Schiff der tausend Träume
hab ich falsch gemacht?«
»Ach, Angelo. Alles.« Seufzend blieb sie stehen. »Ich laufe mir seit sechs Monaten die Füße mit dir wund, und du sagst kein Wort von Heirat oder Romantik, und jetzt willst du mich Fremden vorführen, ohne alle Vorwarnung. Noch nicht mal umziehen kann ich mich. Weißt du, wir sind hier nicht in Italien oder Dublin. Das hier ist New York, und wir haben
beide
ein Wort mitzureden, wenn es um Heirat geht. Wenn ich es nur einmal tun darf, dann will ich es richtig machen. Wenn du mich heiraten willst, sollst du ordentlich um mich werben. Du wirst mich überzeugen müssen, den Rest meines Lebens mit dir zu verbringen.« Sie kam jetzt wieder auf ihn zu.
»Und was machen wir jetzt?«
»Das überlegen wir uns dann. In Amerika können wir alles anders machen, wenn wir wollen.«
»Aber ich habe Anna versprochen, dich mitzubringen. Sie ist zwar in Amerika, aber es ist auch noch Italien. Sie hat Maria nie kennengelernt. Bitte, komm mit.«
»Wir schauen später bei ihr vorbei. Es ist noch früh. Komm, Angelo, führ mich an einen besonderen Ort, um unsere Verlobung richtig bedeutsam zu machen.« Sie lächelte.
»Wir könnten zum Battery Park gehen?«, schlug er vor. Wie sollte er nur die richtigen Worte finden?
»Bei dem Wetter? Ich dachte immer, Italiener seien romantisch?«
»Ich habe nicht viel Geld, ich muss meine Miete bezahlen.« Wie sollte er ihr erklären, dass er seinen Lohn bis auf den letzten Dollar dafür ausgab, seine alten Schulden zu begleichen?
»Das ist noch eine Regel. Wir teilen uns die Rechnung halbe-halbe. Ich habe meinen Lohn bekommen. Komm, wir suchen uns einen Würstchenstand und hauen auf den Putz.«
Angelo war schockiert. »Aber es ist Freitag, nur Fisch.«
»Das kannst du vergessen. Wir sind zwar gute Katholiken, aber so heilig sind wir nicht. Schließlich ist es nicht alltäglich, dass ein Mädchen sich verlobt.« Wenn Kathleen lachte, wurde die Straße heller. »Komm schon, Romeo, verwöhn dein Mädchen mal ein bisschen.«
Sein Herz tat einen Sprung. Kathleen würde nie so sein wie Maria. Sie war eine feurige Irin mit wilden Augen und Haaren. Aber sie würde gut zu ihm passen, und sie hatte recht. Die Zeit war reif für einen Neubeginn. Sie waren jetzt in Amerika.
42
März 1914
»Ich gehe nicht wieder in diese Kirche.« May spie Feuer und Galle, als sie das Geschirr ins Spülbecken donnerte. »Haben Sie gesehen, was der Pastor im
Lichfield Mercury
über die Statue von Kapitän Smith geschrieben hat, die im Museumsgarten enthüllt werden soll? Er schreibt, die Offiziere hätten die Warnung erhalten, dass Eisberge vor ihnen seien, und dennoch sei die Geschwindigkeit des Schiffes nicht gedrosselt worden.« Sie hielt inne. »Stimmt das? So war es nicht, dessen bin ich mir sicher. Mr Fuller sagt, wir sollten diesen Kapitän nicht höher in Ehren halten als andere. Das verstehe ich nicht. Wir haben
alle
zu seinem Denkmal beigetragen. Er hat seine Pflicht getan und mein Kind gerettet.«
»Dann schreiben Sie an die Zeitung und sagen Sie es ihnen, Mrs Smith. Das wird sie zum Schweigen bringen. Sie können seine mutige Tat bezeugen«, erwiderte Kanonikus Forester.
»Oh, das kann ich nicht, ich habe noch nie einen Brief an eine Zeitung geschrieben, ich nicht …« Sie zögerte. »Ella sollte schreiben, nicht ich.«
»Dann schreiben Sie in ihrem Namen. Erzählen Sie ihre Geschichte. Celeste hat darüber geschrieben, was er in jener Nacht getan hat, aber sie war sich nicht sicher, ob wirklich Kapitän Smith dort im Wasser war.«
»Würden Sie in unserem Namen schreiben?«, fragte sie, doch der Kanonikus schüttelte den Kopf.
»Ich glaube nicht, dass ich mich an diesem Streit beteiligen sollte. Die Meinungen gehen stark auseinander über das, was wirklich passiert ist. Manche behaupten, der Kapitän habe fahrlässig und unbedacht gehandelt.«
»Niemals!« May legte die Spülbürste ab, erhitzt und fassungslos. »Er schwamm an die Seite des Bootes und hat mir das Kind aus dem Meer gereicht. Man hat ihm einen Platz im Boot angeboten, aber er hat abgelehnt … Celeste hat es mir erzählt … Ich habe ihn nicht richtig gesehen, aber einer von der Besatzung.«
»Das alles ist Hörensagen, meine Liebe, aber Sie müssen zu seinen Gunsten schreiben, wenn Ihnen so sehr daran gelegen ist.« Seine Worte machten ihr Mut. Sie mochte diesen netten alten Mann; er vermittelte ihr nie das Gefühl, unbedeutend oder dumm zu sein.
»Das werde ich, aber Sie müssen die
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