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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Fleming
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aus Fuchsfell lag jetzt um die Schultern der jungen Frau. Celeste hatte ihren Geldbeutel in ihrem Mantelfutter festgesteckt, zusammen mit ihren Ringen und den Fotos von Roddy, die sie mitgenommen hatte, um sie ihrem Vater zu zeigen. Wie unnütz Besitztümer jetzt schienen, überlegte sie.
    Sie betrachtete die armselige Prozession aus Rettungsbooten. Warum waren so viele nur zur Hälfte besetzt? Zuvor hatte sie angenommen, weitere Passagiere würden auf der anderen Seite des Schiffes in Boote geladen, die ihrem folgten, jetzt aber wurde ihr klar, wie wenige Überlebende es anscheinend gab. So viele mussten aussichtslos in der Falle gesessen haben, viele aus der dritten Klasse waren sich selbst überlassen worden. Das war nicht richtig.
    Wenigstens hatte ihre Besatzung den Mut gehabt, in der Nähe der sinkenden
Titanic
zu verweilen, und drei Schwimmer herausgezogen, noch vor der armen jungen Frau, deren Pein ihr ans Herz ging. Die junge Mutter war etwa so alt wie sie selbst, schmächtig, mit nordenglischem Akzent. Celeste sah es als ihre Pflicht an, dafür zu sorgen, dass die beiden sicher an Bord des Rettungsschiffes kamen. Außerdem würde sie sich darum kümmern, dass sie für ihre erfrorenen Hände eine gute Behandlung erfuhr. Als Tochter eines Geistlichen kannte sie ihre Verantwortung. Das würde sie von ihren eigenen traurigen Gedanken ablenken.
    Die Beerdigung ihrer Mutter schien nun in weite Ferne gerückt. Wenigstens war sie würdevoll bestattet worden, im Gegensatz zu all den armen, durchfrorenen Seelen, die sich durch das eisige Wasser quälten, bis sie nicht mehr konnten und verzweifelt aufgaben. Hoffentlich stimmte das, was man über das Ertrinken sagte: dass es am Ende wie Einschlafen sei.
    Die Passagiere aus dem Zwischendeck hatte man zu spät heraufgeholt, das war augenscheinlich: für Arm und Reich galten unterschiedliche Maßstäbe. Eine Schande.
    Was bedeuteten ihre mickrigen Probleme jetzt im Vergleich zu den Frauen, die zugesehen hatten, wie ihre Männer ertranken? Sie musste die Zähne zusammenbeißen und nach Akron zurückkehren, um den Geruch der Chemiewerke dort einzuatmen, zurück zu ihrem Liebling Roddy, zurück zu Grover und den Schwierigkeiten ihrer Ehe. Ihre kurze Ruhepause war zu Ende: eine Beisetzung und ein Schiffbruch, was für eine Bilanz.
    Dass sie verschont worden war, musste einen tieferen Sinn haben. Sie musste jegliche Unzufriedenheit und Angst um sich selbst beiseiteschieben. So schockiert sie auch war, sie musste Zeugnis ablegen über das, was sie gesehen hatte, und Antworten verlangen. Was war die Ursache für diese Katastrophe? Wie viele Menschen waren sinnlos gestorben? Wen würde man für dieses Massaker zur Verantwortung ziehen? Zunächst jedoch musste sie diese beiden Überlebenden unter ihre Fittiche nehmen. Das war das Richtige und würde sie von dem sündhaften Gedanken ablenken, der in ihr aufkam.
    Celeste schaute zurück auf die Stelle, an der die
Titanic
versunken war. Wenn ihr Mann sie begleitet hätte, würde er jetzt tief im Meer ruhen. Grover hielt sich gern für einen Gentleman. Wäre er wie die anderen Ehemänner zurückgetreten und hätte seiner Pflicht Genüge getan? Sicher war sie sich nicht. Wie konnte sie nur in diesem Augenblick so etwas Schreckliches denken? Aber der Gedanke war da und ließ sich nicht vertreiben.
    »Es ist die
Carpathia
! Sie kommen uns zu retten.« Schwacher Jubel kam auf, als das große Linienschiff zu ihrer Rettung näherstampfte. Bald wären sie in Sicherheit. Celeste drehte sich zu ihrer Begleiterin um und fragte sich, wie um alles in der Welt man die Kinder und die Verwundeten über die Strickleitern an Bord bringen würde. Natürlich würde sie so lange bei ihren beiden Schutzbefohlenen bleiben.

17
    May saß neben anderen Witwen an der Reling der
Carpathia,
schaute über die weite, silberne Wasserfläche und betete, noch mehr Boote mögen kommen. Man hatte sie wie Frachtgut in Netzen an Bord gehievt. May war zu schwach und zu unterkühlt gewesen, um an den Strickleitern hinaufzuklettern. Einige waren in Schals und Nachtkleidung starr vor Kälte, andere trugen Pelze und umklammerten schmutzige, verwirrte, in Decken gewickelte Kinder. In ihrem Leid waren hier alle gleich.
    Ein unheimliches Schweigen lastete über allem, nur durchbrochen von den Stimmen Überlebender, die von Deck zu Deck humpelten und nach Neuigkeiten über ihre Angehörigen fragten. »Haben Sie … gesehen? In welchem Rettungsboot waren Sie? Haben Sie meinen

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