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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Fleming
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geblieben? Sei nicht so ein Angsthäschen.«
    »Entschuldige, aber so fühle ich mich«, sagte sie, den Tränen nahe. »Lach mich nicht aus. Ich kann nichts dafür.«
    »Ich weiß, und ich liebe dich, auch wenn du schwarzsiehst«, sagte Joe, nahm sie in den Arm und streichelte ihre Wange. »Dir ist kalt. Tut mir leid, Schatz. Wir wollen runtergehen, und ich werde dich richtig aufwärmen.« Sie lachten.
    »Keine Anzüglichkeiten, junger Mann, ich bin eine ehrbare, verheiratete Frau, solltest du wissen.«
    »Und ich bin ein verheirateter Mann, also hat alles seine Ordnung.«
    May schlief tief und fest, zufrieden, nachdem sie mit Joe geschlafen hatte, nach der frischen Luft und dem reichhaltigen Essen, und Ellen schlief in ihrem Bettchen auch dann noch weiter, als May von Geräuschen im Gang draußen geweckt wurde. Türen schlugen. Dann wurde an ihre Tür geklopft. Joe stand auf, um zu öffnen, und Mays Angst flackerte auf, als er sich Zeit ließ, wieder zu ihr zu kommen.
    »Was ist los? Sind es Betrunkene?«, rief sie. »Die werde ich mir vorknöpfen, wenn sie das Kind aufwecken!«
    »Na ja … es ging nur um einen leichten Zusammenstoß mit Eis. Wir sollen uns alle anziehen und die Schwimmwesten anlegen … nur für den Fall«, versicherte Joe ihr. »Pack dich warm ein, Schatz. Da oben wird es kühl sein.«
    »Wie spät ist es? Ich habe nichts gespürt, du etwa?«, fragte sie, kam mühsam auf die Beine und merkte, dass der Boden nicht ganz waagerecht war. »Was treiben die für ein Spiel, uns so durcheinanderzubringen?«
    »Zieh dich einfach an und tu, was man dir sagt. Wickel auch Ellen gut ein. Wir wollen doch nicht, dass sie sich jetzt eine Erkältung holt, oder?« Seine Stimme war ruhig, doch May spürte, dass Joe verunsichert war.
    May schnappte alles, was griffbereit war, zog einen Pullover, eine Jacke und einen warmen Rock über das Nachthemd. Mühsam schlüpfte sie in ihre Stiefel, band sich die Haare hoch und setzte ihre Haube auf. Sie hatte nicht vor, ihren besten Strohhut nass werden zu lassen. Bald würden sie wieder hier unten sein.
    »Hast du dein Geld dabei, Joe?«
    »Keine Bange, es steckt alles in meinem Geldbeutel, zusammen mit dem Ticket und Georges Anschrift. Geh hinter mir her und lass mich nicht aus den Augen. Wahrscheinlich ist es nur eine Übung.«
    Sie versuchten, Ellen nicht aufzuwecken, aber die Kleine zappelte und schrie, als sie ihr die Kleider anzogen. Mays Herz pochte. Und wenn es nun doch keine Übung war? Wenn es der Ernstfall war?
    Im Gang herrschte Chaos. Menschen kreischten in fremden Sprachen durcheinander, schoben und drängten sich vorwärts. Das Schiff machte erneut einen Satz nach vorn, und alle schrien auf. Gingen sie nicht in die falsche Richtung? May hatte sich ihren Standort gemerkt und wusste, dass sie die andere Richtung einschlagen mussten, um an Deck zu gelangen. Sie versuchte, gegen die Menge anzukommen, aber vergebens. Sie wurden wie alle anderen vom Strom erfasst und befanden sich plötzlich in einem der Speisesäle, in denen sie nach Rettungswesten überprüft wurden.
    »Was ist los?«, rief Joe einem Stewart zu.
    »Kein Grund zur Sorge … wir sind nur an einem Eisberg entlanggeschrammt und haben etwas Wasser aufgenommen. Der Kapitän möchte, dass die Frauen und Kinder zur Vorsicht an die Rettungsboote oben gehen. Da hat sich eine Schlange gebildet, keine Panik.«
    Das Schiff gab eigenartige, knirschende Geräusche von sich, Lampen flackerten, und ein Schrei ertönte, man solle die Eisentüren öffnen, doch die Stewarts gaben nicht nach.
    »Um Himmels willen, last doch die Frauen und Kinder an Deck!«, schrie ein alter Ire.
    »Erst wenn ich meine Befehle erhalte«, brüllte einer der Stewarts auf der anderen Seite. May sah die blanke Panik auf seinem Gesicht und wusste, dass das Schlimmste eingetreten war.
    »Wir kommen nie von diesem Schiff, Joe, wenn wir auf den warten«, flüsterte sie. »Das weiß ich einfach. So wie ich gewusst habe, dass mit diesem Schiff etwas nicht stimmte, sobald ich es erblickte. Glaubst du mir jetzt? Wir können hier nicht warten … Wenn wir überleben wollen, müssen wir hier weg. Auf der Stelle.«

8
    Die Passagiere der ersten Klasse wurden durch ihre Gänge getrieben und auf dem Promenadendeck versammelt, auf dem Offiziere hin und her schritten und sie zu verschiedenen Sammelplätzen dirigierten. Konnte das wahr sein?, fragte sich Celeste. Sie hatte Mrs Grant nicht gesehen, aber es bestand kein Grund anzunehmen, sie sei nicht

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