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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Fleming
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herausgeschrien hatten, war ihr deutlich geworden, wie wenig man sie vermisst hatte. Das Leben in Akron lief auch ohne sie reibungslos weiter. Selbst Roddy sah zuweilen mehr von seinem Kindermädchen Susan als von seiner Mutter. Das alles musste anders werden. Nur der arme Jack hatte in seinem Regenmantel gewartet, als wäre sie bloß ein Geschäftskunde, der die Diamond Rubber Company besuchte. Am liebsten hätte sie ihn angeschrien, aber den Boten erschoss man nicht. Was dachte sie sich nur? Woher rührte dieser grimmige Zorn?
    Die Sitzungen mit Margaret Brown und ihren Freundinnen hatten sie mit Pflichteifer erfüllt. Sie musste ihren Feldzug fortsetzen, komme, was wolle, und außerdem galt es, den
Carpathia
-Empfang vorzubereiten. Zwei Abende zuvor hatte sie Grover telefonisch von ihren veränderten Plänen in Kenntnis gesetzt. Er teilte ihr mit, eine Abendgesellschaft zu ihrer Begrüßung müsse nun verschoben werden. Ihm war anzumerken, dass er über diese Verzögerung alles andere als erfreut war. Ein Wagen für sie würde am Bahnhof warten.
    Celeste musste wieder an May denken, die sich auf hoher See befand, und hoffte, ihre Rückreise würde problemlos verlaufen. Wie tapfer von ihr, sich einem anderen Schiff anzuvertrauen. Wie sie das Leben in den englischen Midlands wohl finden würde? Ob sie sich dort einleben würde? Celeste schüttelte den Kopf, um auf klare Gedanken zu kommen. Sie musste sich auf ihre Pflichten konzentrieren. Allein der Gedanke an Roddys Begrüßung erwärmte ihr Herz.
    Als sie in die Auffahrt zum großen Haus außerhalb von Portage Hill einbogen, dessen efeuüberwucherte Türme ihm eher den Anschein einer Burg als den eines Hauses verliehen, fragte sie sich, welcher Empfang ihr wohl zuteilwürde. Sie schaute auf und sah Grover an einem Fenster im oberen Stockwerk auf sie hinabstarren. Ein Schauer überlief sie.
    Das Dienstmädchen stand an der Tür. »Willkommen zu Hause, Mrs Parkes. Wir sind so froh, dass Ihnen nichts passiert ist.«
    »Danke, Minnie.« Celeste lächelte. »Wo ist Master Roddy?«
    »Draußen mit seinem Kindermädchen. Wir wussten nicht, wann der Zug eintreffen würde. Der gnädige Herr hat Susan aufgetragen, Roderick mit hinaus in die Sonne zu nehmen. Ich bin mir sicher, dass sie nicht lange wegbleiben.«
    Celeste war bitter enttäuscht.
    »Der gnädige Herr ist im Arbeitszimmer. Er wird Sie dort in Empfang nehmen, wenn Sie so weit sind.«
    Bei diesem Befehl sank Celeste der Mut. Sie war in Ungnade gefallen. Alles hatte seinen Preis, und ihren Aufenthalt in New York würde Grover als Trotzhandlung erster Ordnung betrachten. Mit bleiernen Füßen ging sie die breite Treppe zu seinem Arbeitszimmer hinauf, wie ein Schulkind zum Direktor. Ihr neu entdeckter Mut verließ sie rasch.
    »Endlich. Mach die Tür zu.« Grover schritt vom Fenster quer durch den Raum. Der Ausdruck in seinem Gesicht verhieß nichts Gutes.
    »Wie kannst du es wagen, so spät zu kommen? Ich habe Bryden den strikten Befehl erteilt, dich direkt nach Hause zu bringen, und du widersetzt dich mir«, rief er, wobei sein Gesicht rot anlief.
    »Ich weiß, es tut mir leid, aber da waren Menschen, denen ich helfen musste, Überlebende. Es war schrecklich, Grover. Man konnte seinen Augen nicht trauen. Ich konnte sie nicht im Stich lassen.«
    »Ich will deine Ausreden nicht hören.« Er entließ sie mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Du warst imstande, deine Familie wochenlang im Stich zu lassen.
Das
hat dich nicht gestört.«
    »Meine Mutter ist gestorben. Ich musste hin.«
    »Mit der Rückkehr hast du dir Zeit gelassen. Geh und zieh dich um. Wir müssen bald aufbrechen.«
    »Zuerst möchte ich Roddy sehen. Er hat mir so gefehlt.«
    »Er ist mit Susan draußen. Sie ist eher eine Mutter für ihn als du. Er wird es kaum bemerken, dass du wieder da bist.«
    »Wie kannst du das sagen? Ich wollte ihn mit nach England nehmen, aber du hast es nicht erlaubt. Meine Mutter hat ihn nie zu Gesicht bekommen. Jetzt ist es zu spät.« Sie stand kurz davor, in Tränen auszubrechen. Sie setzte sich mit Argumenten zur Wehr und wusste, das war unklug, wenn Grover in dieser Laune war.
    »Tu, was ich gesagt habe, und zieh diese tristen Sachen aus. Du siehst aus wie eine gewöhnliche Arbeiterin.«
    »Ich trage Trauer.«
    »Hier nicht, nein. Schwarz steht dir nicht.«
    »Es passt zu meiner Stimmung, nach allem, was ich gesehen und durchgemacht habe«, fuhr sie ihn an.
    Der Schlag an ihre Schulter warf sie seitlich gegen den

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