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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Fleming
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und ein Kissen für die Liege suchen. Heute Abend wäre sie in Sicherheit, und wenn Grover sich beklagte, würde sie erklären, er sei so müde gewesen, dass sie es für besser gehalten habe, wenn er auf dem Sofa schlafe.
    Harriet Parkes hatte nach dem Essen etwas gesagt, was sie nachdenklich gemacht hatte. »Du solltest alles aufschreiben, meine Liebe, bevor du die Einzelheiten vergisst.« Warum sollte sie Stillschweigen darüber bewahren, was auf der
Titanic
passiert war? Warum sollte sie ihre Geschichte nicht erzählen, Spenden sammeln für die bedürftigen
Titanic
-Einwanderer aus Cornwall, die dem Vernehmen nach in Akron eingetroffen waren? Die Zeitungen waren voll mit der Geschichte von Margaret Brown, der Salonlöwin, die eigenhändig ein Rettungsboot gerudert hatte. Sie war jetzt ihre Freundin, und Celeste war fest entschlossen, an jeder Sitzung des Komitees der Überlebenden der
Titanic
teilzunehmen.
    Sie dachte an May und Ella auf hoher See. Ob ihr Plan für sie in Erfüllung gehen würde? Was hätte die junge Frau aus Lancashire mit all dem Glitter und der Falschheit des protzigen Schauspiels an diesem Abend angefangen? Celeste hatte nicht vor zu schweigen. Es musste Möglichkeiten geben, eine Debatte anzuregen. So schrecklich das Ereignis auch war, man hätte es verhindern können, dessen war sie sich sicher.
    Zu Hause im Kinderzimmer zündete sie eine Kerze an, fand einen Schreibblock und einen Bleistift und begann, alle Einzelheiten jener Nacht aufzuschreiben: Unterhaltungen, einzelne Szenen – das alles ergoss sich auf das Papier. Sie spürte eine Woge von Energie und Entschlossenheit, während sie ihren Bericht über die verhängnisvolle Nacht verfasste, nicht nur für Roddy, damit er ihn später einmal lesen konnte, sondern als ein Stück Zeitgeschichte, das überdauern würde. Etwas in ihr veränderte sich, als ihr klarwurde, dass sie nicht mehr Grovers Fußmatte war, auf der man herumtrampeln konnte, sondern eine Frau, die eine grausame Katastrophe überlebt hatte und sich nie wieder unterkriegen lassen würde. Zum ersten Mal seit Tagen schlief sie tief und fest.

32
    Angelo war in einer Bar zusammengesunken, nachdem er ein Glas Bourbon nach dem anderen gekippt hatte. Er konnte gar nicht genug trinken, um den inneren Schmerz zu betäuben. Wozu sollte er nach Hause gehen? Die kleine Wohnung war noch so, wie er sie an jenem Aprilmorgen vor Wochen verlassen hatte, und setzte Staub an, aber dort konnte er sich fallenlassen, wenn er in den frühen Morgenstunden zurücktorkelte, ein Platz, an dem er seinen Kater ausschlafen und sich vor Tante Anna verkriechen konnte, die ihn angiftete, er solle die Wohnung säubern.
    »Wozu?«, schrie er zurück. »Wer außer mir sieht denn mein Durcheinander?«
    »Du wirst noch Ratten anlocken, wenn du überall Essen herumliegen lässt. Sieh dich doch an, du hast dich seit Tagen nicht rasiert, hast nicht gearbeitet. Wovon willst du die Miete bezahlen? Die können keinen Mann weiter beschäftigen, der nie auftaucht. Maria würde sich für dich schämen.«
    »Wage es nicht, ihren Namen auszusprechen! Du hast sie nicht einmal kennengelernt.«
    »Salvi sagt, sie war schön und stolz. Du verdirbst ihr Andenken mit all dem hier …« Verzweifelt wedelte sie mit den Händen und hob seine schmutzigen Hemden auf, während sie durch das Zimmer fegte.
    »Geh, ich kann meine Wäsche selbst erledigen.«
    »Pah! Du willst, dass die Leute die Bartolinis für Dreckschweine halten? Der Familienname muss in Ehren gehalten werden. Wir haben ein Geschäft zu führen. Trinken ist keine Lösung.«
    »Ich tue, was ich will«, fuhr er sie an.
    »Wir machen uns Sorgen um dich. Du gehörst zur Familie. Wir können dich nicht in die Gosse sinken lassen.«
    »Warum bin ich überhaupt in dieses schreckliche Land gekommen? Es hat mir alles genommen, was ich hatte, alles, was ich geliebt habe. Hier gibt es nichts mehr für mich.«
    »Dann zieh den Schwanz ein und fahr zurück nach Italien, erzähl ihnen deine traurige Geschichte. Fang auf dem Hof von vorn an. Irgendetwas. Aber vergeude dein Leben nicht.«
    »Lass mich in Ruhe.«
    Anna ging, und ihr Vorschlag schwirrte ihm durch den Kopf. Zurück ins Dorf gehen, zu seinem Bruder, seiner alten Mutter und Marias Eltern. Aber wie sollte er ihnen gegenübertreten?
    Er hatte sich zu Rizzis Bar geschleppt und so lange getrunken, bis keine Münzen mehr in seiner Tasche waren. In die Heimat zurückzukehren, war keine Schande, doch irgendetwas hielt ihn

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