war nun schon seit Wochen krank und nach jedem Treppensteigen erschöpft. Es war das alte Problem, und jeder wusste von dieser Schwäche, die er dennoch verbergen wollte. Am anderen Ende des Zimmers versuchte Frankie für seine Aufnahmeprüfung zu lernen, während ihm Pattis Gelärme um die Ohren dröhnte. Angelo suchte Trost im Bildnis der Madonna. Wie sollte er nur mit ihnen fertigwerden – Jacko zurechtstutzen und Patti zur Ruhe ermahnen? Kathleen ging jetzt zur Arbeit in einem irischen Wäschegeschäft, und er musste mit den drei Blagen allein zurechtkommen.
    Wieder überkam ihn die schleichende Angst, dass es bald mit ihm zu Ende wäre. Er, der seit Jahren nicht mehr in der Kirche gewesen war, hatte wieder angefangen, beim alten Pater Bernardo zur Beichte zu gehen. Der Arzt sagte, er habe vom Rauchen und von zu viel schlechter Luft Staub in der Lunge, und die Herzschwäche seit seiner schweren Grippe werde ihn in ein frühes Grab bringen, sofern er nicht frische Luft und ausreichend Ruhe bekomme.
    Kathleen war furchtbar besorgt gewesen und wollte, dass sie aufs Land zögen, aber das war natürlich leichter gesagt als getan. Mittlerweile hatte auch sie kaum noch Kraft, und Jacko nutzte das aus, schwänzte die Schule und zog mit seiner Gang umher.
    Frankie hatte angeboten, von der Schule abzugehen und in Onkel Salvis Laden zu arbeiten, aber Kath wollte nichts davon hören. »Wir sind in dieses Land gekommen, weil wir ein besseres Leben führen wollten, und wenn nicht wir, dann zumindest unsere Kinder. Du wirst die Schule nicht verlassen, Frankie, nicht, wenn die Patres so zufrieden mit dir sind. Sie sagen, du wirst einen Platz im Priesterseminar bekommen. Wir werden es schaffen. Jack wird irgendwann vernünftig werden und uns stolz machen, und der Name unserer kleinen Patti wird eines Tages in Leuchtbuchstaben am Broadway stehen. Das sagt sie jedenfalls.« Sie lächelte, um ihre Sorgen vor ihrem geliebten Sohn zu verbergen.
    Noch nie hatte Angelo sich so hilflos gefühlt. Wenn er doch nur wieder zu Kräften käme, um ein richtiger Ehemann und Vater zu sein, anstatt beobachten zu müssen, wie das Leben ohne ihn ablief. Schlimm genug, dass Frankies Kopf mit Latein und Griechisch vollgestopft war, mit Mathematik und Liturgie! Musik liebte er auch, Choräle, Weihnachtslieder, Orgelmusik, und er sang ständig in der Kirche. Seit seiner Erstkommunion hatte er kein einziges Mal an seiner Berufung gezweifelt, egal, wie oft Angelo ihn verhöhnt hatte. Er lag darüber im ständigen Streit mit Kathleen, aber sie setzte sich immer wieder durch.
    »Wenn Gott ihn als Priester

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